Nicht-Glauben
Frohen Atheismus
Weihnachten ist ein Familienfest mit Musik, Geschenken und Festessen. Das funktioniert auch ohne Gott.
Von Katharina Litschauer
Einmal fragte mich eine Freundin in der Grundschule, warum ich Weihnachten feiere, obwohl ich keine Christin bin. Diese Frage erschien mir vollkommen absurd. Weihnachten war ein Familienfest mit Musik, Geschenken und Festessen, neben dem Sommerurlaub einer der unbestrittenen Höhepunkte des Jahres. Warum sollte ich das nicht feiern? Alle feierten Weihnachten, soweit ich wusste. Warum das eigentlich stattfand, darüber habe ich als Kind nie nachgedacht. Weihnachten war einfach da, wie Geburtstag oder Ferien, oder Sonntag.
Meine Familie und ich machten auch in der Adventzeit das Gleiche wie alle anderen: Wir buken Kekse, bastelten Strohsterne, zündeten Kerzen an und sangen Weihnachtslieder. All das funktionierte wunderbar, auch ohne den Glauben an die Geburt Christi. Natürlich gab es einzelne Wörter und Sätze in den Liedern, die ich nicht verstand, aber als Kind hört man ja unendlich viele Texte, die man nicht deuten kann.
Erst später begriff ich, dass meine Familie streng betrachtet keinen Anlass hat, Weihnachten zu feiern. Schließlich waren wir nicht getauft und glaubten nicht an Gott. Ich dachte darüber nach, ob es ketzerisch sei, was wir da jedes Jahr taten, oder respektlos gegenüber den Gläubigen. Mittlerweile glaube ich nicht, dass unser Weihnachten Christen beleidigt. Es ist christlicher als das vieler Christen.
Was machen denn die meisten Menschen an Weihnachten? Viele Geschenke verteilen. Das hat mit dem christlichen Glauben wenig zu tun. Besonders dann, wenn es sich um Verlegenheitskrawatten und Parfüms handelt, die tonnenweise aus den Läden unter die Christbäume wandern. Unter die Christbäume, deren Ursprung heidnischer Natur ist, nebenbei bemerkt. In meiner Familie beschenken wir uns auch, und nicht zu knapp, aber bei uns ist jedes Geschenk mit Sorgfalt ausgewählt und keiner kauft etwas aus Pflichtgefühl.
Ein weiterer Volkssport während der Feiertage ist der Familienkonflikt, wahlweise versteckt ausgetragen oder offen ausgelebt in Form von enervierenden Streitereien, Besuchsboykott oder Alkoholkonsum. Wir konzentrieren uns an Heiligabend auf das, was unsere Familie zusammenhält: Wir bereiten gemeinsam ein Fest mit vielen liebgewonnenen Traditionen vor, verbringen Zeit miteinander und versuchen, einander Freude zu bereiten. Was wir an diesem Tag in erster Linie feiern, ist das Gefühl unserer Zusammengehörigkeit.
Manchmal spenden wir zu Weihnachten Spielzeug, Lebensmittel oder Geld an Hilfsorganisationen. Oft sind diese Organisationen christliche Vereine. Ich finde es großartig, dass es solche Programme gibt. An den Sinn der praktizierten Nächstenliebe glaube auch ich als nicht Gläubige.
Ich habe großen Respekt vor dem Glauben anderer Menschen. Der Ursprung des Weihnachtsfestes ist ganz klar ein religiöser. Den Tag zum Anlass zu nehmen, ein Fest zu feiern, das mit Religion nichts zu tun hat, finde ich persönlich aber in Ordnung. Ich bin überzeugt, dass das, was wir am 24. Dezember tun, nicht falsch sein kann. Wir begehen ein Familienfest. Das erscheint mir weit weniger problematisch, als wie so viele Menschen an die Geburt Christi zu glauben, und das alljährlich mit Völlerei, Streit und Heuchelei zu feiern. Ich sehe nicht ein, warum Christen, die die Werte ihrer Religion nicht einmal ansatzweise leben, mehr Anspruch auf Weihnachten haben sollen als ich.