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Schule

Islam auf dem Plan

Seit den 90er Jahren streiten islamische Verbände und die nordrhein-westfälische Regierung über die Einführung von islamischem Religionsunterricht an den Schulen. Die schwarz-gelbe Landesregierung will neuen Schwung in die Debatte bringen

„Auch im Islam gibt es Engel“, erklärt Duran Terzi seinen Sechstklässlern an der Dieter-Forte-Gesamtschule in Düsseldorf. Eifrig notieren sich die 20 muslimischen Schülerinnen und Schüler die Aufgaben der Engel. Seit 1999 wird muslimischen Kindern in NRW im Rahmen eines Schulversuches das Fach „Islamische Unterweisung“ angeboten.

Voraussetzung für das Fach ist, dass es auf Deutsch und von in Deutschland ausgebildeten Lehrkräften unterrichtet wird. Im Curriculum ist festgeschrieben, dass neben religiösen Inhalten auch anderer Lehrstoff dran kommt: andere Religionen genau so wie die Auseinandersetzung mit Themen wie Krieg und Frieden, die Bedeutung der Religion für eine Gesellschaft genau so wie der Umgang mit Frauen, mit Drogen, mit weltweiter Verantwortung. Der in Deutschland geborene Islamwissenschaftler Duran Terzi glaubt, dass der Unterricht seinen Schülerinnen und Schülern bei der Persönlichkeitsentwicklung hilft. „Ich finde es wichtig, dass die Kinder auf Deutsch etwas über ihre und auch andere Glaubensrichtungen lernen. So können sie den Islam auch verstehen und erklären. Das stärkt das Selbstbewusstsein, baut Ängste auf beiden Seiten ab und ist gut für die Transparenz“, sagt er.

Bislang gibt es keine Abmeldungen

Auch in Niedersachsen und Bayern gibt es dieses Angebot, bundesweit Vorreiter ist NRW. Von den über 280.000 muslimischen Kindern, die hier eine Schule besuchen, haben rund 8.000 an über 120 Schulen die Gelegenheit, im Rahmen des Schulversuchs am Islamunterricht teilzunehmen. „Die Akzeptanz des Faches Islamische Unterweisung liegt bei Eltern und Kindern bei 85 Prozent. Wir haben bislang keine Abmeldungen“, sagt Ministerialrat Klaus Spenlen vom nordrhein-westfälischen Schulministerium. Evaluationen der Universität Bochum haben ergeben, dass die Kinder, die am Schulversuch teilnehmen, sogar besser Deutsch sprechen als ihre muslimischen Altersgenossen.

Dabei will die neue Landesregierung es aber nicht bewenden lassen und flächendeckend „regulären“ Religionsunterricht für alle muslimischen Kinder und Jugendlichen von der Grundschule bis zur 10. Klasse einführen. Regulärer Islamunterricht, das bedeutet: in deutscher Sprache, von der Glaubensgemeinschaft über Lehrpläne mitgestaltet und mit einem Glaubensbekenntnis. Armin Laschet, der bundesweit erste und einzige Integrationsminister, macht sich dafür stark: "In NRW hat inzwischen jeder Vierte eine Zuwanderungsgeschichte. Zu gelungener Integration gehört auch, dass islamischer Religionsunterricht als reguläres Schulfach angeboten wird.“ Bereits 1997 hatte die damalige nordrhein-westfälische Schulministerin Gabriele Behler bei einem Türkeibesuch mit dem Bildungsminister Gespräche darüber geführt. Beide Politiker hatten ihre Absicht bekundet, einen solchen Unterricht einzuführen.

Gescheitert ist die Einführung des regulären Unterrichts bislang unter anderem daran, dass die vier größten islamischen Verbände keinen zentralen Ansprechpartner benannt haben. Ohne eine klare Mitgliederstruktur – wie beispielsweise bei den Kirchen – und einen eindeutig demokratisch organisieren Dachverband tun sich die Gerichte schwer, die einzelnen Gruppen als Glaubensgemeinschaft anzuerkennen. Und nur eine solche hat nach Artikel 7 des Grundgesetzes Anspruch auf Religionsunterricht in der Schule. Als zwei der Organisationen, der Zentralrat der Muslime (ZMD) und der Islamrat, auf Verletzung ihres Rechtsanspruchs klagten, wies das Bundesverwaltungsgericht die Klage Anfang des Jahres auch mit der Begründung ab, bei den beiden Dachverbänden handele es sich nicht um Religionsgemeinschaften sondern um politische Organisationen.

