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Islam

Zeit der Kompromisse

Wir befinden uns im Fastenmonat Ramadan, einem der zentralsten Daten im Kalender jedes Muslims. Die wenigsten Deutschen nehmen das bewusst wahr. Für Habiba und Amal, zwei junge deutsche Muslime, bedeutet das, immer wieder aufs Neue einen Spagat zu versuchen: Die eigene Tradition zu wahren und sich zu integrieren


Kurz: Habiba studiert Physik an der Uni Hamburg. Sie geht oft weg, trinkt auch mal zuviel und mag es rockig. Noch kürzer: Habiba ist eine ganz normale Deutsche. Ihre tunesischen Wurzeln kennt sie, aber gelebt hat sie nie dort. Bis vor zwei Jahren hat Habiba einmal im Jahr gefastet. Im vergangenen Jahr musste sie sich dann entscheiden: Faste ich weiter nach den Geboten des Koran oder lerne ich für meine Klausuren an der Uni? Beides zusammen ging nicht. "Man kann nicht den ganzen Tag in der Bibliothek lernen und dabei nichts trinken." Sie brach die Tradition. In Tunesien gibt es keine Prüfungen im Ramadan. Auch die Arbeitszeiten sind auf die verknappte Nahrungseinnahme eingestellt. Keiner würde dort auf die Idee kommen, einen Muslim vom Fasten abzuhalten. In Deutschland ist das schwieriger. Wie arbeiten, ohne zu essen? Habiba musste Kompromisse eingehen. Sie raucht und trinkt nicht während der Fastenzeit. Schwer zu vereinbaren mit dem Leben einer Rockerin. Den Sinn des Brauchs sieht sie daher trotzdem erfüllt: "Das Tolle am Ramadan ist, dass man sich von Zwängen lösen kann, denen man sonst ausgesetzt ist".

In Tunesien und in den vielen anderen überwiegend islamischen Staaten ist der Fastenmonat eine besondere Zeit. Der Monat wandert abhängig vom islamischen Mondkalender nach hinten. Tagsüber essen und trinken die Menschen nichts. Sie sollen sich so ganz auf ihre Arbeit, sich selbst, ihre Mitmenschen und das Gebet konzentrieren. "Der Monat Ramadan ist es, in dem der Koran als Rechtleitung für die Menschen herab gesandt worden ist. Wer also von euch in dem Monat zugegen ist, der soll in ihm fasten." So steht es im Koran Sure 1, Aya 185. In Deutschland ist der Ramadan nicht nur gesellschaftlich, sondern auch körperlich eine echte Herausforderung: "Wenn er im Spätsommer stattfand, war es verdammt hart, tagsüber kein Wasser zu sich nehmen", erinnert sich Habiba.

Denn erst wenn die Sonne untergegangen ist, ist es erlaubt zu essen und zu trinken. Traditionell trifft man sich in der Familie und zelebriert das Essen. Habiba erinnert sich gern an diese Momente. "Meine Mutter hatte schon immer alles vorbereitet, alle waren hungrig vom Tag. Es ist unglaublich schön, die Befriedigung des Hungers zu teilen." Auch nachdem sie bei ihren Eltern ausgezogen war, fastete sie noch. Bis die Uniklausuren kamen. So wie auch Amal. Der Physikstudent kam aus dem Libanon. Für ihn war das Fasten früher eine Selbstverständlichkeit. Mit 21 Jahren kam er nach Deutschland und hielt hier die Tradition aufrecht. Auch er findet es schwerer, in Deutschland zu fasten. Denn das gesellschaftliche Event in der Familie oder im Dorf gibt es hier nicht. Zumindest für ihn nicht, weil er allein hierher kam. Nun ist Amal 29. Er beschäftigt sich viel mit dem Islam, dem Koran und den arabischen Traditionen. Trotzdem hat er in diesem Jahr das Fasten nach zwei Tagen abgebrochen, weil er lernen musste. Nun sitzt er mit Habiba im Café. Sie trinken Cappuccino und Latte Macchiato. Wir essen Pommes mit Mayo. Ist das okay? Beide lächeln: "Ist okay."

