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Nahost Konflikt

Meine Hood heißt Palästina

Der Amerikaner Jad Abbas entschied sich gegen ein Leben im Wohlstand – und für Ramallah. Dort hat er eine Mission: Palästina nach vorne bringen. Durch Rap.

Zuender: Du hast in Washington D.C. Musik studiert und bist dann nach Ramallah gezogen. Warum?

Jad Abbas: Weil ich hier eine Mission habe. Ich wurde in den Vereinigten Staaten geboren. Meine Eltern waren Mitglieder der Palästinensischen Befreiungsorganisation und lebten im Exil: im Libanon, in Tunesien, Algerien und Zypern. Wenn ich in einem dieser Länder geboren worden wäre, hätte ich keinen Pass. Deshalb sind meine Eltern in die USA geflogen, damit ich dort zur Welt komme. Jetzt habe ich zwei Ausweise: einen amerikanischen und einen palästinensischen.

Nach Palästina zurück gekommen bin ich, weil ich für das Land etwas tun möchte. Ich will Palästina nach vorne bringen durch meine Musik. Viele Leute verstehen das nicht. Sie sagen: "Du warst in Amerika, da ist es perfekt!" Aber nicht für mich. Für die Vereinigten Staaten ist Palästina kein eigenständiger Staat, also fuck the USA! In Ramallah spüre ich auch viel mehr Energie als in Washington, mehr Einflüsse und mehr Inspiration. Es ist merkwürdig, aber ich fühle mich freier hier.

Zuender: Ramallah ist umgeben von einer acht Meter hohen Mauer, die es von Israel trennt. Militär patrouilliert durch die Straßen, überall sind Checkpoints – das klingt nicht nach Freiheit.

Jad Abbas: Vor zwei Jahren war es noch schlimmer. Die Wirtschaft lag am Boden, es gab keine Jobs, kein Geld, nichts. Aber inzwischen tut sich was. Es wird viel gebaut, es gibt jede Menge Cafés, Bars und Restaurants. Ich mag die Stadt, die Leute gehen einfach nett miteinander um. Ich glaube meine Songs klingen besser in Ramallah.

Zuender: Wie kamst du zur Musik?

Jad Abbas: Ende 2002 hatten wir für zwei Tage Hausarrest. Das heißt, wir konnten die Wohnung nicht verlassen, ohne erschossen zu werden. Davon handelt mein erster Track. Draußen vor dem Fenster sah ich 16 Tanks und Helikopter. Die israelische Armee kam einmal in unser Haus, die Soldaten durchsuchten mein Zimmer und hielten mir ein Gewehr an die Stirn. Sie fragten mich, was ich mit den Instrumenten anstelle. Was soll ich damit machen? Ich mache Musik. Sie haben dann meine Gitarre und meinen Synthesizer durch die Gegend geworfen. Das war sehr verletzend für mich.

Zuender: Auf der Bühne heißt Du MC Boikutt. Rufst du zum Boykott auf?

Jad Abbas: Nein, bei mir geht’s um Frieden. Aber die israelische Besatzung in Palästina bringt mich dazu, Musik zu machen. Wir atmen Politik. Wegen der Politik können wir manchmal nicht zur Uni gehen, oder unsere Freunde und unsere Nachbarn nicht sehen. Selbst meine Instrumentalstücke klingen deshalb dunkel und aggressiv.

Zuender: Vor fünf Jahren hast Du mit Deinem Bruder Aswatt und eurem Freund Stormtrap die Band "Ramallah Underground" gegründet.
 
Jad Abbas: Zuerst hatten wir nur eine Website gebastelt für unsere Songs. Uns ging es darum, mit anderen nicht-kommerziellen Künstlern aus Palästina in Kontakt zu kommen. Langsam breitet sich "Ramallah Underground" immer weiter aus. Wir hatten Konzerte in Wien, London, Kairo, Amsterdam und Washington. Es geht uns darum, eine Stimme für Palästina zu sein. Aber wir wollen natürlich auch, dass die Leute zu uns kommen, weil sie guten Hip Hop hören wollen.

Zuender: Als Palästinenser darfst Du nicht nach Israel reisen. Geht das mit deinem amerikanischen Pass?

Jad Abbas: Nein. Es gibt ein neues Gesetz, das die Israelis gemacht haben, nachdem sie gemerkt haben, dass viele Exil-Palästinenser Pässe aus den Staaten oder der EU haben. Nach dem neuen Gesetz zählt nur der palästinensische Pass, den muss man an den Checkpoints vorzeigen. Ich kann also nicht nach Jerusalem. Ich kann nicht auf die andere Seite der Mauer.

Zuender: Wie sieht dein Alltag in Ramallah aus?

Jad Abbas: Ich gehe zur Uni. Ich studiere jetzt Wirtschaft, weil es Musik hier nicht gibt als Fach. Aber die meiste Zeit rappe ich oder hänge mit Freunden ab: im Kino oder im Kulturzentrum von Ramallah. Donnerstag und Samstag ist unser Wochenende, da gehen wir feiern, meistens privat bei Freunden. Ich mag eigentlich nur Partys, bei denen ich selber auflege. Letztes Mal waren 150 Leute da, es wurde immer voller. Um ein Uhr nachts haben sich dann die Nachbarn über den Sound beschwert und wir mussten aufhören.  

Zuender: Wo produziert ihr eure Songs und wie vertreibt ihr sie?

Jad Abbas: Es gibt kein Plattenlabels in Palästina. Also mischen und produzieren wir unsere Tracks im Schlafzimmer und laden sie ins Internet. Im Moment arbeiten wir an unserem ersten Album, das nächsten Sommer erscheinen soll. Wie wir es vertreiben werden, wissen wir noch nicht. Aber uns fällt immer irgendwas ein.

Hörbeispiele von "Ramallah Underground" gibt es auf der Internetseite der Band und bei MySpace .

Heute, am 11. November, startet das Goethe-Institut eine viertägige Tournee deutsch-palästinensischer Rapper durch die Palästinenser Gebiete. Mit dabei: der Berliner Rapper Massiv. Mehr Infos gibt es hier.


 
 



 

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