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Handyfilme

Schön verwackelt

Filme, die mit dem Handy gedreht wurden, zeigten bisher Exekutionen und Kate Moss beim Koksen. Das Mobile Film Festival sucht nach der künstlerischen Seite des Formats.

Das Handy wird zur Filmkamera. Es musste ja so kommen, wir haben es bereits geahnt. Bisher waren die Themen der so gedrehten Filme eher fragwürdig – sie zeigten die Exekution von Saddam Hussein oder wie Menschen von anderen verprügelt wurden, Happy Slapping genannt. Interessanter, aber auch nicht seriös: Kate Moss beim Koksen . Das war alles gut für einen Skandal und eine Debatte über ethische Standards, aber keine Kunst.

Die Macher des Mobile Film Festivals wollen das schlechte Image von Handyfilmen verbessern. In Frankreich gab es bereits zwei dieser Festivals, jetzt hat die Autorin Isabelle Azoulay das Konzept nach Deutschland geholt. „Die Idee war, eine ernstzunehmende Plattform für dieses Format zu schaffen“, sagt sie. „Die Technologie entwickelt sich im Moment wahnsinnig schnell, alle drei Monate verbessert sich die Auflösung der Kameras. Mich interessiert vor allem, wie sich dadurch die Filmsprache verändert.“

Filme für den Handybildschirm – das an sich ist nicht neu. Das Bitfilm -Festival zum Beispiel richtet bereits seit 2003 einen eigenen Wettbewerb für Handy-geeignete Minifilme aus. Das Mobile Film Festival geht aber noch einen Schritt weiter: Zugelassen sind nur Filme, die mit dem Handy gedreht wurden. Allerdings muss der Film nicht am Stück gedreht werden. Nachbearbeitung ist erlaubt – selbst am Computer. „Erst war diese Auflage eine rein künstlerische Entscheidung“, sagt Azoulay. „Dann haben wir gemerkt, dass wir mit der Beschränkung auf die Handy-Kamera auf sehr große Aufmerksamkeit stoßen. Das Interesse an diesen neuen Technologien ist riesig, und genau in diese Kerbe schlagen wir mit dem Festival."

Beiträge können noch bis zum 27. April eingesandt werden. Besser gesagt: Sie können auf die Webseite des Festivals hochgeladen werden. Eine Jury, in der unter anderen auch die Schauspielerin Charlotte Roche sitzt, wird dann drei Gewinner aussuchen. Einen Kinosaal wird niemand aufsuchen müssen. Die Filme werden während des Festivals dort zu sehen sein, wo sie am besten aufgehoben sind: im Internet und auf dem Handy-Bildschirm. Sie können auf der Webseite des Festivals angesehen oder über das WAP-Portal heruntergeladen werden.

Neben den vielen Kurzfilmfestivals gibt es jetzt also auch ein Ultra-Kurzfilmfestival, das sich vor allem dadurch auszeichnet, dass die Filme total verwackelt sind und auch der Ton keine Kinostandards erfüllt. So auch in einem der schönsten Filme, die zurzeit auf der Seite des Mobile Film Festivals gezeigt werden: Superalexanderplatz . Er zeigt eine einfahrende U-Bahn, begleitet von lauter Musik aus dem Lautsprecher. Dann schwenkt die Kamera über den Bahnsteig und bleibt an einer Frau hängen, die herüberlacht und winkt. Eine Momentaufnahme, zauberhaft gemacht und so gut, wie das Leben sie gar nicht schreiben kann. Irgendetwas muss falsch sein an diesem Film. Vielleicht ist es die übersteuerte Musik, die selbst die U-Bahn übertönt. Oder das perfekte Auftreten der Frau. Eigentlich ist es aber gleich, denn man gibt sich der Illusion hin, Augenzeuge einer anrührenden Szene geworden zu sein.

Schön albern dagegen das Zwergenkegeln , ein typischer Stop-Motion-Film. Einzelbilder werden hier so offensichtlich aneinandergeschnitten, dass man jede Einstellung erkennen kann, aber trotzdem der Eindruck von Bewegung entsteht. Wer so etwas am Handy schneiden will, wird schnell wahnsinnig: zu umständlich auf dem kleinen Gerät. Technisch aufwendigere Filme werden erst durch die Nachbearbeitung am Computer möglich. So auch der Film Ampelmännchen , der die vermeintlich typisch deutsche Obrigkeitshörigkeit in all ihrer Tragik zeigt: beim Warten auf das grüne Licht an einer nicht befahrenen Straße. Aus einer Minute werden Stunden, an den Füßen des Wartenden häufen sich ausgespuckte Nussschalen, Strohbüschel wehen vorbei. Voraussehbar und doch zwingend der Schluss: Der Mensch geht, wenn das grüne Männchen kommt.

Unter den Einreichungen gibt es Überraschendes, aber auch einiges, das an den eigenen Ansprüchen scheitert. Wie bei vielen Kurzfilmen wollen diese Beiträge Kunst sein und mit möglichst abgefahrenen Ideen glänzen, wirken aber nur angestrengt und künstlich. Am besten sind die Filme dann, wenn man tatsächlich das Gefühl hat, mit dem Handy dabei gewesen zu sein, eine Szene zu belauschen, als ob man sie selbst auf der Straße erlebt hätte.

Noch ist es zu früh, um eine eigene Filmsprache des neuen Formats zu erkennen, sagt Azoulay. Die Einreichungsphase hat gerader erst begonnen, bislang sind 75 Filme auf die Webseite hochgeladen worden. Als Tendenz lässt sich aber eine „minimalistische Aufmerksamkeit“ ausmachen, „eine verlangsamte Wahrnehmung für ganz kleine Dinge des Alltags“, so zum Beispiel das Klingeln des Weckers am Morgen oder die beschriebene Szene am Bahnsteig.

Vielleicht machen die Festivalfilme deswegen Lust, selbst welche zu drehen und etwas aufmerksamer durch die Straßen zu laufen. Eigentlich findet man bei jedem Spaziergang genug Material für einen Film, der ins Festival passt.

Mehr Film:

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Hochladen als Bürgerrecht - YouTube zensiert seine Inhalte

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