Logisch, wir sprechen nicht nur über den Ramadan. Amal und Habiba wollen über das Verhältnis von Islam und dem Westen reden. Vieles hat sich in letzter Zeit verändert, beide merken das. Amal selbst wurde nach den Terroranschlägen von New York im Rahmen der Rasterfahndung von der Polizei vorgeladen. Dennoch ist er nicht verbittert: "Es war ein sehr höfliches Gespräch", sagt er. "Da war alles korrekt." Wie sollte man gegen Terroristen vorgehen? "Den Radikalen gegenüber darf man nicht nachgiebig sein", sagt Amal. Als vor einigen Wochen die Polizei in Hamburg ihren größten Einsatz in der Nachkriegsgeschichte startete, weil jemand angezeigt hatte, das drei Araber sich über ihren morgigen Märtyrertod unterhalten hätten, war Amal dafür: "Ihr dürft nicht nachlassen. Die Gefahr ist da."

Doch beide sind sich einig: Die Konflikte bestehen nicht zwischen Christen und Muslimen, sondern zwischen Aufgeklärten und Vorurteilsbeladenen. Die nächste Frage ist schwer zu stellen: Wie sieht es in den Moscheen aus? Seht ihr sie dort, die Hassprediger aus den Nachrichten? "Ich geh da nicht hin. Die leben wie im Mittelalter", meint Habiba. Auch Amal schüttelt den Kopf. Viele hätten leider die positiven Entwicklungen in ihren Heimatländern nicht mitgemacht, weil sie seit über dreißig Jahren abgekapselt hier leben. Fundamentalisten, meint Amal, "sind kranke Menschen." So wie es in Deutschland Nazis gibt, die sich auf Hitler beziehen, gäbe es Menschen aus Arabien, die aus dem "Heiligen Krieg" einen Kampf gegen den Westen machen.

Das Zusammenleben der Religionen fordert mehr Wissen übereinander, meint Habiba: "Ausländer müssen die deutsche Sprache lernen", fordert sie. Aber auch Christen sollten sich in der Schule mit dem Koran befassen, meint Amal. Er selbst sieht seine Aufgabe im Bekämpfen von Vorurteilen. "Zur Zeit wird in den Medien nur ein schlechtes Bild vom Islam angeboten", findet er. "Und wir sind es, die diesen Eindruck verbessern können." Nach zwei Stunden verabschieden wir uns. Ich muss nach Hause, lernen. Genauso wie Amal, dessen Prüfungen warten. Habiba hat Hunger, sie muss dringend etwas essen.

Namen geändert

Kurz: Habiba studiert Physik an der Uni Hamburg. Sie geht oft weg, trinkt auch mal zuviel und mag es rockig. Noch kürzer: Habiba ist eine ganz normale Deutsche. Ihre tunesischen Wurzeln kennt sie, aber gelebt hat sie nie dort. Bis vor zwei Jahren hat Habiba einmal im Jahr gefastet. Im vergangenen Jahr musste sie sich dann entscheiden: Faste ich weiter nach den Geboten des Koran oder lerne ich für meine Klausuren an der Uni? Beides zusammen ging nicht. "Man kann nicht den ganzen Tag in der Bibliothek lernen und dabei nichts trinken." Sie brach die Tradition. In Tunesien gibt es keine Prüfungen im Ramadan. Auch die Arbeitszeiten sind auf die verknappte Nahrungseinnahme eingestellt. Keiner würde dort auf die Idee kommen, einen Muslim vom Fasten abzuhalten. In Deutschland ist das schwieriger. Wie arbeiten, ohne zu essen? Habiba musste Kompromisse eingehen. Sie raucht und trinkt nicht während der Fastenzeit. Schwer zu vereinbaren mit dem Leben einer Rockerin. Den Sinn des Brauchs sieht sie daher trotzdem erfüllt: "Das Tolle am Ramadan ist, dass man sich von Zwängen lösen kann, denen man sonst ausgesetzt ist".

In Tunesien und in den vielen anderen überwiegend islamischen Staaten ist der Fastenmonat eine besondere Zeit. Der Monat wandert abhängig vom islamischen Mondkalender nach hinten. Tagsüber essen und trinken die Menschen nichts. Sie sollen sich so ganz auf ihre Arbeit, sich selbst, ihre Mitmenschen und das Gebet konzentrieren. "Der Monat Ramadan ist es, in dem der Koran als Rechtleitung für die Menschen herab gesandt worden ist. Wer also von euch in dem Monat zugegen ist, der soll in ihm fasten." So steht es im Koran Sure 1, Aya 185. In Deutschland ist der Ramadan nicht nur gesellschaftlich, sondern auch körperlich eine echte Herausforderung: "Wenn er im Spätsommer stattfand, war es verdammt hart, tagsüber kein Wasser zu sich nehmen", erinnert sich Habiba.

