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Unterm Spülkasten

Große Geschäfte

Manche Orte sind nicht zum Reden geeignet. Zum Beispiel die Kloschüssel. Manchmal aber ergeben sich selbst dort wundersame Begegnungen.

Es entfahren einem manchmal oder auch öfter in Gegenwart eines anderen Menschen unbeherrschte Geräusche und man zieht hemmungslos Grimassen. Ohne darüber nachzudenken.

Aber selbst vor Menschen, die einen in diesen Momenten gesehen haben, ist man noch befangen. Du kannst einen hemmungslosen Orgasmus mit deinem Partner, haben, aber versuch mal ebenso hemmungslos vor ihm als einzigem Zuschauer zu tanzen.

Oder versuch mal ein Gespräch zu führen, während du gerade versuchst zu kacken. Da will man allein sein, unbeobachtet, sicher, wenn man schutzlos mit runtergelassenen Hosen dort sitzt.

Ein Freund erzählte mir mal, wie er bei einer Frau, die er noch nicht so gut kennt immer Papier ins Klo tut, damit das Plumpsgeräusch gedämpft wird.

Ich kann nicht da sitzen und wissen, daß sie das hört und danach noch guten Sex haben, sagte er.

Du kannst dir die Beine rasieren, in der Nase popeln, einen Pickel ausdrücken, möglicherweise auch masturbieren, wenn dir jemand zusieht, mit dem du intim bist, aber beim Stuhlgang will man ungestört sein. Ich glaube, das trifft auf die meisten Menschen zu. Zumindest in diesem Kulturkreis. In Amerika habe ich öffentliche Toiletten ohne Türen gesehen, aber das ist eine andere Geschichte.

Zweimal in meinem Leben habe ich mich unterhalten, während ich auf der Toilette war. Beide Male mit Männern.

Das erste Mal mußte ich nach einem Frühstück in einem Strandrestaurant in Holland auf die Toilette und mein Freund Tim mit dem gleichen Bedürfnis setzte sich in die Nachbarkabine. Durch die Trennwand fing er so locker und selbstverständlich ein Gespräch an, das ich mich gar nicht unwohl fühlte. Vielleicht spielte es auch eine Rolle, daß wir seit über zwei Tagen gemeinsam unterwegs waren.

Beim zweiten Mal habe ich mir ein Hotelzimmer mit Tom Liwa geteilt und er hatte an diesem Morgen ein großes Redebedürfnis und ich wohl auch und so haben wir uns weiter unterhalten, nachdem ich die Tür schon hinter mir geschlossen hatte.

Das ist jetzt bestimmt sechs Jahre her und seitdem ist es mir nicht mehr passiert.

Ich denke gerne daran zurück. Weil auf eine ungezwungene Art plötzlich etwas funktionierte, was mich nun in meiner Erinnerung mit diesen Menschen verbindet.

Doch es ist wohl immer so, die verborgenen Momente bieten die größte Möglichkeit zur Intimität. Sex, Masturbation, tiefe Einsamkeit, ein Kater, der dich in die Knie zwingt, ein großer Schmerz, oder eben auch ein großes Geschäft.

Auch von Selim Özdogan:

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