Anti-G8-Camp
Nichts mit euch zu tun haben
Das Rostocker Anti-G8 Camp diskutiert über die Straßenschlachten vom Samstag. Noch schweißt ein gemeinsamer Feind die verschiedenen Gruppen zusammen.
Von Lenz Jacobsen
Der schwarze Block ruht sich aus. Die meist sehr jungen Radikalen lagern zwischen ihren Zeltgruppen, um sie herum stehen Schilder: "No Photos!". Manche in diesem Teil des Camps humpeln, oder tragen Verbände. Aus den Debatten im Camp, in denen es auch um die Gewalt bei der Großdemo am Samstag geht, halten sie sich größtenteils heraus.
Wenn es doch zu Diskussionen kommt zwischen den gewaltbereiten und den friedlichen Protestierern, dann sieht das zum Beispiel so aus: Ein Mann mit grauem Vollbart und Nickelbrille ist rot vor Wut. Er redet auf ein Grüppchen Schwarzgekleideter ein, die mit verschränkten Armen vor ihren Zelten stehen. "Ich habe keine Angst vor der Polizei, ich habe Angst vor Leuten die Steine werfen!"
Von wem ist die Gewalt ausgegangen? Hat die Polizei richtig reagiert? Reicht friedlicher Protest aus oder ist Gewalt nötig, um die Staatsführer und die Öffentlichkeit zu beeindrucken? Ein Mädchen, keine 20 Jahre alt, keift den Grauhaarigen an: "Was macht ihr denn? Ihr bildet Arbeitsgruppen und schickt dann zwei Delegierte mit Unterschriftenlisten zu den Politikern. Wacht endlich auf, das bringt doch nichts!"
Die Stimmung ist angespannt. Auch in den Campversammlungen, die mehrmals täglich abgehalten werden, gibt es Diskussionen über die Gewalt. Auf der einen Seite sind die Radikalen vom "schwarzen Block", organisiert in Gruppen wie "Make Capitalism History"; auf der anderen Seite Attac und die privat Angereisten, die sich keiner Gruppe zugehörig fühlen.
Die meist sehr jungen Radikalen verteidigen ihre Aktionen, sprechen davon, dass man der Polizei nirgendwo nachgeben dürfe und machen sich über die "Latschdemo" der friedlichen Demonstranten lustig. Andere Gruppen, darunter Attac, distanzieren sich deutlich. "Was ein paar Leute, darunter auch welche aus diesem Camp, am Samstag ausgelöst haben, damit wollen wir nichts zu tun haben", sagt ein Sprecher mit bebender Stimme. Und viele in dem großen Zirkuszelt klatschen Beifall.
Doch solche klaren Gewaltabsagen sind selten. Denn so unterschiedlich die Meinungen über die Ereignisse am Samstag auch sein mögen, eines bleibt klar: Die Bösen, das sind nicht die im eigenen Lager, das sind die da draußen, die Bullen, die rechten Medien, die Politik.
Montagmorgen machen sich alle gemeinsam über die gratis verteilten Zeitungen her:
taz
,
Junge Welt
,
Neues Deutschland
. Am Campeingang hängen Artikel aus der
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, der
FAZ
und der
Welt
aus. In seiner Empörung über die Berichterstattung findet das Camp wieder zusammen. "Wollt ihr Tote, ihr Chaoten?" schreibt die
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-Zeitung, von einer "G8-Schlacht" ist die Rede. "War ja klar, dass wieder wir die Bösen sind", sagen viele. "Warum zeigen die nicht mal, wie die Bullen grundlos auf uns losgegangen sind?" Selbst die Artikel der linken Zeitungen stoßen meist auf Ablehnung.
Immer wieder gibt es Gerüchte über neue Verhaftungen und Schikanen, über Polizisten, die kleine Demonstrantengruppen grundlos angreifen, zusammenschlagen und wieder abziehen. Es sind solche Geschichten und die gemeinsamen Gegner da draußen, die die Solidarität im Camp wieder stärken und die Diskussion über die Ereignisse von Samstag in den Hintergrund drängen.
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