Denn erst wenn die Sonne untergegangen ist, ist es erlaubt zu essen und zu trinken. Traditionell trifft man sich in der Familie und zelebriert das Essen. Habiba erinnert sich gern an diese Momente. "Meine Mutter hatte schon immer alles vorbereitet, alle waren hungrig vom Tag. Es ist unglaublich schön, die Befriedigung des Hungers zu teilen." Auch nachdem sie bei ihren Eltern ausgezogen war, fastete sie noch. Bis die Uniklausuren kamen. So wie auch Amal. Der Physikstudent kam aus dem Libanon. Für ihn war das Fasten früher eine Selbstverständlichkeit. Mit 21 Jahren kam er nach Deutschland und hielt hier die Tradition aufrecht. Auch er findet es schwerer, in Deutschland zu fasten. Denn das gesellschaftliche Event in der Familie oder im Dorf gibt es hier nicht. Zumindest für ihn nicht, weil er allein hierher kam. Nun ist Amal 29. Er beschäftigt sich viel mit dem Islam, dem Koran und den arabischen Traditionen. Trotzdem hat er in diesem Jahr das Fasten nach zwei Tagen abgebrochen, weil er lernen musste. Nun sitzt er mit Habiba im Café. Sie trinken Cappuccino und Latte Macchiato. Wir essen Pommes mit Mayo. Ist das okay? Beide lächeln: "Ist okay."

Logisch, wir sprechen nicht nur über den Ramadan. Amal und Habiba wollen über das Verhältnis von Islam und dem Westen reden. Vieles hat sich in letzter Zeit verändert, beide merken das. Amal selbst wurde nach den Terroranschlägen von New York im Rahmen der Rasterfahndung von der Polizei vorgeladen. Dennoch ist er nicht verbittert: "Es war ein sehr höfliches Gespräch", sagt er. "Da war alles korrekt." Wie sollte man gegen Terroristen vorgehen? "Den Radikalen gegenüber darf man nicht nachgiebig sein", sagt Amal. Als vor einigen Wochen die Polizei in Hamburg ihren größten Einsatz in der Nachkriegsgeschichte startete, weil jemand angezeigt hatte, das drei Araber sich über ihren morgigen Märtyrertod unterhalten hätten, war Amal dafür: "Ihr dürft nicht nachlassen. Die Gefahr ist da."

Doch beide sind sich einig: Die Konflikte bestehen nicht zwischen Christen und Muslimen, sondern zwischen Aufgeklärten und Vorurteilsbeladenen. Die nächste Frage ist schwer zu stellen: Wie sieht es in den Moscheen aus? Seht ihr sie dort, die Hassprediger aus den Nachrichten? "Ich geh da nicht hin. Die leben wie im Mittelalter", meint Habiba. Auch Amal schüttelt den Kopf. Viele hätten leider die positiven Entwicklungen in ihren Heimatländern nicht mitgemacht, weil sie seit über dreißig Jahren abgekapselt hier leben. Fundamentalisten, meint Amal, "sind kranke Menschen." So wie es in Deutschland Nazis gibt, die sich auf Hitler beziehen, gäbe es Menschen aus Arabien, die aus dem "Heiligen Krieg" einen Kampf gegen den Westen machen.

Das Zusammenleben der Religionen fordert mehr Wissen übereinander, meint Habiba: "Ausländer müssen die deutsche Sprache lernen", fordert sie. Aber auch Christen sollten sich in der Schule mit dem Koran befassen, meint Amal. Er selbst sieht seine Aufgabe im Bekämpfen von Vorurteilen. "Zur Zeit wird in den Medien nur ein schlechtes Bild vom Islam angeboten", findet er. "Und wir sind es, die diesen Eindruck verbessern können." Nach zwei Stunden verabschieden wir uns. Ich muss nach Hause, lernen. Genauso wie Amal, dessen Prüfungen warten. Habiba hat Hunger, sie muss dringend etwas essen.

Namen geändert


 
 



 

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