Heute beginnt das siebte Weltsozialforum in Nairobi. Bis zu 100.000 Teilnehmer werden erwartet. Doch wo sind sie alle? Fragt sich Matthias Mengel
Von Matthias Mengel
Eine Freundin hat mir eine E-Mail geschrieben. Sie wolle vielleicht zum Weltsozialforum nach Nairobi kommen, ob sie bei mir übernachten könne. Ich hätte fast das Weltsozialforum vergessen.
Das Weltsozialforum
Im Jahr 2001 trafen sich zum ersten Mal Aktivisten im brasilianischen Porto Alegre, um über eine gerechte Form der Globalisierung zu diskutieren. In den Jahren darauf formierte sich die Bewegung zu einer Gegenveranstaltung zu den Weltwirtschaftsforen in Davos. Auch in diesem Jahr werden sich Wirtschaftsführer und Politiker fast zeitgleich in der Schweiz treffen – um über ihre Form der Globalisierung zu reden.
In diesem Jahr findet das
7. Weltsozialforum
in Kenias Hauptstadt Nairobi statt
Bis zu 100.000 Menschen wollen hierher kommen um über die Zukunft der Menschheit zu diskutieren. Und über die Zukunft Afrikas: Aids, Landbesitz, Handel, Migration und Schuldenerlass stehen auf der Agenda. Der südafrikanische Bischof Desmond Tutu soll hier reden, die kenianische Nobelpreisträgerin Wangari Maathai will Bäume pflanzen.
Die Mail meiner Freundin kam am Dienstag. Ich habe seitdem die kenianischen Studenten, die ich kenne, befragt: Am Anfang „Do you attend the WSF?“ später „Do you know the WSF?“
In den Straßen der Innenstadt ist nicht viel zu sehen. Die Plakatwände und Billboards sind fest in der Hand der Mobilfunkanbieter, ich habe in der ganzen Stadt noch kein einziges Plakat zum WSF entdeckt. Doch ich bilde mir ein, dass die Staus vor unserer Tür schon ein wenig länger geworden sind – kommen die Weltretter mit dem Auto?
Ein paar Leute von
Actionaid
habe ich im großen Supermarkt getroffen und zwei weiße Mädchen mit einem frisch gekauften Zelt unter dem Arm. Mit einer französischen Gruppe kam ich ins Gespräch. Eine Frau, zwei Männer, alle drei über fünfzig, gut beleibt und sehr blass, sie mit Rastalocken, die Herren mit angegrautem Pferdeschwanz. Das ist ein ungewohntes Bild hier. Ihre NGO nennt sich „Les Alternatifs“, wir verwickelten uns in eine Diskussion über Welthandel auf demWeg zu ihrem nächsten Ziel, einem Laden für afrikanische Stoffe.
Meine kenianische Mitstudentin Kate fragte, ob sie ein Zertifikat bekäme, wenn sie teilnehme. Für die Bewerbungen später. Das konnte ich ihr nicht beantworten, aber angemeldet hat sie sich nun doch. Vielleicht bekommt sie ja einen Schein. Fürs Welt retten.
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Matthias Mengel studiert in Nairobi, Kenia. Während des Weltsozialforums wird er für den Zuender von dort berichten. Diesen Text hat er am Freitag geschickt.