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Interview

Sophies Unterwelt

Die Schülerzeitung "Sophies Unterwelt" darf ihre Beiträge nicht selbst auswählen. Die Redaktion beklagt, dass private Schulen im Unterschied zu öffentlichen ihre Zeitungen kontrollieren. Vergeblich versucht sie, an der Schule die Pressefreiheit einzuführen. Der Zeitungsinitiator Nico Semsrott im Interview

Drei Dinge, die aus einer Schülerzeitung etwas Besonderes machen?

Nico Semsrott: Zuerst ist es die Freiheit, selbst zu gestalten und etwas Neues zu schaffen, was besonders im Umfeld Schule ein immens hohes Gut ist. Zweitens bringt Engagement mit Gleichgesinnten unheimlich viel Spaß und gibt einem viel mehr, als der Frontalunterricht es je könnte und drittens ist es die Möglichkeit, seine Neugierde auszuleben. Schülerzeitung machen ist einfach geil!

Deine ehemalige Schule möchte keine Inhalte in ihrer Schülerzeitung haben, die nicht vorher durch Lehrer kontrolliert wurden. Wieso das Misstrauen?

Bevor es zur Gründung der unabhängigen Schülerzeitung an unserer Schule kam, wurde auch die von einem Lehrer geleitet. Der wollte bestimmte Artikel gegen unseren Willen aufnehmen und drohte uns Schülern, die Veröffentlichung der Ausgabe durch die Schulleitung zu untersagen, falls wir seinem Wunsch nicht nachkämen. Wir wollten uns nicht bevormunden lassen und machten deshalb unser eigenes Ding.

Das Misstrauen der Schulleitung kommt denke ich aus einer großen Unsicherheit heraus. Den Verantwortlichen mangelt es an Selbstvertrauen. Zensoren haben immer Angst und müssen diese Schwäche durch eine vermeintliche Demonstration von Stärke überdecken, wie zum Beispiel mit der Androhung von Schulrauswurf in unserem Fall.

Meinst du es gibt gar keine inhaltliche Motivation dahinter? Was wolltet ihr denn da nicht veröffentlichen vonseiten der Schule?

Es war nur ungewohnt und unangenehm, dass wir uns nicht mehr von einem Lehrer beobachten lassen wollten. Vielleicht war das auch ein bisschen verdächtig. Vielleicht hielt die Schulleitung uns Schüler für unfähig, Pressegesetze einzuhalten und wollte verhindern, dass sich Lehrer angegriffen und beleidigt fühlen? Vielleicht wollte sie potentielle Rufschädigung ihrer Privatschule vermeiden? Die Schulleitung hat mir nie ihre Beweggründe persönlich verraten.

Nach dem Verbot, das ja noch vor unserer ersten Ausgabe über uns ausgesprochen wurde, ging es dann ständig um die Frage: Wer hat jetzt Recht? Unsere Schulleitung hat schließlich Recht geschaffen und dafür gesorgt, dass der Zensur-Paragraph in die katholische Rahmenschulordnung aufgenommen wurde.

Der Konflikt hat sich ja interessanterweise nicht einmal an Inhalten entzündet, sondern an Prinzipien. Der Inhalt stand zwischen Lehrer und uns auch gar nicht zur Debatte. Der Artikel eines Mitschülers, der gegen den Willen der Redaktion aufgenommen werden sollte, war aus unserer Sicht einfach stilistisch schwach. Der Lehrer wollte jedem Redakteur die Chance geben und Verletzungen vermeiden, wir erhoben dagegen den Anspruch auf Qualität. Es stellte sich grundsätzlich die Frage, wer im Zweifelsfall das letzte Wort hat: Der Lehrer oder die Schülermehrheit?

War die Auseinandersetzung vielleicht grundsätzlich persönlich und interessierte deswegen nicht alle anderen?

