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Affären

Guter Sex - schlechtes Gewissen

Affären können Kraft geben oder nehmen. Sicher ist niemand vor ihnen. Zwei Frauen und ein Mann wollten reden. Anonym.


Stefanie ist 24 Jahre alt und arbeitet als Barfrau in einem Kreuzberger Straßencafé. Sicher nicht der Job für die Ewigkeit, aber es sind Semesterferien und ein, zwei Extra-Euros kann sie gut für ihr Auslandssemester im nächsten Jahr gebrauchen. Berlin war ihre Traumstadt. Noch während ihres Abiturs hat sie sich, zusammen mit ihrem Freund, etliche Wohnungen in der Hauptstadt angeschaut und dann, Anfang 2002, sind sie zusammen in eine Zwei-Zimmer-Bruchbude am Görlitzer Park gezogen. Das kleine Glück für 320 Euro warm. Jetzt, drei Jahre später sind sie ein eingespieltes Team. Feste Rituale beim gemeinsamen Frühstück, derselbe große Freundeskreis, die gemeinsame Lieblingskneipe und selbst letzte hygienische Geheimnisse sind dem Alltag gewichen. Natürlich sei sie glücklich, sagt Stefanie, aber sie sei auch noch jung und noch nicht verheiratet, auch wenn beide, natürlich scherzhaft und mit flapsigem Unterton, auch schon mal über Kinder sprachen. Dieses Jahr ist kein richtiger Sommer, deshalb bleiben die Gäste im Café aus und mit denen die da sind, kommt sie leicht ins Gespräch. Langeweile überbrücken und Smalltalk pflegen. Eines Nachmittags stand ein neuer Typ in der Tür. Ungewöhnlich in Kleidung und Bewegung. Er ist sicher älter als ich, dachte sie sich. Einen komischen Eindruck machte er sofort und das, obwohl sie in drei Jahren Bardienst im Kiez bei weitem viel gesehen und erlebt hatte und sicher nicht mehr so, nennen wir es, unbedarft war, wie noch in Bielefeld. Irgendwie ging dann alles ganz schnell – verabreden, Grillen im Park, Bier und Wein, aber vor allem lange Gespräche. Sie hätte sich nicht in diesen Menschen verlieben können, oder schlimmer noch, ihre Beziehung dafür aufgegeben. Er hat ganz anders gerochen, meint sie heute und seit langem hätte sie wieder das Kribbeln gespürt. Natürlich hat sie ein schlechtes Gewissen gehabt und eines Tages musste es raus. Wie viel kann ihre Beziehung vertragen, was hat sie riskiert? Sie war sich immer im Klaren über ihre Gefühle, wollte die 2-Zimmer-Wohnung, wollte nicht aufgeben, was sie sich hart erarbeitet hatte und vor allem wollte sie nicht ihren Freund verlieren. Ganz anders als sie dachte, reagierte er ganz entspannt. Keine große Szene, kein Streit. Sicher muss sie jetzt am Vertrauen arbeiten und er ist skeptischer, wenn es um solche Fragen geht. Zu ihrem Intermezzo hat sie keinen Kontakt mehr. War auch nicht gewollt. Würde sie es noch einmal machen? Zumindest würde ich nicht mehr sagen, dass mir so etwas niemals passieren würde, sagt sie.

