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Gefühlslupe

Fiese Frisur

"Lass mich mal machen", waren die letzten Worte, die ich von meinem Frisör vernahm

Das Unbehagen sitzt überall. In meinen Haarspitzen, die nass verstrubbelt vom Kopf abstehen. In meinen Fingern, die ich unterm Friseurumhang knete. In meinem Blick, den ich interessiert, irritiert umher gleiten lasse. In meinen Lippen, die ich zu einem Lächeln verziehe, das entspannte Teilnahme zeigt. Dabei möchte ich am liebsten meinen Mund aufmachen und laut sprechen: „Ich wäre jetzt gerne unsichtbar.“ Ich bin nämlich gerade beim Friseur. Das ist im Grunde nichts wirklich Dramatisches, erzeugt bei mir nur einen dieser Gefühlszustände, auf die ich locker verzichten könnte im Alltag: das fies-friseurtypische Unwohlsein.

Es fängt beim Haarewaschen an. Es ist schlicht und ergreifend demütigend, mit tropfnassem Kopf durch einen Laden zu tappen. Je szeniger eine Friseur-Location, umso schlimmer das alles, finde ich. Ultraszenige Friseurläden wollen, dass man sich wohlfühlt, dabei fühlen sich die ultraszenigen Friseure am wohlsten, wenn man so vermeintlich flippig drauf ist, wie sie selbst, und ist man das nicht, sind sie bemüht, dass man bald so drauf ist und aussieht, und deshalb fühlt man sich nicht wohl. In meiner Stadt gibt es einen Friseur im verkifften 70er-Jahre-Stil mit Plastikvorhängen im Prilblümchen-Look und knallbunt klimpernden Kettenelementen. Mit chilliger Dance-Trance-Lounge-Musik, die aus der meist geöffneten Ladentür schlendert. Egal, was die betont coolen Kunden drinnen gerade an sich machen lassen, zwischendurch gehen sie immer superlässig eine rauchen. Und zwar draußen. Auf der Straße. Mitten in der belebten Fußgängerzone. Mit Alufolie auf dem Kopf, denn sie lassen sich ja gerade Foliensträhnchen färben und sehen aus wie zugereiste Männchen vom Mars. Oder mit einem bunten Beet aus Lockenwicklern, die das Gesicht einrahmen, denn sie lassen sich ja gerade Dauerwellen drehen. Und rauchen trotzdem eine draußen, ohne Scheu, sich jedermann zu zeigen. Na und? Hey. Das Outing in unförmigen Umhängen und Hausfrauen-Handtuch-Look, das hat so eine sexy Scheiß-drauf-Attitüde, das ist nicht nur easy, sondern in gewisser Weise kultig. Scheinen sie zu sagen.

„Du, die Haare sind aber – kaputt“

Ich sehe das ja nicht so. Wenn ich zum Friseur gehe, möchte ich die Prozedur so schnell wie möglich hinter mich bringen und mich am liebsten verstecken dabei. Denn die Demütigung wird nicht besser, wenn die Friseurin einem die Haare halbtrocken gerubbelt hat: Im Anschluss folgt der böse Kamm, der den nassen Schopf entwirrt, damit beginnt für mich der Teil, der am schlimmsten ist am ganzen Besuch. „Du, die sind aber – kaputt“, zwitschert Britta, Nadine oder Gabi, während sie mit spitzen Fingern ziept und zuppelt. „Waren die denn immer schon so – dünn?“

Wenn Haare wirklich so dünn und so kaputt sind, muss man dann auch noch darüber reden? Ich meine, Friseurinnen, die sowas thematisieren, können sich doch denken, dass Mädchen, die dünne, kaputte Haare haben, nicht besonders stolz sind darauf. Aber trotzdem nötigen sie einen, sich damit auseinanderzusetzen. „Meine Haare sind ein bisschen kaputt, ja, deshalb gehe ich jetzt auch zum Friseur und lasse mir die Spitzen schneiden“, zirpe ich immer latent genervt: „Ja, meine Haare sind dünn, und ja, die waren auch schon immer so, aber bitte auf GAR keinen Fall toupieren, denn wenn ich eines hasse, sind es toupierte Haare. Ja?“

„Und jetzt vielleicht noch ein bisschen – toupieren?“

Nun ja. Wenn sie nicht ganz blond ist, versteht und unterlässt sie das von mir Verpönte. Wobei ich übrigens absolut nichts gegen Blond habe. Eine Haarfarbe, die ich einem früheren Unfall verdanke, auch wieder bei so einem Szene-Friseur. Der Typ erklärte mir, er könne sich „voll gut“ einen Mix aus Honig und Rot vorstellen, über meine dunkelblonden Haare gekippt. „Lass mich mal machen“, waren die letzten Worte, die ich von ihm vernahm. Einige Zeit später wedelte er mir - „voilà!“ - mit Schwung das Handtuch vom Kopf. Das Lächeln rann mir vom Gesicht wie Wasser von der Wetterjacke.

Mittlerweile habe ich mich an das Blond gewöhnt, das anfänglich indiskutable Gelb durch Silber aufgefangen. Jetzt liebe ich meine blonden Haare. Als Blondine kommt man viel besser durchs Leben: Wenn man unterschätzt wird, hat man die großartige Möglichkeit, andere mit einer Persönlichkeit zu überraschen, die gar nicht mehr mit einer solchen gerechnet haben. Wirkt dann umso nachhaltiger. Hab ich nur meinem Friseur zu verdanken. Aber söhnt mich das aus mit seiner Zunft? Nein. Denn man sieht anschließend nie so aus, wie man aussehen will, auch wenn es anfänglich gut läuft. Wie heute. Ich teste gerade einen neuen Friseur, ein kleiner Laden, nette Leute, eine witzige Einrichtung mit Weihnachtsbaum in schrägem Pink und Discokugeln. Aus den Lautsprechern das neue Album von Madonna, aber vor allem: eine Friseurin, die keinen Piep über meine Haare macht. Schneiden. Färben. Föhnen. Fertig. Sie lächelt mich im Spiegel an. „Und jetzt vielleicht noch ein bisschen – toupieren?“. Ehe ich was sagen kann, hantiert sie drauflos. Zähneknirschend, aber hoch erhobenen Hauptes verlasse ich den Laden. Klaube einige Meter weiter das Strickmonster aus meiner Manteltasche, das ich sonst eher selten überstreife. Nie war die Wollmütze so wertvoll, wie heute.


 
 



 

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