Die rechte Frontpartie sah aus, als hätte sich jemand einen Spaß mit einem Granatwerfer erlaubt. Der vordere Teil der Motorhaube samt Kühlergrill war komplett weggefetzt, ein paar Blechstreifen und Metallteile ragten komisch verdreht in alle Richtungen, ganz so, als hätte Hulk damit Fingerübungen gemacht. Der Wasserkühler, aus dem offenbar der Rauch kam, war etwa 30 Zentimeter in den Motorraum hineingedrückt worden, Teile des Rotors und anderer Kram steckten im Motorblock.
Was zum Henker war es, das da auf mich zugeflogen kam? Ich hab nichts gesehen. Es muss was Schweres gewesen sein, jedenfalls kein abgefallenes Deutschlandfähnchen. Vielleicht ein größerer Stein, ein Auspufftopf, eine Metallplatte, irgendwas, das vor mir hochgewirbelt wurde und in Kniehöhe einschlug. Oder warf jemand was von
einer Brücke? Konnte mich aber nicht erinnern, in dem Moment unter einer durchgefahren zu sein. Auch auf der Fahrbahn war kein Gegenstand zu entdecken. Allerdings stand 100 Meter vor mir ein weiteres Auto auf der Standspur, mit, wie sich rausstellen sollte, zwei platten Reifen auf der rechten Seite. Der Fahrer hörte es nur zweimal knallen und schlingerte anschließend ebenfalls nach rechts. Komisch.
Ich rief die Polizei. Dem Beamten entfuhr zwar ein "Ach du Scheiße, das
sieht ja verheerend aus!", allerdings machten er und sein Kollege keine
Anstalten, weiter nach dem Grund für die Verwüstung zu forschen bzw. die Fahrbahn abzusuchen. Schaden aufgenommen, Abschleppdienst gerufen, tschüs.
"Is´n Totalschaden, is´klar, ne?!", meinte der Fahrer des Abschleppwagens. "Isn´ Leihwagen, Vollkasko", entgegnete ich. Mit beiden Autos Huckepack ging es dann zu einem Autohaus, das mir glücklicherweise einen Ersatzwagen zur Verfügung stellen konnte. Inzwischen war es fast vier Uhr morgens, ich war immer noch fit, Adrenalin sei Dank.
Nach eher vorsichtiger Fahrt war ich schließlich um 6 Uhr zurück in Berlin, immer noch bester Dinge. Dann setzte ich mich aufs Sofa, trank einen Grappa und fing an zu zittern. Da war er nochmal, der kleine Colt-Seavers-Film, den ich bei der ersten Ausstrahlung gar nicht so wirklich mitbekam.
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Schwitz. Der erste Autounfall in meinem Leben. Aber ging ja noch mal gut. Das Objekt hätte auch auf der Fahrerseite die Windschutzscheibe
durchschlagen können, ich hätte im Blindflug ein anderes Auto rammen können oder meinerseits von einem LKW auf die Hörner genommen werden können. Meine Mama würde sagen, ich hatte einen Schutzengel. Wohl war, aber ich hatte auch ein Ticket fürs Endspiel zwei Tage später. Ich sag doch: die glücklichsten vier Wochen in meinem Leben.
Heute kam der Unfallfragebogen der Mietwagenfirma. Unter "Unfallursache" war ich fast versucht, "Aliens" reinzuschreiben.