Filmpreis
Harte Zeiten für Doris Dörrie
Die Abschlußwerke junger deutscher Filmstudenten werden ernsthafter und politischer. Der "First Steps Award" zeichnet die besten von ihnen aus
Von Stefanie Büther
Kinderhandel, Drogen und eine prügelnde Mädchengang: Die Themen, die junge deutsche Filmemacher umtreiben, sind ernst und vielseitig. In dieser Woche wurden in Berlin zum siebten Mal die
First Steps Awards
verliehen – im Rahmen einer gnadenlos glamourösen Gala, bei der Leute im Mittelpunkt standen, auf die sonst selten das Rampenlicht fällt.
Denn junge Filmemacher haben es in Deutschland nicht gerade einfach. Die Filmhochschule bietet zwar ein Netzwerk, Beratung durch erfahrene Dozenten und kostenlose Schnittplätze. Aber danach? Der zweite Film, also derjenige, mit dem sich die Absolventen zum ersten Mal auf dem freien Markt beweisen müssen, ist oft der schwierigste. Und so wartet auf viele Jungfilmer die Arbeitslosigkeit. Das Problem bringt eine der Preisträgerinnen auf den Punkt. Am Ende der Gala hebt sie den Umschlag mit dem Preisgeld in die Höhe und sagt: "Das wird mich vor Hartz IV bewahren."
Um den Newcomern dieses Schicksal zu ersparen, wurde
First Steps
ins Leben gerufen. Der Wettbewerb entstand als rein private Initiative, gesponsert von einer Reihe großer Unternehmen. Prämiert werden die Abschlussfilme von Absolventen deutscher Filmhochschulen in fünf Kategorien: Kurze, mittellange und abendfüllende Spielfilme, Dokumentarfilme und Werbespots.
Den nominierten Werken merkt man an, dass sie nicht für den kommerziellen Markt gedreht wurden. Der Blick der Filmemacher richtet sich auf Außenseiterthemen und Randfiguren:
Spanier, die in Katalonien Türme aus Menschen bauen
, ein
Versicherungsvertreter, der sein kaputtes Leben auf der Autobahn verbringt
, um noch desolateren Typen eine Lebensversicherung aufzuschwatzen. Oder der Preisträgerfilm
"Prinzessin"
, in dem Birgit Grosskopf von einer Mädchengang im Plattenbau-Ghetto erzählt, wo die Trostlosigkeit sozialer Randbezirke sich in einer sinnlosen Brutalität entlädt.
Ohne Schnörkel und Rückgriffe auf Klischees erzählen die Filme ihre Geschichte, und oft sind das Geschichten von Menschen, die aus unserer Gesellschaft fallen. Noch vor zwei Jahren beschwerte sich Lutz Hachmeister aus der Dokumentarfilmjury darüber, dass die Filmemacher sich nur um sich selbst drehten – unsere WG, unser Studentenleben – und dabei nie über den Tellerrand schauen würden. Inzwischen kann davon keine Rede mehr sein. Der junge deutsche Film blickt gezielt und engagiert auf politische Themen: In "
The End of the Neubacher Project
" befragt Marcus J. Carney von der Wiener Filmakademie seine eigene Familie zu ihrer Nazi-Vergangenheit. Seine Fragen decken dabei viel mehr auf als nur die Familiengeheimnisse. Am Ende steht die Verleugnung historischer Tatsachen als gesamt-österreichische Krankheit. Für seinen Film wurde Carney mit dem Dokumentarfilm ausgezeichnet.
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