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RELIGION

Ich und Gott

TEIL 2

„Meine Eltern sind geschieden, und eine gute Freundin ist lesbisch. Das ist eigentlich Sünde. Aber ich habe sie trotzdem alle lieb, ihres Charakters wegen. Und außerdem ist Jesus vor allem zu den Ausgestoßenen gegangen. Ich bete, dass auch sie zu Gott finden.“

„Meine Eltern sind geschieden, und eine gute Freundin ist lesbisch. Das ist eigentlich Sünde. Aber ich habe sie trotzdem alle lieb, ihres Charakters wegen. Und außerdem ist Jesus vor allem zu den Ausgestoßenen gegangen. Ich bete, dass auch sie zu Gott finden.“

Wenn Anne heute über Gott spricht, hört es sich so an, als würde sie über ihren Vater reden. Und wenn Anne über ihren biologischen Vater redet, hört es sich so an, als würde sie von einem Fremden sprechen. Nachdem er ausgezogen war, herrschte zwei Jahre lang Funkstille. Was sie wollte, war nicht viel: „Er sollte sich für mein Leben interessieren.“ Doch weil er das nicht tat, rannte Anne heulend aus dem damals noch katholischen Gottesdienst. „Ich hatte ein großes Problem mit dem Vaterbild.“ Bald besuchte sie die katholische Kirche gar nicht mehr.

Der neue Vater ist immer da, sagt Anne. Wenn sie die Welt nicht mehr versteht, wütend ist oder nicht weiter weiß, dann ruft sie einfach: „Hey, Vater, ich weiß nicht, was das soll!“

Der neue Vater hilft ihr, im Alltag zu bestehen. So wie letztes Jahr, als sie für ihre Aufnahmeprüfung an der Kölner Döpfer-Schule lernte. „Es war nicht mein Können“, sagt Anne. „Er wollte, dass ich aufgenommen werde.“ Jetzt lernt sie Ergotherapeutin. Anatomie, Pädagogik und Psychologie, wie das menschliche Wesen so tickt. Manchmal im Biologiekurs denkt Anne sich ihren Teil, wenn die Rede auf die Evolution kommt. Den Teil mit der Eva, die aus Adams Rippe geschnitzt wurde, und den Teil mit der Vertreibung aus dem Paradies. Zwar haben Wissenschaftler anhand von Gesteinsproben herausgefunden, dass die Erde viel älter ist, als die Bibel behauptet, aber „wer sagt denn, dass die Forschungsmethoden richtig sind?“

„Wenn Gott mein Leben lenken kann, dann kann er auch eine Welt in sieben Tagen erschaffen!“

„Wenn Gott mein Leben lenken kann, dann kann er auch eine Welt in sieben Tagen erschaffen!“

Der neue Vater gibt ihr Geborgenheit und die Gewissheit. Nur einmal wird sie unsicher, als die Sprache auf ihre früheren Mitschüler kommt. Zwar gab es nie direkte Anfeindungen, aber das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, war allgegenwärtig. „Ich hätte mich gern verteidigt, ich wusste nur nicht, wogegen.“

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