Ein Unbekanntes Flugobjekt bestrahlt die Welt mit Sauerstoff und rosa Wolken. Wie sollen wir darauf antworten? Mit Atomraketen? Raveparties? Kapitulation?
Von Christian Bangel
Montag, 4. September 2006, 5:07 MESZ
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In der Sternwarte Canberra/Mount Stromlo (Australien) entdeckt ein deutscher Doktorand ein sich der Erde schnell näherndes Objekt. Es hat ungefähr die Ausmaße des Staates Russland. Die Konsistenz des Objektes ist fest, mehr ist noch nicht bekannt. Kurze Zeit später kabeln die Agenturen die Nachricht von der Ankunft eines UFOs an die Redaktionen.
Montag, 4. September 2006, 8:25 MESZ
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US-Präsident George W. Bush wendet sich in einer Rede an die Weltbevölkerung. Er zeigt sich überzeugt, die Außerirdischen mit Atomwaffen besiegen zu können und fordert ein Mandat des UN-Sicherheitsrates zur Zerstörung des Flugobjektes.
Das UFO hat indessen etwa fünfzehn Kilometer über dem äquatorialen Atlantik Stellung bezogen. Dort verharrt es ohne Anzeichen von biologischer oder technischer Aktivität.
Montag, 4. September 2006, 14:43 MESZ
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Noch immer hat sich das Objekt nicht bewegt. Nacheinander erleben verschiedene Regionen der Welt nun eine künstliche Sonnenfinsternis, die vor allem in der Subsahara-Region Massenpaniken auslöst. Indessen sind Wissenschaftler bei der Analyse des Objektes vorangekommen. Die Außenwand besteht aus einem auf der Erde unbekannten Material, dessen Konsistenz am ehesten mit Hartweizengrieß zu vergleichen ist. BILD-Online titelt daraufhin: "Zerstört uns ein Pasta-UFO?". Italiens Regierungschef Romano Prodi fordert eine Klarstellung des Blattes: "Es darf nicht der Eindruck entstehen, Italien habe etwas mit dem Angriff der Außerirdischen zu tun."
In Europa beginnt eine internationale Diskussion darüber, ob Italien nicht auch schon den WM-Titel mit unlauteren Methoden gewonnen habe.
Montag, 4. September 2006, 23:37 MESZ
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Am Objekt werden mittlerweile erste Aktivitäten registriert: Regelmäßige Vibrationsmuster wechseln sich im Abstand von drei bis vier Minuten ab.
Dienstag, 5. September 2006, 11:17 MESZ
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Die USA, Russland und China vereinbaren eine militärische Allianz und berufen eine außerplanmäßige UN-Vollversammlung ein, um möglichst viele Staaten zu einer Teilnahme an einer Mission gegen die mutmaßlichen Außerirdischen zu bewegen. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld meldet derweil Zweifel an der Effektivität von Atomwaffen an und fordert andere Maßnahmen: "Wenn sie aus Spaghetti bestehen, warum beschießen wir sie dann nicht einfach mit heißem Wasser?" Der thailändische Premierminister Thaksin Shinawatra erinnert daraufhin in einen dramatischen Appell an die Tsunamikatastrophe 2004. Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela bewirkt eine heftige öffentliche Diskussionen mit einer Rede unter dem Titel "Hat eigentlich schon jemand versucht, mit denen zu reden?"
Dienstag, 5. September 2006, 13:47 MESZ
: Die Vibrationen an Bord des Raumschiffs nehmen zu. Inzwischen sind deutlich sich abwechselnde rhythmische Schläge zu hören. Außerdem beginnt sich sich die atmosphärische Zusammensetzung der Luft unterhalb des Objekts zu verändern. Erhöhte Sauerstoffwerte werden gemessen. Mehrere Privatschiffe werden von der brasilianischen Küstenwache davon abgehalten, in den Bereich des Objektes zu gelangen.
Dienstag, 5. September 2006, 20:29 MESZ
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Präsident Bush bezeichnet das Objekt in einer weiteren Rede an die Weltbevölkerung als "böses Wesen", das ausgelöscht werden müsse. Marinekampfverbände einer internationalen Koalition rücken in den Mittelatlantik vor, um das Objekt mit Mittelstreckenraketen zu beschießen, die mit Atomsprengköpfen ausgestattet sind. Auch Iran beteiligt sich mit 15 Atomsprengköpfen. Auf die nun bewiesene Existenz von iranischen Kernwaffen angesprochen, verteidigt sich Präsident Mahmud Ahamadinedschad mit den Worten "Ist das hier etwa keine friedliche Nutzung der Atomenergie?" US-Präsident Bush unterstützt diese Argumentation: "Wir sind jetzt alle gut."
In Deutschland hat die Frage nach der Beteiligung an der Mission eine Koalitionsdebatte ausgelöst, die sich nur mit einem Kompromiss lösen lässt: Die Bundesrepublik entsendet eine Fregatte mit dreißig Panzern in den Atlantik.
Mittwoch, 6. September 2006, 10:31 MESZ
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Noch vor den Kriegsschiffen der internationalen Koalition sind etwa dreißig Schiffe internationaler NGOs, unter ihnen Greenpeace, in den Bereich des Objektes gelangt, das durch seine stetig stärker werdenden Vibrationen inzwischen erste Stürme auslöst.