Daniel ist 19 und drückt in einem Aschaffenburger Gymnasium die Schulbank. Ein selbstbewusster Typ, mit einem größeren Modeverständnis als viele seiner Altersgenossen und einer flotten Sohle unter seinen Sneakers. Gerade dann, wenn seine Kumpels im Club in der Ecke stehen, weil ihnen die Musik zu mädchenhaft erscheint, rennt er auf die Mitte der Tanzfläche und schart eben all diese Mädchen um sich. Am Ende schauen seine Jungs nur neidisch, wenn dann den restlichen Abend manchmal eng, aber oft anzüglich, mit den Diskoschönheiten, die Hüften schwingt. So hat er auch seine Freundin kennen gelernt. Ein halbes Jahr währt diese Beziehung nun schon – für Daniel die längste bisher. Für ihn ist es wohl nicht die große Liebe. „Ich fand einfach, dass sie gut aussieht. Und sie teilt meinen Sinn für Humor“, meint er. Wichtig sei ihm natürlich auch, dass er gut mit ihr ankommt. „Ich mache nicht den All-American-Boy als Football-Captain, der mit der Ober-Cheerleaderin was anfängt, aber eine graue Maus wird sicher nichts mit mir anfangen können.“ Es fällt schwer, ihm das als rücksichtsvolles Verhalten auszulegen. Affären? Natürlich, das gehört dazu. Sind nicht sogar deine Beziehungen nur Affären? „Gute Frage!“, und er lacht. Seine Definition von Liebe ist sicher noch nicht zu Ende geschrieben, er selbst weiß nicht so recht, ob er schon einmal verliebt war, dabei hatte er schon viele Beziehungen. Hast du nicht Angst, Menschen zu verlieren, wenn du sie betrügst? „Natürlich“, antwortet er. Seine Freundin ist ihm ans Herz gewachsen und sie lernen sich immer besser kennen, trotzdem ist er immer noch unterwegs. Am Anfang der Beziehung hat er sich noch mit zwei Ex-Freundinnen getroffen und ist mit ihnen ins Bett gegangen. Daniel hat ein großes Geltungsbedürfnis. Das wurde ihm zum Verhängnis. Die wichtigste Regel für eine Affäre lautet: Mund halten! Nur, das kann Daniel nicht. Nicht in einer Umgebung, in der er der Mittelpunkt ist und er sich immer wieder als solcher beweisen muss. Was zählt mehr als Geschichten von Fraueneroberungen? Eins aufs andere, von Freund zur Freundin, vom Bekannten zur Bekannten und dann in das Ohr seiner Freundin. „Es waren harte zwei Wochen mit streiten und Tränen – auf beiden Seiten.“, erklärt er. „Ich habe gemerkt, dass sie mir wirklich etwas bedeutet und dass ich sie nicht verlieren möchte!“ Mittlerweile hat er sie sogar schon seinen Eltern vorgestellt.

Kirsten ist 20 Jahre jung und wieder solo, nach einer zweijährigen Beziehung und einer sehr kurzen. Kirsten hat Mediengestalterin in einer Berliner Werbeagentur gelernt. Jeden Monat musste sie für eine Woche zur Berufsschule fahren, weit draußen in einem Berliner Vorort. Sie fand, dass viele Idioten in ihrer Klasse saßen. Die Jungs zu pubertär und die Mädels Hauptdarsteller in einem gedachten Hühnerstall. Nur mit zwei, drei Leuten kam sie gut klar, konnte sie Freunde nennen. Privat war sie glücklich und in festen Händen. Kein Grund zu klagen. Das schönste an ihrer Beziehung war wohl, dass sie sich beide immer noch überraschen konnten, ob nun mit Geschenken, Geschichten oder im Verhalten. „Das machte ihn für mich interessant“, sagt sie heute. Nun kam der Tag ihres Abschlusses und der Abend der Abschlussfeier ihrer Klasse. Was kommen musste, passierte. Zu viel Alkohol, die ein oder andere Sportzigarette und fremde Männerarme. Noch in derselben Nacht landete sie in einem fremden Zelt. „Es ging mir nur um Sex und der Morgen danach war miserabel“, gesteht sie. Trotzdem hat sie nichts bereut, denn der Sex war gut. „Ich musste permanent an meinen Freund denken. Ich hatte ein riesiges schlechtes Gewissen.“ Trotzdem traf sie sich mit dem Typen aus ihrer Klasse häufiger, um mit ihm in der Kiste zu landen. „Es war körperliches Verlangen.“ Irgendwann hat sie es dann ihrem Freund gesagt, wohl wissend, dass er sie verlässt. Er war von Natur aus ein eifersüchtiger Typ, Misstrauen immer ein Thema in ihrer Beziehung. Sie sollte Recht behalten. „Ich habe damit gerechnet und in mir drin war ein wenig die Hoffnung, mit meiner „Eskapade“ eine neue Beziehung eingehen zu können. Ich hatte das Gefühl, mich verliebt zu haben.“ Kurz ging es gut. Er verließ seine Freundin und Kirsten kam mit ihm zusammen. „Schlussendlich muss ich mir wohl eingestehen, dass es tatsächlich nur um Sex ging.“ Halt hat sie nicht gefunden in der neuen Liaison und so trennten sich ihre Weg bald. Der Typ konnte zurück zu seiner Freundin, nur sie sitzt jetzt hier. Ein wenig traurig sitzt sie hier vor mir im Büro und pustet den Zigarettenqualm aus ihrem Mundwinkel.

Von Mathias Richel


 
 



 

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