Oliver Gottwald tippt ungern SMS. Lieber schreibt er neue Songs für seine Band Anajo. Damit geht er jetzt auf Deutschland-Tournee. Das russische Testpublikum ist bereits begeistert.
Von Katharina Litschauer
Anajo ist aus zwei verfeindeten Bands zusammengewachsen. Wie war das?
Verfeindet ist ein bisschen übertrieben. Unser Bassist Michi und ich kommen beide aus einer kleinen Stadt in der Nähe von Augsburg. Damals gab es in der Altersgruppe, in der wir beide waren, so zwischen 15 und 18 Jahren, zwei Bands: Michis und meine. Wir haben uns nicht besonders gemocht und es gab Konkurrenzdenken. Rückblickend gesehen ist es völlig albern. Wir waren damals auch total schlecht, sowohl die, als auch wir.
Wie hießen die Bands?
Das sage ich jetzt nicht. Total einfallslos und blöd. Beide Bands haben sich aufgelöst, und dann haben wir irgendwie zueinander gefunden. Den Michi fand ich schon immer cool, der war ein sehr guten Bass-Spieler. Er war am Anfang ein bisschen skeptisch, es hat ihn dann aber überzeugt, dass unser erstes gemeinsames Konzert gleich recht cool war.
Wie kamt ihr zu eurem Bandnamen?
Es musste ziemlich schnell gehen, das war das Ding. Die Band hat gerade mal eine Woche existiert, da haben wir uns für den Nachwuchsbandwettbewerb "Band des Jahres" in Augsburg angemeldet. Dann haben wir halt Fernsehen geschaut, und da lief der tolle alte Bud-Spencer-Film "Banana Joe". Der Fernseher war damals kaputt, rechts und links war das Bild verschwommen, und da blieb von "Banana Joe" nur noch ANA JO. Und das haben wir dann als Namen genommen ...das kann man jetzt glauben oder nicht.
Eure neue Platte ist ja jetzt fertig. Worauf seid ihr am meisten stolz?
Wir sind jetzt noch sehr nahe dran, wir sind eben erst mit den Aufnahmen fertig geworden, und können das im Prinzip gar nicht so objektiv beurteilen. Ich glaube aber, das wir eine sehr gute Platte gemacht haben. Alle haben uns gedrängt, so schnell wie möglich diese Platte zu machen. Wir wollten aber so lange daran arbeiten, bis wir wirklich damit zufrieden sind. Wir sind stolz darauf, dass wir dem ganzen Druck widerstanden haben.
Schreibst du auch andere Texte als Songtexte?
Nee, eigentlich nicht. Aber was ich neulich mal geschrieben habe, ist ein kleines Tourtagebuch von unserem Ausflug in Russland.
Wie war es in Russland?
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Das war sehr eindrucksvoll. Diese Weite der Landschaft, und die Leute waren alle sehr zuvorkommend. Was mich eigentlich am meisten überrascht hat, ist, dass die Leute dort, die uns überhaupt nicht kannten, wirklich abgegangen sind. Das wäre hier nie so. Ich glaube, wenn eine unbekannte russische Band nach Deutschland oder nach Österreich kommen würde, wären die Leute wesentlich zurückhaltender.
Was muss ein guter Songtext für dich können?
Ein guter Songtext sollte schön klingen und nicht dumm sein. Es sollte jetzt nicht irgendwas albernes oder langweiliges sein, nichts abgedroschenes. Ich möchte in Songtexten nicht Sachen hören, die ich schon tausendmal vorher gehört habe. Außer man spielt mit Dingen, dann kann es ja auch wieder lustig sein.
Bastelst du lange an Songtexten rum oder kommen dir die Ideen mit einem Geistesblitz?
Mal so, mal so. Der Idealfall ist ein Geistesblitz, aber wenn ich immer nur auf diese Geistesblitze warten würde, würde ich zwei Songs im Jahr schreiben.