Mittwoch, 6. September 2006, 16:12 MESZ
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Die Terrororganisation Al-Qaida löst Irritationen mit einem Bekennervideo aus. Sie behauptet, das Objekt, das die Zerstörung der ungläubigen Welt bezwecke, von Afghanistan aus losgesandt zu haben.
Präsident Bush, dem diese Information während einer live ausgestrahlten Ansprache zugesteckt wird, reagiert zunächst unschlüssig, dann sichtbar aggressiv mit dem Satz: "Wenn ihr Penner denkt, hier euren dämlichen Senf zugeben zu können, habt ihr euch geschnitten!" Kurz danach schlagen vierzig Cruise Missiles in Afghanistan ein, treffen jedoch Stellungen der US-Army und fordern 312 Todesopfer und hunderte weitere Verletzte.
Währenddessen steigt die Sauerstoffkonzentration im Atlantik weiter. Mittlerweile ist auch ein weiteres, bisher unbekanntes Gas messbar, das in Nord- und Südamerika sowie weiten Teilen Afrikas rosafarbene Wolkenbildung auslöst. Die vom Objekt ausgelösten Rhythmen haben sich weiter verstärkt. An den Küsten Westafrikas, Südwesteuropas und des östlichen Südamerikas haben sich inzwischen zehntausende junge Menschen eingefunden, um zu den Rhythmen tanzen. Polizeieinheiten gelingt es nur unter schwersten Bemühungen, die Menschenansammlungen aufzulösen. An der protugiesischen Algarve kommt es zu Ausschreitungen, als die deutsche Band "Rammstein" versucht, den Rhythmen ein Live-Open-Air entgegenzusetzen. Das Konzert wird abgebrochen.
Donnerstag, 7. September 2006, 13:51 MESZ
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Auf Druck von Senat und Repräsentantenhaus verkünden US-Präsident Bush und Vizepräsident Dick Cheney ihren Rücktritt. Die Staatsgeschäfte führt auf Anordnung der Parlamentskammern interimsmäßig ein Gremium, das sich aus TV-Moderatoren, Ernährungswissenschaftlern und den Chefs der großen Speiseeiskonzerne der Vereinigten Staaten zusammen setzt. Als erste Sofortmaßnahme werden die atlantischen Marinekampfverbände zurückgezogen. Außerdem werden jedem Bürger der USA pinkfarbene T-Shirts, Brotdosen und Puppenhäuser zur Verfügung gestellt.
Japans Premierminister Junichiro Koizumi und Bundeskanzlerin Angela Merkel warnen in Stellungnahmen davor, die Gefahr durch das Objekt zu unterschätzen. Insbesondere die USA werden aufgefordert, wieder auf den Weg der Vernunft zurückzukehren. Die US-Regierung reagiert mit der Aufforderung, das Leben als Vergnügen zu betrachten.
Donnerstag, 7. September 2006, 20:08 MESZ
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Die durch das Objekt ausgelöste Wolkenbildung schreitet weiter voran. Nachdem die Wolke Europa überschritten hat, wird in einer Sondersitzung der Staats- und Regierungschefs der Europäische Verfassungsvertrag unterschrieben. Weiterhin beschließen die Staatenlenker, Pinguine in Europa anzusiedeln und alle Wohnhäuser ab sofort in gold oder rosa anstreichen zu lassen.
Auch im asiatischen Raum führt die Wolke zu politischen Veränderungen. Die arabische Liga beschloß bereits am Nachmittag, Öl ab sofort zu verschenken, dringt aber auf die Förderung regenerativer Energien. Im Nahostkonflikt ergeben sich neue Spielräume, als Israels Ministerpräsident die Auflösung der Armee anordnet und den Palästinensern die Aufteilung aller Flächen und Besitze anbietet. Die fördern den Friedensprozess mit dem Gegenangebot, beide Staaten aufzulösen. Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija begründet dies in einem Fernsehinterview mit der Ansicht, dass alle Menschen gleich und Nationen überholt seien.
Irans Präsident Ahmadinedschad überrascht die Weltöffentlichkeit mit dem endgültigen Verzicht Irans auf Atomtechnologie auch zu friedlichen Zwecken: "Wir haben die Welt nur von unseren Enkeln geliehen. Der Umweltschutz ist unsere gemeinsame Aufgabe."
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Freitag, 8. September 2006, 10:08 MESZ
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Das in der Vorwoche vereinbarte TV-Duell zwischen dem iranischem und dem US-Präsidenten gerät zur Farce, als sich beide, Mahmud Ahmadinedschad und ein bis dato unbekannter Schauspieler jüdischer Herkunft namens John Leitzermann, eine Stunde lang für die Auswahl ihrer Bekleidung loben.
Samstag, 9. September 2006, 12:19 MESZ
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Die UN-Vollversammlung beschließt die Auflösung sämtlicher Nationen. Die Weltkoordinierung wird von nun an im Zufallsverfahren für zwei Wochen an einen beliebigen Menschen vergeben. Erster Weltchef wird der Bielefelder Informatikstudent Jan Westermann, der umgehend die Auflösung aller Softwarepatente verfügt. Außerdem werden flächendeckend kostenlose Nahrungsmittel- und Musik-Ausgabestellen eingeführt. Die Todesstrafe wird abgeschafft.
Sonntag, 10. September, 20:22 MESZ
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Das Objekt entfernt sich in hoher Geschwindigkeit von den Radarschirmen. Das von ihm ausgestoßene Gas wird im Auftrag der Weltregierung konserviert und steht von nun an jedem Erdenbürger kostenlos zur Verfügung.