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No-Go Deutschland

Der geordnete Rückzug vom Wahnsinn

Als wäre die WM nicht genug: Die Love Parade kommt zurück - und erweitert das Spektrum an "No-go-Areas". Eine Glosse

Deutschland ist gefährlich! Das ist nichts Neues, das brüllen uns die Medien seit Wochen entgegen. Sie wissen das, weil Uwe-Karsten Heye es behauptet hat, zumindest für Teile Brandenburgs und Berlins. Seitdem geben sich die Rechten wahrlich „elektrisiert“ und „außer Rand und Band“, schreibt der Spiegel . Sie schlagen alles zusammen, was keine blütenweiße Meister-Propper-Hautfarbe hat.

Dass man diese Gegenden zu meiden hat, gehört also mittlerweile zum Volkswissen. Doch es gibt noch andere „No-go-Areas“ in Deutschland, spätestens ab nächster Woche: Hamburg, Hannover, Berlin, Schalke, Dortmund, Köln, Kaiserslautern, Leipzig, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart und München. Hier werden sie einfallen, die Massen aus dem Ausland, um dem Sportereignis schlechthin beizuwohnen. Und wir Deutschen wurden zwar darauf getrimmt, als gutgelaunte Gastgeber aufzutreten. Aber können wir das überhaupt, wenn öffentliche Plätze und Verkehrsmittel vor Menschenmassen bersten? Manche von uns, zum Beispiel die massenerprobten Festival- und Jahrmarktgänger, mit Sicherheit. Andere, die schon vor dem ersten Tagesspiel ihren Körper zur Abstumpfung – genannt Vorfreude - mit mehreren Handvoll Hefeweizen gefüllt haben, wohl ebenso. Und der Rest? Die Klaustrophobiker und Menschenscheuen? Sie werden diese Orte nur zu gern meiden wollen.

Doch eine Flucht scheint ausgeschlossen. Flüge aus dem Land sind schon lange vor der Weltmeisterschaft nur noch schwer zu ergattern. Zudem: Will man sich genau dahin begeben, wo sie alle sind, die Ankömmlinge und Abflieger, auf die Flughäfen, die Autobahnen, die Bahnhöfe? Oh nein! Die Ruhigen unter uns werden sich lieber zurückziehen. Schlimm nur, dass uns die Fußballexperten, die Beckenbauers, die Kerners und die Wontorras auch im heimischen Exil nur so um die Ohren fliegen werden.

Doch damit nicht genug: Der überschaubare Wahn hat eine weitere Dimension bekommen. Bislang war die Hoffnung der Ruhebedürftigen, dass nach dem Endspiel am 9. Juli Schluss ist, dass irgendwann wieder ins öffentliche Leben stürzen kann. Doch was lesen wir nun? Die Love-Parade kommt zurück - eine knappe Woche nach dem Endspiel in der Hauptstadt.

Die war doch vor drei Jahren schon schlimm genug. So war es uns recht, dass sie zwecks mangelnder Finanzierung zwei Jahre lang zwangspausieren musste. Zum 15. Juli jedoch wird sich das Areal der „No-go-Area“ auf den Tiergarten ausweiten. Hier müssen alle Angst haben, nicht nur Nicht-Weiße und Langhaarige. Nicht vor der physischen Gewalt glatzköpfiger Schlägertrupps, sondern vor einer dauerhaften psychischen Schädigung.

Wer den Irrsinn mal live – und nicht vom sicheren Fernsehschirm aus – erlebt hat, wird darin mehr sehen als eine belustigende Karnevalsveranstaltung für Hängengebliebene und solche, die es werden wollen. Es ist ein Ereignis, das trotz der gut gemeinten Mottos à la „Weltliebe“ ein schreckliches Bild unserer Gesellschaft zeichnet. Menschen wie Gotthilf Fischer rennen auf Ecstasy rum, Pseudo-Spaßhaber wie Guido Westerwelle grinsen in die Kameras und ein Haufen zugedröhnter Nudisten kotzt und tanzt um die Wette.

Ist es nach all dem Wahnsinn nicht an der Zeit, eine neue Wertedebatte zu führen? Über die neue Bürgerlichkeit wurde ja schon viel geschrieben. Vielleicht sind einige von uns näher an einer Rückbesinnung auf moralisch-biedere Werte angelangt, als sie je vermutet hätten.

Oder liegt gerade darin das Problem: Mit dem Alter schwindet die Toleranz. Es bleibt nur ein Ausweg: der geordnete Rückzug. Sollen sie doch machen, was sie wollen, diese Irren. Ich brauche einfach einen Schrebergarten mit hohem Zaun und Wachhund, meine eigene „Go-Area“.


 
 



 

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