Findest du es sexy, wenn jemand gut mit Sprache umgehen kann?
Mit Sprache umgehen können? Das beneide ich total.
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"Beneide ich" ist gut, du kannst es ja selbst.
Naja, Songtexte kann ich schon schreiben, aber bei allem Anderen tue ich mir schon ein bisschen schwerer. In der Schule war ich in Deutsch nie besonders gut. Ich bewundere Leute, die rhetorisch fit sind. Ich kann selber nicht sagen, wie das bei mir ist. Ich kann selber meine Texte auch nicht so beurteilen.
Bist du ein kreativer SMS- und E-Mail-Schreiber, oder nutzt du das nur für "Treffen wir uns morgen um vier"?
Also, ehrlich gesagt: SMS finde ich in den meisten Fällen total überflüssig. Es gibt Leute, die haben sich angewöhnt, nur noch SMS zu schreiben. Bei Fragen, die nicht mit einer SMS beantwortet sind, nervt mich, wieso die Leute nicht anrufen. Aber es hat auch was Gutes. Man kann auch schöne, kreative, romantische SMS schreiben, aber ich bin ein Gegner davon, nur SMS zu schreiben. Ich telefoniere lieber.
Gibt es für dich ein Lieblingsthema außer Musik, worüber du stundenlang diskutieren könntest?
Politik interessiert mich sehr.
Engagierst du dich da irgendwie?
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Nee, das nicht. Ich studiere das, mehr oder weniger. Politikwissenschaft mit Soziologie und Medienpädagogik. Aber das Studium ist eigentlich eher ein Drama, weil ich nicht dazu komme.
Gottseidank.
Ja... Sprachen interessieren mich auch, obwohl ich jetzt keine Sprachen kann, außer meinem Schul-Englisch und meinem Schul-Französisch. Mich interessiert der Zusammenhang, welche Sprachen miteinander verwandt sind und welche nicht. Und Krimiserien interessieren mich.
"Ich hol dich hier raus... "
Ja, genau. Vor allem alte Krimiserien, alte Derrick-Sachen, oder "Der Alte".
Was gefällt dir daran?
Die Spannung. Und bei den alten Sachen da finde ich einfach auch cool, mit welchen Autos die damals rumgefahren sind. Und jeder raucht wie ein Schlot.
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Es gibt ein Lied von dir namens "Zähme den wilden Tiger in mir". Welches Tier ist in dir? Oder bist du der Tiger und das war autobiographisch?
Nee, das war nicht autobiographisch. Das ist zum Beispiel so ein Text, da habe ich überhaupt nicht darüber nachgedacht, den habe ich innerhalb von zehn Minuten runtergeschrieben. Ich kann auch ehrlich gesagt gar nicht definieren, um was es da jetzt genau geht. Da habe ich einfach geschrieben.
Er hat mit dir den Text gemacht: der Tiger in dir.
Genau (lacht). Der Tiger hat mit mir den Text gemacht. Also am reizvollsten von den Charaktereigenschaften her finde ich schon die Katze, die ihren eigenen Kopf hat, und schick ist.
"Und so schleicht dann zumeist nur die Katze um meine Beine" singst du in dem Lied "Die Tränen sind immer noch meine". Dort heißt es auch "Und ich weiß, dass es heißt, wenn man weint, ist man nicht alleine". Gibt es den Spruch oder hast du dir den ausgedacht?
Nee, den gibt es so nicht. Ich habe ich mir gedacht, dass es oft Leute gibt, die zu dir sagen, "wenn’s dir schlecht geht, komm zu mir, ich helfe dir", oder "wenn du mal alleine bist, ich bin immer für dich da", und das sind ja meistens nur leere Phrasen. Meistens ist es ja doch nicht so, außer die wahren Freunde natürlich, die sind dann wirklich für einen da. Und das wollte ich damit einfach ein bisschen entkräften.