Immer wieder sind auch bewaffnete Gruppen in die Streitfrage um Land involviert. Und uns ist es in vielen Fällen unklar, wem welches mit Kokosnusspalmen bepflanzte Land warum gehört. Es ist auch schwer zu sagen, wer mit wem in Beziehung steht. Der Großgrundbesitzer mit dem örtlichen Polizisten? Der bewaffnete Verbündete des Großgrundbesitzers mit dem Nachbarn des Gemeinderatmitgliedes, der sich für eine Bauerngruppe einsetzt?
Vor diesem Hintergrund dieses Netzes an Beziehungen und kleingruppengeprägten Interessen stehe ich als Menschenrechtsbeobachterin mit einer Kamera und einem Notizblock und dokumentiere die Menschenrechtssituation. Sich von diesem besagten Hintergrund abzuheben und nicht beeinflussen zu lassen, gehört dazu.
Nach unserem Ansatz gehen Menschenrechtsverletzungen vom Staat aus. Da die Philippinen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet haben, ist der Staat auch verpflichtet, diese zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Das bedeutet auch, dass er jene Schergen zurückpfeifen muss, die gegen die mit den Menschenrechten einhergehenden Pflichten verstoßen.
Seien es Richterschaft, Militär oder örtliche Polizeistationen – Menschenrechtsbeobachtende spazieren überall hin, wo Menschenrechtsverletzungen beklagt werden müssen. An offiziellen Stellen werden wir mit unserer nicht zu verbergenden Hellhäutigkeit anders wahrgenommen.
Ein "Hey, Joe" haben wir dort noch nie gehört, das bleibt draußen auf den Straßen. Drinnen, an den Schreibtischen der Staatsleute, werden Oberflächlichkeiten anders zum Ausdruck gebracht: Durch Small Talk, Gruppenfotos mit Kurzfristlächeln, angeblichem Unwissen über dokumentierte Verletzungen gegen Menschenrechte und nicht zuletzt durch Versprechungen, entsprechende Ermittlungen gegen Schergen einzuleiten.
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Erfreut oder demotiviert verlassen wir die Büros, lächeln noch einmal in die Kamera, die ein Abschiedsfoto schießt, und spazieren die Straßen entlang. Unter den provisorisch aufgebauten Unterständen stehen Frauen und Männer, die frittierte Bananen und frische Fische verkaufen. Sie lächeln uns mit ihren Zahnlücken entgegen. "Hey, Joe!", schallt es von der anderen Straßenseite herüber. "Ja, ja", denke ich müde, lächle zurück und zeige ihnen Dankbarkeit für ihre Herzlichkeit.