Kolumne
Schon seltsam
Sind Engländer Bingedrinker und die Deutschen Kampfsäufer? Und wenn? Passen die Schuhe, vergisst man die Füße
Von Selim Özdogan
Mein Cousin, der mehrere Jahre in London gelebt hat, sagt immer: Die Engländer sind ja ein Volk, dessen Verständnis von Spaß es ist, sich bis zum Verlust der Muttersprache zu betrinken, undefinierbare Laute zu grölen und zu versuchen, sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen. Ein Abend ist erst dann gelungen, wenn man bewusstlos unter dem Tisch liegt oder zumindest einen Filmriss hat. Damit geben die dann am nächsten Tag auch noch an, das ist ihr Gradmesser für Amusement. Die haben sogar ein Wort dafür, bingedrinking nennen die das.
Mein Cousin kann kein deutsch und weiß nicht, dass es in dieser Sprache für bingedrinking die Entsprechung des Kampftrinkens gibt. Aber dann wiederum kann man binge noch am ehesten mit Exzess, Gelage, Orgie übersetzen, da schwingt noch mehr Spaßverständnis mit als in kämpfen, insofern hat er recht.
"Und es ist mir überhaupt nicht begreiflich", so mein Cousin weiter, "wie so ein Volk mal eine alleinige Weltmacht sein konnte, mächtiger als es das römische Reich je war. Das muss man sich mal vorstellen, das ist kaum 200 Jahre her. Ich verstehe es einfach nicht."
Ich eigentlich auch nicht.
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