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Festival

Wir haben Jesus lieb

TEIL 2

Das ist die Gemeinschaft von der fast alle Freakstock-Besucher sprechen. Ich bewundere ihre radikale Verschreibung an Jesus, der ihnen Halt und Kraft gibt. Trotzdem habe ich keine Ahnung was die 19jährige Martina aus Zeitz meint, wenn sie sagt, sie wäre vom heiligen Geist erfüllt.

Am Ende des Zeltplatzes treffe ich auf Sandra und ihren Freund Silas. Die 19jährige ist gemeinsam mit ihrer Gemeinde schon das fünfte Mal hier. Ihre Haare sind am Unterkopf kahl rasiert, zwei dunkle lange Zöpfe hängen darüber, farblich passend zu ihrem langen Baumwollrock. Ihre schwarz umrandeten Augen beginnen zu leuchten, stolz zeigt sie auf ihre gesammelten Stoffarmbänder – Zeugnis der vergangenen Festivals. Mit ihrer Sportlehrerin habe sie heftig diskutieren müssen, am Ende durften die Bänder dranbleiben.

Freakstock, sagt Sandra, das bedeute "geile Gespräche und eine coole Zeit". Sich von Gott berühren lassen und sich auf das Wesentliche besinnen.

Kurz hinter dem Erste Hilfe-Zelt treffe ich auf Anne Rose, 50 Jahre alt, aus Remscheid. Schwarz gekleidet, ein Kreuz prangt auf ihrem T-Shirt, sie hat zwei kleine Hunde an der Leine und ein Bier in der Hand. Sie sei das erste Mal dabei auf dem Freakstock, weil sie in ihrem Leben "noch so einige Baustellen" habe, wie sie es nennt.

Aber hier löse sie nicht ihre eigenen Probleme, sondern wolle zwei Jugendlichen helfen, mit denen sie zum Festival gefahren ist. Das sei für sie Gottes Auftrag.

"Die Freakstock Allgemeine Zeitung gibt’s nur für ein Lächeln und ein Dankeschön!", ruft Steve aus Hamburg quer über den Sternplatz. Mir bietet er erstmal ein paar Gummibären an. Auf seiner nackten Haut blitzen mit Schaum aufgesprühte Engelsflügel der Sonne entgegen. Während er spricht, malt Steve kleine Bilder in die Luft, springt immer wieder auf und ab. Er sagt, das Beste am Freakstock sei der Moment, in dem man auf dem Boxberg ankomme. Dieses Glücksgefühl endet für ihn auch erst mit der Abreise.

Steve ist zum ersten Mal auf dem Festival, früher war er drogenabhängig, aber Gott habe ihm geholfen davon weg zu kommen und jetzt hilft Steve eben auf dem Freakstock: räumt Flaschen weg, bereitet das Abendmahl oder die Bühnen vor.

Ich schlendere weiter und bleibe am Kunstzelt stehen. Judith, eine 22jährige Berlinerin arbeitet dort als freiwillige Helferin. Sie kommt ursprünglich aus Gotha, konnte aber anfangs nichts mit dem Freakstock anfangen. "Ich dachte, die tun doch nur so, als ob das Christentum was Spannendes ist".

Ihre Schwester hat sie dann in Stuttgart zu den Jesus Freaks mitgenommen und da habe sie Jesus wirklich kennengelernt. Jetzt ist Judith schon zum fünften Mal dabei. Die Atmosphäre in diesem Jahr sei eine allerdings eine andere. "Viele Leiter sind gegangen und junge neu dazugekommen. Man spürt einen Umbruchprozess, eine gewisse Unsicherheit", sagt sie.

Kurz nach der Mittagszeit besuche ich das Kinderzelt. 80 Kinder sind derzeit auf dem Freakstock, gerade sind 30 bis 40 in dem eigens eingerichteten Kindergarten. Planschbecken, Hüpfburg, Sandkasten. Es gibt alles, was das Herz der jüngsten Freakstockbesucher begehrt. Auch die Jesus Freaks werden schließlich älter, viele von ihnen haben schon Kinder ¬– next Generation Freakstocker sozusagen.

Die Kinderbetreuung wird von den Jesus Freaks aus Ansbach übernommen, sagt Ronny (19). Sein schönstes Erlebnis auf dem Festival sei es, wenn die Kinder beginnen, kleine Kunstwerke auf seine Arme zu malen. Damit konnte er schon zwei stark tätowierte Metal-Typen beeindrucken, die bewegt waren von seinen selbst gemalten Buntstift-Tattoos, sagt er grinsend.

Ach, und ganz nebenbei gibt es natürlich Musik. Metal, Ska, Punkrock, Indiepop, Emo, Elektro. Eine Mischung aus alternativen und härteren Sachen.

"Du bist mein Gott, ich liebe Dich, Du bist mein Gott, ich will nur Dich"- wabert es über den Boxberg. Lobpreis made by Obadja, die nach Martin Dreyer auf der Mainstage rocken. Die Menschen vor der Bühne haben die Arme gen Himmel gestreckt, nicht wenige haben Tränen in den Augen und viele liegen sich minutenlang leise betend in den Armen. Mit geschlossenen Augen wippt eine junge Frau im Takt, neben ihr liegt ein Päarchen im Gras- die Augen geschlossen, beide haben eine Pilotenbrille auf der Nase und ein Kreuz um den Hals.

Weiterlesen im 3. Teil »


 
 



 

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