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Kolumne

Die sind nicht alle so (II)

In welchem Beruf kann man es als ehrloser Dilettant mit bescheidenen Geistesgaben und ohne das geringste Schamgefühl weit bringen? Ratet mal

Ein Kollege war zum Essen hier. Es gibt nicht viele Schreiber, mit denen ich mich gut verstehe und unter diesen wenigen ist Ilija der einzige, der ein Buch auf dem Markt hat, das sich mehr als nur gut verkauft. Zum einen hoffe ich insgeheim, dass seine Anwesenheit sich auch auf den Verkauft meine Bücher auswirkt, zum anderen brauche ich hin und wieder jemand, mit dem ich angeben kann, vor allem aber braucht man regelmäßig Menschen zum ablästern. Zum gemeinsamen mokieren über beklagenswerte Umstände. Zum stänkern gegen andere. Wie auch immer.

Es scheint bei den Journalisten, mit denen wir zu tun haben, keinerlei Anspruch zu geben, wenn sie ein Interview haben wollen. Dass sie das Buch nicht gelesen habe, verzeihe ich ihnen gerne. So ein Buch zu lesen kostet viel Zeit. Dass sie aber außer dem Namen des Schreibers nichts wissen, ist nicht nachvollziehbar, zumal in Zeiten, in denen Suchmaschinen alle oberflächlichen Fakten in Sekundenschnelle ausspucken. Und so kommt es dann zu Fragen wie: Oh, Sie hatte ich mir viel jünger vorgestellt, darf ich fragen, wie alt Sie sind? Charmanter Einstieg.

Wo sind sie geboren? Das wirst du immer gefragt, wenn du keine blutsdeutschen Vorfahren nachweisen kannst.

Ist das ihr erstes Buch? Man sitzt drei Meter vom Büchertisch entfernt, auf dem sieben Titel liegen, Cover in verschiedenen Farben, für die Leute, die des Lesens nicht mächtig sind.

Sind Sie das erste Mal in Lupfendorf-Schneckenhausen? Nein, ich verbringe alle meine Urlaube in dieser Metropole.

Ist das auch ein bisschen autobiografisch? Bei einem Buch, das zu einer Zeit spielt, in der der Schreiber noch nicht geboren war.

Wie sind sie auf die Idee gekommen diesen Roman zu schreiben? Welches ist ihre bevorzugte Tageszeit zum Arbeiten?

Es ist ihnen kein bisschen peinlich, dass sie nichts wissen und sich mit solchen Fragen durchs Interview hangeln. Ich fände es ja nicht schlimm, wenn sie zu Beginn so etwas sagten wie: Es tut mir fürchterlich Leid, aber ich bin überhaupt nicht dazu gekommen, mich vorzubereiten. Sehen Sie es mir nach.

Wäre ein guter Einstieg. Aber stattdessen tun sie so, als sei es das normalste auf der Welt nicht informiert zu sein und sie tun auch noch so, als müsste man ihnen dankbar sein, denn am Ende steht man ja in der Zeitung.

Drauf geschissen.

Die sind nicht alle so. Ich weiß. Mir fallen aber kaum noch andere Berufe ein, wo man es als ehrloser Dilettant mit bescheidenen Geistesgaben und ohne das geringste Schamgefühl weit bringen kann.

Schriftsteller vielleicht noch.

Auch schön:

Die sind nicht alle so – Selim hat eine Lieblingslehrerin. Weil sie anders ist

Alle Texte von Selim Özdogan – Passen die Schuhe, vergisst man die Füße

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