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Konsum

Milchlos glücklich

In dem kleinen Supermarkt in Bolivien ist die Auswahl gering und manchmal gibt es nicht einmal Nudeln. Schlimm ist das nicht. Im Gegenteil.

"Simplicity we use to survive", singt Sizzla .

Rurrenabaque ist ein Kaff in Bolivien, 450 Kilometer von der größten Stadt La Paz (für die, die es genau nehmen: wenn man El Alto dazu zählt)  entfernt, 450 Kilometer entsprechen in diesem Fall 18 Stunden mit dem Bus. Auf diesen unbefestigten Straßen gelangen die meisten Industriewaren ins Dorf.

Touristen fliegen eher und da Rurrenabaque eine Art Basislager für Dschungeltouren ist, kommen nicht wenige hierher. Entsprechend gibt es Restaurants mit internationaler Küche, Internetcafes, ein Schwimmbad, Wäschereien und ähnliche Annehmlichkeiten.

Im Supermarkt, der sich seiner Größe bewusst, Mini Mercado nennt, gibt es mal dies und mal das. Mal keine Milch, dann wieder keinen Käse, tagelang keinen Kaffee und nur drei Sorten Nudeln, von denen keine Spaghetti ist, Trinkjoghurt in zwei Geschmacksrichtungen, manchmal nur eine oder auch mal keinen Trinkjoghurt. Und wenn man Pech hat, sind auch die Nudeln gerade alle ausverkauft.

Vor dem Supermarkt stehen vier kleine Einkaufswagen, wenn man die vollpacken würde, hätte man wahrscheinlich das Angebot in den sechs Regalreihen um ein Fünftel reduziert.

Neben der Tür gibt es kleine Papierschilder, auf denen steht, welche Waren aus der kleinen Kühltheke gerade vorrätig sind. Wenn gerade eine Lieferung kam, sind da viele Zettel, im Laufe der nächsten Tage werden es immer weniger.

Auch auf dem Wochenmarkt macht es keinen Sinn, sich vorher zu überlegen, was man kochen möchte, vielleicht hat man Lust auf Auberginen, aber es gibt diesen Sonntag nur Möhren in Hülle und Fülle.

Man muss mit dem leben, was da ist und ich empfinde es als eine große Erleichterung. Als ich in Deutschland im Elektroladen stand und Akkus für die Reise kaufen wollte, hat der Verkäufer mir einen Vortrag über die verschiedenen Batterien gehalten. Solche, die in einer halben Stunde aufgeladen sind, ihre Ladung trotz ein Jahr herumliegen nicht verlieren, soundsoviel Ampere bieten, Testberichte in Fachzeitungen und was nicht noch alles. Am Ende war ich ganz verwirrt und habe irgend etwas gekauft.

Auswahl hat nichts mit Freiheit zu tun, sie erschlägt mich einfach nur und bringt mich dazu mich mit völlig unwichtigen Sachen soweit zu verzetteln, dass ich nicht mehr weiß, was wichtig ist und was nicht.

Wenn keine Milch da ist, ist eben keine Milch da. Man wird nicht unglücklich davon. Es stört mich nicht mal. Auch auf Dauer nicht, davon bin ich überzeugt. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass ein Grund für den Zusammenbruch des Ostblocks die mangelnde Auswahl war.

Und das ist das Arge an der Sache, dass all dieser Kram mit dem sie Läden füllen,  einen nicht glücklich macht, weiß man erst, wenn man ihn gehabt hat. Aber so ist wohl immer mit dem Glück, es nicht woanders oder wannanders, es ist immer schon hier, aber man sieht es nicht, weil man es in der Ferne sucht. Oder eben in den Regalen der Läden.

Weiterlesen im 2. Teil »


 
 



 

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