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Saudi-Arabien

Der Teufel kommt mit dem Auto

Warum Frauen in Saudi-Arabien nicht Auto fahren dürfen? Darüber wird in dem Land seit Jahren diskutiert. Aber was gibt es da eigentlich zu diskutieren?

Wenn Saudi-Arabien am heutigen Sonntag mit Paraden und Fähnchen den 75. Nationalfeiertag des Königreiches feiert, wird eine Gruppe saudischer Frauen König Abdullah eine Petition überreichen: Sie wollen endlich Auto fahren dürfen. Denn Saudi-Arabien ist das einzige Land der Welt, in dem es Frauen verboten ist, ein Auto zu lenken. Die Petition schwirrt schon seit Wochen durch saudische Blogs und E-Mailverteiler – die Diskussion um das Thema ist noch viel älter. Doch was gibt es da eigentlich zu diskutieren? Wir haben die Argumente der Gegner und Befürworter einmal gesammelt.

Es gibt in Saudi-Arabien kein Gesetz, das Frauen verbietet, am Steuer zu sitzen. Trotzdem ist es für sie praktisch unmöglich, einen Führerschein zu machen, auch Fahrradfahren dürfen übrigens sie nicht.

Der Grund? Ein islamisches Gebot, das Frauen vorschreibt, niemals ohne Begleitung eines männlichen Verwandten das Haus zu verlassen. Diese Ansicht verbreiten konservative Gelehrte in ihren Fatwas . So argumentierte zum Beispiel der Islamgelehrte Sheikh Ayed Al-Qarni, Auto fahrende Frauen würden zur „ Zerstörung der Familie und der gesamten Gesellschaft“ führen . Statt dessen sollten sie sich fahren lassen: von ihrem Mann, ihrem Bruder oder Cousin.

„Auto zu fahren ist ein Recht, das uns zu lange verwährt wurde“, sagt dagegen die Frauenrechtlerin Fawzeyh Al-Oyouni, die auch die Petition an König Abdullah organisiert hat. „Unsere Mütter und Großmütter hatten dieses Recht. Frauen müssen Auto fahren. Das ist ein Grundbedürfnis.“

„Will we ever drive?“ fragt darum auch Rasha aus Saudi Arabien im Gemeinschaftsblog mideastyouth.com . „Unsere Gesellschaft hält uns Frauen in vielen Bereichen zurück, es ist nicht erwünscht, dass wir uns weiterentwickeln. Tradition überschattet allzu oft die Logik“.

Tatsächlich klingen die Argumente der Konservativen bisweilen absurd. Frauen mit Führerschein würden womöglich öfter als notwendig das Haus verlassen, sie könnten sich heimlich mit Männern verabreden, sie wären nicht mehr da, wo sie hingehörten – also in Reichweite ihres männlichen Vormunds.

Und es kämen ganz praktische Probleme hinzu: Die Frauen müssten mit Verkehrspolizisten und Automechanikern sprechen, es bräuchte also weibliche Polizisten und weibliche Automechaniker, sogar Frauenfahrschulen. Diese Anforderungen hat Mohammed Al Zalfa, Mitglied des konservativen islamischen Beratungsgremiums Schura , formuliert, als er vor zwei Jahren eine eingeschränkte Fahrerlaubnis für Frauen zumindest öffentlich in Erwägung zog .

Der saudische Blogger Fahad hat die Vorschläge ins Englische übersetzt : Frauen sollten ab ihrem 30. Lebensjahr fahren dürfen und die Fahrzeit sollte auf Wochentage von sieben Uhr morgens bis acht Uhr abends beschränkt werden. Fremden Männern sollte es strikt verboten sein, Fahrerinnen anzusprechen. Polizeibeamte sollten im Notfall eine Frau rufen. Weibliche Fahrerinnen, die gegen Regeln des Anstands oder der Scharia verstoßen, müssten ihre Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung abgeben, eine Strafe zahlen und sich schriftlich entschuldigen.

In den Medien wurde diese Erweiterung des Verkehrsgesetzes von allen Seiten auseinander genommen, bis nichts mehr davon übrig war. Es kursierte zu dieser Zeit ein offener Brief, in dem 118 Scheiche und Imame, Richter und Hochschullehrer davor warnten, Frauen das Fahren zu erlauben.

