China und Tibet
Minderheitenmarketing
Nach offizieller Zählung gibt es 55 Ethnien in China, die Tibeter sind nur eine von ihnen. Aber sie machen die beste Öffentlichkeitsarbeit
Die Kolumne von Selim Özdogan
Nehmen wir an, es gäbe ein großes Land, bei dem wir uns aus wahrscheinlich berechtigten Gründen angewöhnt haben, es als undemokratisch zu betrachten. Genauso wie wir uns angewöhnt haben, andere Länder als demokratisch zu betrachten, egal, wie fragwürdig die Stimmauszählung bei einer Wahl erscheint, egal wie viele Gesetze zur schnellen Verjährung von gewissen Straftaten verabschiedet werden.
Nehmen wir an, die sogenannten demokratischen Länder würden mit dem undemokratischen Land zu beiderseitigem Vorteil bedenkenlos Geschäfte machen, sich gleichzeitig aber über die Umstände in dem großen Land aufregen und sie öffentlich anprangern.
Nehmen wir an in diesem großen Land würden verschiedene Ethnien systematisch politisch und kulturell unterdrückt, so weit, dass Menschen ohne Angaben von Gründen auf unbestimmte Zeit inhaftiert werden, von Misshandlungen ganz zu schweigen.
Hätten wir dann nicht jedes Recht diese Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen? Auf die Probleme dieser Menschen aufmerksam zu machen und in großangelegten Kampagnen zu versuchen, das große undemokratische Land zu Veränderungen zu bewegen. Mit T-Shirts rumzulaufen, die Freiheit für eine Ehtnie fordern?
Nehmen wir an, eine Ethnie wären die Tibeter, die bei uns als freundliches, stetig lächelndes, friedliebendes Volk gelten und die mit dem Dalai Lama eine charismatische Persönlichkeit haben, die sie in der Öffentlichkeit repräsentiert.
Ein Mann, der sehr viele Vorschläge hat, wie wir unser Leben ändern könnten, so ähnlich wie wir sehr viele Vorschläge dafür haben, was sich in dem undemokratischen Land ändern sollte.
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