Die Auseinandersetzung um die Schülerzeitung war von Anfang an persönlich, von beiden Seiten, das haben auch alle Beobachter bemerkt. Aber das war nicht der Grund, warum die meisten Schüler passiv blieben. Das Problem war ein grundsätzliches und hätte eigentlich jeden interessieren müssen: Die Schüler waren zwar nicht überglücklich mit der Schule, aber doch ziemlich zufrieden. Außerdem engagierten sie sich deshalb nicht, weil sie genau wussten, dass sie keine Veränderungen herbeiführen konnten. Das letzte Wort hatte die Schulleitung und die machte das, was sie wollte. Im Prinzip war das Politikverdrossenheit im Kleinformat. Deswegen fand ich die Reaktion der Schulleitung umso fataler.

Glaubst du an einen vorprogrammierten Polarisierungseffekt zwischen katholischem Umfeld und Selbstverwirklichung?

Diese Polarisierung hat nicht so sehr mit einem katholischen Umfeld im Speziellen zu tun. Es tritt vielmehr grundsätzlich ein Spannungsfeld auf, wenn jemand aus seiner konservativ-traditionellen Umgebung - und da ist es egal, ob sie muslimisch, katholisch oder linkskonservativ geprägt ist - ausbrechen möchte und seine eigenen Ideen umsetzen möchte. Trotzdem kann man das finde ich gut am Beispiel des katholisch geprägten Bayerns beobachten, dass die Schülervertretung, also die "Selbstverwirklicher", dort am aktivsten sind, wo sie am meisten in ihren Rechten beschnitten und behindert werden. Je stärker die Ablehnung gegenüber einer Abweichung, desto stärker ist auch die Reaktion der Abweichenden.

Eure Zeitung ist inhaltlich top, erster Platz im Schülerzeitungswettbewerb Hamburg 2005, zweiter 2006. Ausschließlich dank eurer politischen Forderungen - hat euch das groß gemacht?

Ich könnte mir vorstellen, dass es bei der Jury ganz gut ankam, dass wir uns ziemlich fair und trotzdem mit Humor für unsere Sache eingesetzt haben.

Zur Nachhaltigkeit der Aktion: Ihr habt eine Petition gegen "Schülerzeitungszensur an Hamburger Privatschulen" online gestellt. Was erwartest du dir davon?

Wir hoffen, mit einer möglichst erfolgreichen Petition die Verantwortlichen der katholischen Kirche in Hamburg zum Nachdenken zu bringen. Außerdem wollen wir darauf aufmerksam machen, dass Zensur immer ein aktuelles Thema bleibt, auch wenn es sich wie in unserem Fall "nur" um eine vermeintliche unwichtige Schülerzeitung handelte. Freiheitsrechte müssen immer wieder erstritten werden.

Wie passt das Ausmaß der Zensur eurer Schule zur globalen Pressefreiheit? Kann man den Vergleich wirklich machen?

Es ist natürlich ein Unterschied, ob man um sein Leben fürchten muss, oder nur einen Knacks in der Schulkarriere riskiert. Auch wenn eine Gefährdung des Lebens nicht gegeben war, beeinflusst einen der Druck von außen natürlich schon. Bei uns hat es innerredaktionell ziemlich oft gekracht und wir standen nicht nur einmal kurz vor der Auflösung. Der psychische Druck ist einfach da. Zensur ist Unrecht. Und nur weil ein Unrecht in einem kleineren Rahmen passiert ist, ist es ja nicht weniger schlimm. Deswegen sind die Parallelen für mich auf jeden Fall gegeben.

Die Zensur wird in Zukunft auch in der westlichen Welt wieder stärker zunehmen, allerdings nicht durch staatliche Institutionen, sondern durch wirtschaftliche Abhängigkeiten und die Schere im Kopf. Die Frage lautet: "Darf ich das Unternehmen wirklich kritisieren oder kündigt es mir dann die Freundschaft?" Die meisten Medieninstitutionen decken ihre Kosten hauptsächlich durch Werbeeinnahmen und sind leider ziemlich stark an ihre Anzeigenpartner gebunden. Das sehe ich als große Gefahr für die Meinungsfreiheit und die Demokratie an.

Danke für das Interview!

Die Petition ist unter www.sophiesunterwelt.de abrufbar


 
 



 

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