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Die ganze Welt im Wohnzimmer

Die Hamburger Band My War würde vermutlich auch Musik zusammen machen, wenn niemand sonst sie hören wollte. Denn das ist alles, was zählt: die Sache, die Freunde. "We're in this together", gewissermaßen

Man sollte sich selbst einen Gefallen tun und die zahlreichen Mythen, die die Jungs und Mädchen von My War um sich streuen, nicht alle für bare Münze nehmen. Dass ihr Bandname sich beispielsweise aus den Initialen der letzten sechs Bürgermeister der finnischen Stadt Haakkijärvi ergibt oder dass Gitarrist und Sänger Cornelius auf Grund politischer Verfolgung nach Greifswald auswandern musste.

Richtig ist, dass sich das Septett, bestehend aus Cornelius von Tiedemann, Schlagzeugerin Jil Hesse, Johannes Huhmann, Leif Gütschow, Nils Frahm, einem Mann mit dem obskuren Namen Zentner von Wittmann III. sowie dem Neuzugang, Bassist Adrian Adam aus Liverpool, nach dem gleichnamigen Album der schwedischen Indie-Band The Bear Quartet benannte. Schweden also, nicht Finnland. Richtig ist tatsächlich auch, dass sich die Band an einem Dienstag im September 2001 gründete, jenem Dienstag, nach dem nichts mehr so sein sollte, wie zuvor. Wenige Stunden, nachdem die Türme in sich zusammenstürzten, fand die erste Probe statt. In einer WG in Hamburg-Hamm haben Johannes, ebenfalls Gitarrist und Sänger, Keyboarder Nils und Frederic, der das Artwork der ersten EP "Eins Zwei Drei Of The Tiger" kreierte und ihr erstes Video schnitt, für zwei Jahre zusammen gewohnt. "Sozusagen das Wohnzimmer des Proberaums", wie die Band erläutert. "Hier wurden alle unsere Aufnahmen postproduziert, Artworks gemacht, im Keller das Video zu ‚Magic Superpunk’ gedreht und bei Rotwein Adriano-Celentano-Filme geguckt." Das "Hammer Versteck" wie sie ihre heimliche Bleibe nannten. Klingt subversiv. Klingt nach mehr als einer Rockband, klingt nach Kommune, mindestens aber nach sechs Freunden, die eine gute Zeit haben. "Gute Freunde, die Zeit haben", korrigiert mich Cornelius. Und Zentner von Wittmann III. wiegelt ab: "Ich finde Rockbands doof. So ’n blödes verschworenes Jungsding. Rockbands stinken nach ehrlichem Muckerschweiß. Find ich eklig. Von Kollektiven zu sprechen ... kann man machen, muss man aber nicht. Wir fließen halt so durcheinander, aneinander vorbei, gelegentlich auch miteinander. Wir haben eine große gemeinsame Basis, die funktioniert."

My War spielen Indie-Rock, soviel steht fest. Der Pop allerdings lauert unter der unebenen Oberfläche, überraschend hartnäckig halten sich ihre Songs im Gehörgang, auch wenn man es selbst anfangs kaum für möglich hält. "Ich habe Indie nie als Musikrichtung begriffen. Ich hab auch nie nur Gitarrenmusik gehört. Aber natürlich haben wir viel mit Dingen zu tun, die unter dem Label ‚Indie’ laufen, sei es musikalisch, sei es kulturell", versucht Zentner eine Standortbestimmung. "Ich finde, an dem Begriff ‚Indie’ klebt so eine eklige Authentizitätskonnotation und Blickfeldeinschränkung; nein, wir wollen nicht authentisch sein. Vielleicht sind wir aber auch Indie, im besten, ursprünglichsten Sinne. Dieser ganze DIY-Kram, das ist ja eigentlich, was indie ist." Sie singen mal auf deutsch, mal auf englisch – je nachdem, was der Song gerade verlangt. Johannes, Cornelius oder Zentner teilen sich den Gesang untereinander auf. Die Texte: hermetisch abgeriegelte Feststellungen. "Das ist nicht irgendwas, was da vom Himmel fällt, das ist Gott sein Koks", heißt es beispielsweise im "Gegenkönig". Oder in "Palace of Dallas": "Du bist Telly Savalas mit güldenem Bumerang und gnostischer Glemme mit geweihter Beretta aus Sukos Kaschemme". Cliquencodes, Band-Jargon, Insider-Gags – für Außenstehende eine kleine Referenzhölle. "Die Texte sagen immer das aus, was man aus ihnen heraus versteht, das ist nicht nur bei uns so, sondern bei jedem Text", erklärt Zentner. "Bei '1, 2, 3 of the Tiger' sehe ich überhaupt kein Problem. Hier wird zwar auch mit zahlreichen kulturellen Zeichen gespielt, und, klar, es sind auch ein paar beabsichtigte Referenzen darin. Allerdings ist der Text auch ohne deren Aufdecken schlüssig."

Immer wieder hat es einzelne Bandmitglieder in die Welt hinaus verschlagen, zum Studium nach Greifswald, nach Manchester. Zentner ging nach Portugal. Immer wieder kamen sie zurück und kreisten als Satelliten um den Fixstern My War. "Jemand geht weg und kommt mit 'ner Menge Strandgut wieder. Wir hatten fast immer das Glück, die Lücken zu schließen mit Leuten, die halt ähnlich ticken." "Nein, nicht zu schließen", verbessert er sich selbst. "Bislang ist noch jeder zurückgekehrt, und es wurde immer noch geiler." Eine Band, das ist halt im besten Fall auch irgendwie eine Bande.

Website: www.my-war.de
E-Mail: johannes@my-war.de


 
 



 

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