Ahmed Al-Omran aus Riad kommentierte in seinem Blog Saudijeans.org das Dokument , in dem jeder, der das Recht der Frau auf Autofahren fordert, zum „Feind des Islam“ erklärt wurde. Die Kommentare unter dem Blogeintrag zeigen, dass niemand genau sagen kann, wann das Fahrverbot überhaupt in Kraft getreten ist und was der Islam oder die Tradition damit zu tun hat.

Die Leserin Aliyan weist darauf hin, dass saudische Frauen früher nicht so eingeschränkt waren. Sie hätten Kamele, Esel und Pferde geritten während sie die Schafe und Ziegen der Familie hüteten. „Was ist also das Problem mit Autos?“ fragt sie. Leserin amo0or schreibt , dass das Verbot weder in der Tradition verwurzelt sei, noch in der Religion. Das Problem seien die Frauen, die nicht genug forderten: „Sagt nicht, der Islam verbietet euch das Fahren. Das ist doch Verarsche. Der Islam ist an diesen Lügen unschuldig. Schwestern, hört auf hinter den Männern zu laufen. Lauft Schulter an Schulter. Schämt euch, ihr seid besser als das!“

Einige Frauen dagegen räumen ein, sie wollten gar nicht fahren. Entweder weil sie nicht befugt wären, dieses Recht einzufordern („ Autofahren ist eben kein Recht der Frau “), oder weil sie es mögen, gefahren zu werden: „ Es ist doch schön, wie eine Prinzessin behandelt zu werden “, schreibt rosanana in Aya’s Weblog .

Theoretisch könnten Frauen in Saudi-Arabien schon jetzt Autofahren. König Abdullah hat im vorigen Jahr in einem Interview gesagt , die Frage ob Frauen fahren dürften, sei keine politische oder religiöse, sondern eine soziale. Bedenkt man, dass Frauen in allen anderen arabischen Staaten Auto fahren dürfen, ist das logisch. Dort geht es eher um das wie. Verschleiert ?

Sabbah aus Bahrain beschreibt das Dilemma so: „Saudi-Arabien liebt einfache Gleichungen“. Frauen könnten theoretisch viele Dinge tun, praktisch brauchen sie für alles die Zustimmung ihres Vormunds. Wenn sie fahren wollten, müssten sie akzeptieren, dass sie beschuldigt werden, „keine Scham zu haben“ und „verwestliche Verräter ohne religiöse Moral“ zu sein. Wenn sie sich dagegen entschieden, würden sie als „tugendhaft, fromm und aufrichtig in ihrem Glauben“ gelten.

Was diese simple Logik in der Praxis bedeutet, erfuhr 1991 eine Gruppe saudischer Frauen, die gegen das inoffizielle Fahrverbot protestierten. Sie verabredeten sich und fuhren durch die Innenstadt von Riad, wo sie prompt inhaftiert und erst entlassen wurden, nachdem ein männlicher Vormund unterschrieben hatte, dass sie nie wieder ein Lenkrad anfassen würden. Ihre Männer verloren ihre Arbeit, die Frauen wurden als Huren beschimpft und erhielten Morddrohungen. Aber: „Es ist nicht mehr das Tabu, das es einmal war“, sagt Wafa al-Munif, eine der Aktivistinnen, Jahre später in einem Interview . Eine andere sagt: "Uns ging es nie ums fahren. Autofahren ist nur ein Symbol“.

So sieht es auch Blogger Sabbah: „Es geht hier nicht um Frauen und Autos, – die Männer in Saudi-Arabien glauben, dass dann die Büchse der Pandora geöffnet wäre.“ Gemeint sind die gesellschaftlichen Folgen, die unweigerlich einträten, wenn die Fahrerlaubnis für Frauen erst die Steine ins Rollen brächte.

König Abdullah schreckt davor noch zurück: Es stehe ihm nicht zu, über das Fahrverbot zu entscheiden, das müsse sein Volk tun. „Frauen werden fahren, es ist nur eine Frage der Zeit“. Vielleicht kann die Petition zum 75. Jahrestag seines Königreiches diesen Prozess beschleunigen.

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