“Der Unterricht wäre eine Anerkennung und Integration läuft über Anerkennung“

Und tatsächlich will sich der größte Verband, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), wegen „unterschiedlicher Ansichten“ nicht mit den anderen an einen Tisch setzen. Er ist abhängig vom Präsidium für Religionsangelegenheiten der Türkischen Republik (DIB), das wiederum dem türkischen Ministerpräsidenten unterstellt ist, und vertritt nach eigenen Angaben etwa 70 Prozent der Muslime in Deutschland. ZMD, Islamrat und der Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) sind kleinere Organisationen, haben aber etliche Unterverbände, die teilweise vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Sie vertreten nach eigenen Angaben etwa 15 Prozent der Muslime. CDU-Integrations-Minister Armin Laschet will sich weiter um einen zentralen Ansprechpartner bemühen und hat erste Gespräche mit der DITIB geführt.

Die Verbände-Debatte hält Erol Pürlü, Öffentlichkeitsreferent beim VIKZ, für eine Scheindebatte. „Auch, wenn wir anders organisiert sind als die christlichen Verbände, sind wir bereit, zu kooperieren. Durch die Strukturdebatte wird alles blockiert.“ „Wir sind für den regulären deutschen Islamunterricht, wenn die Glaubensgemeinschaft mit eingebunden wird.“ Mounir Azzaoui, Pressesprecher des ZMD, ist ebenfalls für den regulären Religionsunterricht. Den NRW-Schulversuch sieht er genau so wie die anderen islamischen Verbände kritisch: Zu sehr sei das Curriculum auf Konfliktthemen ausgerichtet, zum Beispiel das Tragen des Kopftuches, es gebe fundamentale Unterschiede zu einem Religionsunterricht mit Glaubensbekenntnis. „Wenn es regulären Unterricht gäbe, könnten wir in den Moscheen Eltern und Kinder ganz anders motivieren, das Fach zu akzeptieren“, sagt er. Auch der Islamrat hofft auf eine baldige Einführung des Unterrichts. „Wir haben lange genug gewartet, leben fast ein halbes Jahrhundert hier. Der Unterricht wäre eine Anerkennung und Integration läuft über Anerkennung“, sagt der Vorsitzende Ali Kizilkaya.

1250 Lehrer wären nötig

Im Düsseldorfer Schulministerium geht man nicht von einer schnellen Einigung aus. Die Verbände müssten beweisen, dass sie an Integration interessiert seien und nicht nur an reiner Glaubensvermittlung. Gesprächsbereitschaft, so Spenlen, bestehe in jedem Fall: „Wir bemühen uns, den Prozess in Gang zu halten, denn ein Stillstand wäre fatal.“

Selbst wenn eine Einigung schnell vonstatten ginge, gäbe es auf anderer Ebene Probleme mit der Einführung des Faches: 1250 Lehrkräfte wären nötig, wenn alle muslimischen Kinder und Jugendlichen in NRW Religionsunterricht bekommen würden. „In NRW werden zurzeit etwa sechs bis acht Islamwissenschaftler pro Jahr examiniert und davon wollen nicht alle in die Schule“, sagt Spenlen. „Außerdem brauchen wir mehr Lehrstühle oder Ausbildungsinstitute.“ Zurzeit gibt es in Münster den einzigen deutschen Lehrstuhl, an dem Lehrer für dieses Fach ausgebildet werden können. Selbst eine Ausweitung des mit etwa vier Millionen Euro bezuschussten Schulversuchs wäre wegen Lehrermangels nicht möglich.

An der Dieter-Forte-Gesamtschule in Düsseldorf gehen die muslimischen Schülerinnen und Schüler wieder in ihre Klassen zurück. Die 12-jährige Sofia aus Marokko ist zufrieden mit ihrem Unterricht. „Am Wochenende gehen wir in die Koranschule und in die Moschee, aber dort lernen wir auf Arabisch“, sagt sie. „Aber Deutsch finde ich besser.“


 
 



 

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