Drei Kampfsport-Fans und ein Nachwuchsregisseur aus Stuttgart verwirklichten einen gemeinsamen Traum: Sie drehten den ersten Kung-Fu-Streifen Deutschlands. Nicht ohne Hindernisse
Von Juliane Dreyer
Als Volkram Zschiesche, Christian Monz und Mathis Landwehr während der Schulzeit anfingen, zusammen Kampfsportunterricht bei dem vietnamesischen Meister Thach im Tu-Thân zu nehmen, dachte noch keiner der drei Stuttgarter an die Filmerei. Eines Nachts jedoch, nach jahrelangem harten Training, kam die Idee: Wie wär’s, wenn wir Kung-Fu-Filme á la Jackie Chan machen? Zusammen mit dem befreundeten Johannes Jaeger als Regisseur und Drehbuchautor drehten sie daraufhin zwei erfolgreiche Kurzfilme, Kampfansage 1 und 2. Und dann kam überraschend das Angebot, von dem die Nachwuchstalente schon immer geträumt hatten.
Johannes arbeitete zu der Zeit als freier Mitarbeiter in der Stoffentwicklung der Produktionsfirma Action Concept ("Der Clown"). "Ich habe meiner Kontaktperson dort einfach den letzten Kurzfilm geschickt und sie fanden ihn toll", erzählt Johannes. Action Concept war sogar so begeistert, dass sie den Jungs prompt ein Angebot für einen Kinofilm machten. Daraufhin zog zunächst der Nachwuchsregisseur nach Köln, um zusammen mit der Produktionsfirma ein Konzept auszuarbeiten.
Das Problem mit der Schauspielerei
Als die E-Mail mit der Neuigkeit auch Mathis und Christian erreichte, saßen diese gerade in einem kleinen Dorf in der Nähe von Hongkong. "Wir waren total aus dem Häuschen. Uns blieben zwar noch zwei Monate bis zu unserer Rückkehr nach Deutschland, aber wenn wir wiederkommen, dachten wir, dann machen wir deutsche Filmgeschichte!"
So einfach, wie die beiden sich das in diesem Moment vorgestellt hatten, war es dann aber doch nicht. "Das besondere an Martial-Arts-Filmen ist, dass die Schauspieler die Action selber machen und nicht irgendein Doppelgänger. Das Problem war also, dass wir uns zwar super bewegen konnten, von Schauspielerei aber fast gar keine Ahnung hatten", erklärt Christian. Johannes überzeugte Action Concept jedoch vom Können seiner Freunde und so zogen im Sommer 2002 auch Mathis, Volkram und Christian für die Produktionsvorbereitungen nach Köln. Es folgten zwölf harte Monate, in denen die drei zukünftigen Darsteller hart trainierten und intensiven Schauspielunterricht nahmen. Johannes arbeitete währenddessen zusammen mit der Stoffentwicklungsabteilung am Drehbuch. "Der Kritikdruck durch Action Concept war extrem hoch. Deshalb habe ich sehr viele verschiedene Fassungen geschrieben, wieder geändert und teilweise komplett über den Haufen geworfen", erzählt Johannes.
Ohne Geld kein Film
Als dann endlich ein für beide Seiten zufriedenstellendes Drehbuch auf dem Tisch lag, kam der Schock: Der Co-Produzent des Filmes, RTL, sprang überraschend ab. Ohne Geld sahen die Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss des Projekts natürlich schlecht aus. Hermann Joha, Geschäftsführer von Action Concept, bot den jungen Filmemachern die einzige und letzte Chance: Die Finanzierung des Streifens aus der Firmenkasse.
Das bedeutete für die Produktion eine Verringerung des Budgets auf 300.000 Euro und die Erstellung eines neuen Drehbuchs. Das alte ließ sich mit den geringeren finanziellen Mitteln nicht verwirklichen. Der Drehtermin drängte bereits, und so wurde innerhalb weniger Wochen alles komplett erneuert, woran die Stuttgarter über ein Jahr gearbeitet hatten: Johannes schrieb in Akkordarbeit ein neues Drehbuch, Christian und die anderen Darsteller studierten neue Choreografien und Stunts ein.
Aus Leidenschaft für eine Idee
Im Herbst 2003 ging es dann endlich zum 40-tägigen Dreh nach Berlin. "Das gesamte Team von etwa 100 Leuten arbeitete komplett umsonst. Sie haben alle nur aus Leidenschaft für diese Idee ihr Herzblut in den Film gesteckt", erinnert sich Christian. Nach dem Drehende Mitte Oktober trennten sich die Wege der Stuttgarter. Christian ging arbeiten, Volkram auf eine Schauspielschule, Mathis wurde von Action Concept angestellt und Johannes beteiligte sich an der Postproduktion von Kampfansage. Christian: "Das ganze Kampfansage-Projekt hat uns über Jahre zusammengeschweißt. Als wir unsere Zelte dann nach dem Dreh in Berlin abgebrochen haben, da war das nicht nur ein Abschied von der Stadt."
Erst im Januar diesen Jahres ist Kampfansage aus der Postproduktion gekommen. Leider steht immer noch nicht fest, wann der Film auf DVD erscheint oder ob er ins Kino kommt. "Unser Film hätte eine neue Welle in Deutschland auslösen können", seufzt Christian. Johannes hingegen ist optimistisch: "Dafür, dass es so viele Komplikationen gab, ist es ein Wunder, dass der Film überhaupt zustande gekommen ist. Und das war nur möglich, weil wir alle nie den Glauben daran aufgegeben haben. Wir haben von Anfang an gemerkt, das ist unser Ding, das wollen wir machen." Und deshalb arbeitet Johannes bereits an einer Idee für den nächsten Kung-Fu-Film Made in Germany, bei dem das eingeschworene Team wieder seiner Leidenschaft nachgehen kann.