//Zitate-Blog//

Zitat des Tages

Es wird viel gesagt, wenn der Tag lang ist. Und es gibt viele lange Tage »

 

//Kochblog//

Rezeptor

Unser Topf soll schöner werden? Das Zuender-Kochblog hilft »

 

//Spielen//

Wir wollen Spaß

Kommt ins Bälleparadies – alle Spiele vom Zuender gibt es hier »

 

//Newsletter//

Post von Zuenders

Was gibt es neues aus der Redaktion? Unser Newsletter informiert Dich an jedem ersten Donnerstag im Monat. Hier anmelden »

 
////

Kavka

Totalschaden

Markus Kavka fährt Auto und denkt nach. Da passiert es: Ein Augenblick, ein Wimpernschlag, ein Glück


Zweifelsohne gehören die letzten vier Wochen zu den glücklichsten in meinem Leben. Ich hab die WM in vollen Zügen genossen, hab alle Spiele gesehen, davon sogar auch ein paar im Stadion, war Teil der großen Party. Vor ein paar Tagen wurde mir allerdings schlagartig klar, wie schnell alles vorbei sein kann.

Ich war letzten Freitag zu Gast bei der NDR-Talkshow "Herman&Tietjen". Die Sendung wird live aus einem Studio in Hannover ausgestrahlt, und so machte ich mich am frühen Abend auf den Weg dorthin. Da meine private Karre nicht langstreckentauglich ist, gab´s einen schnittigen Mietwagen. Vor Ort war´s angenehm, ich freute mich auf die anderen Gäste wie Bully Herbig, Cleo Kretschmer und vor allem Sepp Maier, von dem ich mir nachher noch ein Autogramm holte.

So gegen ein Uhr ging´s dann zurück nach Berlin. Ich fühlte mich fit, die zweieinhalb Stunden Fahrt sollten kein Problem sein, zumal ich nachts eh am liebsten fahre. Die Autobahn war allerdings ziemlich voll, Ferienbeginn, LKWs, an allzu zügiges Vorankommen war also nicht zu denken. Ich war etwa eine Stunde unterwegs, als vor mir ein Lastwagen von der rechten auf die mittlere Spur wechselte. Ich überholte auf der linken Spur und fuhr mit ca. 130 km/h etwa 100 Meter hinter einem anderen PKW.

Plötzlich ein lauter Schlag. Meine Karre brach nach rechts aus, die Motorhaube stand senkrecht nach oben, aus dem Motorraum kam Rauch. Nanu? Ich bekam das schlingernde Gefährt wieder in den Griff, konnte allerdings nichts erkennen, weil die Motorhaube immer noch wie ein Brett vorm Kopf die Sicht versperrte, nur am unteren Rand der Windschutzscheibe war ein zweifingerschmaler Spalt zum Durchlugen geblieben. Ich war nun wieder auf der mittleren Spur, der Tacho zeigte 100 km/h an, an stärkeres Bremsen war wegen des dichten Verkehrs nicht zu denken, ich musste also irgendwie auf die Standspur rüberkommen.

Rechts zogen die LKWs nahezu lückenlos an mir vorbei, es schien auch keine Sau ein rauchendes Auto mit hochstehender Motorhaube und Warnblinkleuchten zu bemerken. Aber half alles nichts, der Blindflug nach vorne konnte nicht mehr lange gut gehen, ich musste irgendwie zwischen den Lastern durch, und die sah ich ja immerhin im Rückspiegel. Nach gefühlten zehn Kilometern und tatsächlichen 500 Metern kam ich schließlich unverletzt auf der Standspur zum Halt.

Natürlich war ich jetzt gespannt wie ein Flitzebogen, welcher Anblick sich mir hinter der Motorhaube bieten sollte.

Wow.

Die rechte Frontpartie sah aus, als hätte sich jemand einen Spaß mit einem Granatwerfer erlaubt. Der vordere Teil der Motorhaube samt Kühlergrill war komplett weggefetzt, ein paar Blechstreifen und Metallteile ragten komisch verdreht in alle Richtungen, ganz so, als hätte Hulk damit Fingerübungen gemacht. Der Wasserkühler, aus dem offenbar der Rauch kam, war etwa 30 Zentimeter in den Motorraum hineingedrückt worden, Teile des Rotors und anderer Kram steckten im Motorblock.

Was zum Henker war es, das da auf mich zugeflogen kam? Ich hab nichts gesehen. Es muss was Schweres gewesen sein, jedenfalls kein abgefallenes Deutschlandfähnchen. Vielleicht ein größerer Stein, ein Auspufftopf, eine Metallplatte, irgendwas, das vor mir hochgewirbelt wurde und in Kniehöhe einschlug. Oder warf jemand was von einer Brücke? Konnte mich aber nicht erinnern, in dem Moment unter einer durchgefahren zu sein. Auch auf der Fahrbahn war kein Gegenstand zu entdecken. Allerdings stand 100 Meter vor mir ein weiteres Auto auf der Standspur, mit, wie sich rausstellen sollte, zwei platten Reifen auf der rechten Seite. Der Fahrer hörte es nur zweimal knallen und schlingerte anschließend ebenfalls nach rechts. Komisch.

Ich rief die Polizei. Dem Beamten entfuhr zwar ein "Ach du Scheiße, das sieht ja verheerend aus!", allerdings machten er und sein Kollege keine Anstalten, weiter nach dem Grund für die Verwüstung zu forschen bzw. die Fahrbahn abzusuchen. Schaden aufgenommen, Abschleppdienst gerufen, tschüs.

"Is´n Totalschaden, is´klar, ne?!", meinte der Fahrer des Abschleppwagens. "Isn´ Leihwagen, Vollkasko", entgegnete ich. Mit beiden Autos Huckepack ging es dann zu einem Autohaus, das mir glücklicherweise einen Ersatzwagen zur Verfügung stellen konnte. Inzwischen war es fast vier Uhr morgens, ich war immer noch fit, Adrenalin sei Dank.

Nach eher vorsichtiger Fahrt war ich schließlich um 6 Uhr zurück in Berlin, immer noch bester Dinge. Dann setzte ich mich aufs Sofa, trank einen Grappa und fing an zu zittern. Da war er nochmal, der kleine Colt-Seavers-Film, den ich bei der ersten Ausstrahlung gar nicht so wirklich mitbekam.

Schwitz. Der erste Autounfall in meinem Leben. Aber ging ja noch mal gut. Das Objekt hätte auch auf der Fahrerseite die Windschutzscheibe durchschlagen können, ich hätte im Blindflug ein anderes Auto rammen können oder meinerseits von einem LKW auf die Hörner genommen werden können. Meine Mama würde sagen, ich hatte einen Schutzengel. Wohl war, aber ich hatte auch ein Ticket fürs Endspiel zwei Tage später. Ich sag doch: die glücklichsten vier Wochen in meinem Leben.

Heute kam der Unfallfragebogen der Mietwagenfirma. Unter "Unfallursache" war ich fast versucht, "Aliens" reinzuschreiben.


 
 



 

//  Startseite //  // Politik // Kultur // Leben // Schwerpunkte // Bildergalerien //  // Adam Green // Redaktionsblog // Rezeptor // Markus Kavka // Selim Oezdogan // Sonntagstexte //  // Zitat des Tages // Spiele //  //
//  IMPRESSUM //

 

ZUM SEITENANFANG