Kavka
Markus Kavkas elektrische Zahnbürste
Markus Kavka putzt sich und denkt nach. Heute: Über den richtigen zeremoniellen Rahmen um LSD einzunehmen
Neulich wurde Albert Hofmann, der Entdecker von LSD, 100 Jahre alt. Daran musste ich spontan denken, als ich erfuhr, was André Heller für die ursprünglich am 7. Juni 2006 im Berliner Olympiastadion geplante WM-Eröffnungsgala im Detail so vorgesehen hatte. Und das hätte nicht nur Mr. Lysergsäurediäthylamid das Wasser in die Augen getrieben.
Das Spielfeld sollte in einen riesigen, mit allen nur erdenklichen Bildern, Farben und Mustern bespielbaren LED-Screen verwandelt werden, der zugleich als Bühne für die 13.000 Akteure gedient hätte. Filmszenen sollten auf das Spielfeld wie auch - von unten - auf das Innendach des Stadions projiziert werden. Eine weitere Bühne war am Marathontor vorgesehen. Sie sollte wie eine Zunge bis aufs Spielfeld hinunterführen.
Eröffnet hätte die Gala die Sopranistin Jessye Norman mit "Dich, teure Halle, grüß ich wieder" aus dem "Tannhäuser". In einem speziellen Kostüm auf einer Hebebühne stehend, hätte sie sich dabei in eine Riesin von 16 Metern Höhe verwandelt. Anschließend war eine Parade von Figuren aus der deutschen Geschichte vorgesehen - der Größe des Stadions wegen jeweils in 30-facher Ausführung: Marlene Dietrich, Heino und der Struwwelpeter, der verpackte Reichstag und Ludwig II. mit Richard Wagner an der Hand. Das sollte sich fortsetzen mit Projektionen des zerstörten Berlin und dem Aufmarsch einer Roboterarmee, deren Monitorköpfe Chaplin im "Großen Diktator" gezeigt hätten. Skulpturen und Tinguely-artige Maschinen wären durch das Stadion paradiert. Eingespielt werden sollten unter anderem ein von Therese Giese rezitiertes Brecht-Gedicht und ein Song von Marlene Dietrich.
"Der Rasen, der immer nur getreten wird, schlägt zurück" - so beschreibt Heller das dann folgende surrealistische Fußballspiel zwischen "Grasmenschen" und "auf Maschinen montierten" Fußballspielern mit vier Beinen. Durch den LED-Bildschirm hätten sich außerdem die Linien auf dem Spielfeld wie in einem Traum gebogen. Dem surrealen sollte der historische Fußball folgen. Sämtliche noch lebende Weltmeister sollten einlaufen, während der Bildschirm im Boden Fernsehaufzeichnungen der wichtigsten Spielmomente gezeigt hätte - teilweise elektronisch verfremdet.
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