Frischluft
Du, die Scheibe ist raus
In Deutschland zahlt man fürs Heizen, in anderen Ländern ist es so warm, das man nicht einmal ordentliche Fenster braucht. Das wirft Fragen auf.
Die Kolumne von Selim Özdogan
Als ich vor einigen Jahren auf Jamaika war, wollte ein Jamaikaner von mir wissen, ob ich aus Deutschland käme. Ich bejahte. Das sei doch in der Nähe von England. Ich bejahte wiederum, zögerlich. Worauf wollte er hinaus?
Ob ich ihm denn sagen könne, ob es wahr sei, was man sich so erzählte. Er habe gehört, in England müssten die Leute Geld bezahlen, um ihre Häuser zu heizen. Ich bestätigte das Gerücht und fragte mich, ob ich irgend etwas völlig falsch anging im Leben.
Meine Cousine erzählt eine Geschichte aus den ersten Tagen ihrer Lehrerlaufbahn, als sie nervös und angespannt in der Hitze
Adanas
vor einem Haufen Grundschüler stand und das Fenster öffnete, um sich ein wenig Erleichterung zu verschaffen, was einen Lachanfall der Schüler zur Folge hatte, der sie nur noch unsicherer machte. Was denn los sei, wollte sie wissen. Und ein Schüler machte sie darauf aufmerksam, dass keine Scheiben in den Fenster seien.
Die wurden dann aber bald eingesetzt.
In
Rurrenabaque
, Bolivien, wo ich gerade wohne, gibt es keine Glasfenster, im ganzen Dorf nicht. Möglicherweise haben die Fensteröffnungen Moskitonetze und auch Gitter als Schutz vor Einbrechern, aber eben kein Glas. Luft und Temperatur sind drinnen wie draußen dieselbe, Geräusche dringen ungehindert in beide Richtungen und wenn es nachts ausnahmsweise mal knapp unter 20 Grad sein sollte, kommt es einem vor, als sei es ungewöhnlich kühl.
Und mir fällt ein, wie mich mal ein Amerikaner gefragt hat, ob es in Deutschland Kühlschränke gibt. Und Fenster in den Häusern. Den würde ich gerne mal wiedertreffen und von hier erzählen. Fenster ja, Scheiben nein.
Auch wichtig:
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Passen die Schuhe, vergisst man die Füße
- Die Kolumne von Selim Özdogan
Nach Hause
- Zuender. Das Netzmagazin