Festivals wie
China Time
in Hamburg sind gigantische PR-Veranstaltungen. Dort geht es nicht darum, etwas über China zu lernen, hier
zählt der goldene Drache, der wochenlang auf der Alster schwimmt
, das Abschlussfeuerwerk und die ganzen Fressbuden. Man muss solche Anlässe nutzen, um laut und deutlich Kritik zu üben!
Anruf beim Hamburger Senat, der
China Time 2008
organisiert. Gespräch mit Reinhard Stuth, Staatsrat der Senatskanzlei
.
Zuender
: Herr Stuth, im September dieses Jahres wird in Hamburg wieder eine Veranstaltungsserie mit dem Titel
China Time
stattfinden. Gibt es angesichts der aktuellen Lage in Tibet besondere Pläne für diese Veranstaltung?
Reinhard Stuth:
Die Stadt Hamburg verweist auf die engen Beziehungen, die sie zu China hat. Wir wollen damit aber nicht sagen, dass wir alles gut finden, was dort geschieht. Wir wollen sagen, dass wir China besser verstehen und kennen, als andere das vielleicht tun. Das bezieht sich auf alle Bereiche der Gesellschaft: Wissenschaft, Kultur, Kirchen, Medien, Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaft. Die Lage in Tibet hat sich auch nicht von heute auf morgen grundlegend verändert. Der Konflikt besteht seit langer Zeit.
Zuender:
Aber in den vergangenen zehn Tagen hat er sich verschärft.
Reinhard Stuth:
Wir können keine Neben-Außenpolitik machen. Für Sanktionen und Boykotte sind der Bund und die Europäische Union zuständig. Außerdem will ich darauf hinweisen, dass der Dalai Lama im vorigen Jahr zwei Wochen zu Besuch in Hamburg war.
Zuender:
Aber
China Time
wirbt für ein positives Bild Chinas.
Reinhard Stuth:China Time
wirbt für Hamburg, nicht für China. Das habe ich auch dem chinesischen Botschafter gesagt, der sich vor zwei Jahren für die tolle Werbung bedanken wollte. Wir wollen auf die China-Kompetenz der hier ansässigen Unternehmen und Institutionen hinweisen, einschließlich der China-Gruppe von Amnesty International, die ebenfalls in Hamburg sitzt.
Zuender:
Wird es dann in diesem Jahr auch kritische Veranstaltungen geben?
Reinhard Stuth:
Der Hambuger Senat ist Initiator, aber nicht Veranstalter von
China Time
. Alle, die sich mit China beschäftigen, sind eingeladen, diese Plattform zu nutzen. Im Jahr 2006 gab es eine eigene Veranstaltung der Hamburger Tibet-Initiative mit einer Ausstellung und einer Podiumdiskussion. Auch 2008 wird es wieder kritische Töne geben.
Boykott 4: Tourismus
Im Jahr 2005 reisten 455.000 deutsche Urlauber nach China. Im internationalen Vergleich liegt China auf Rang vier der größten Reiseländer Touristen brachten umgerechnet 29,3 Milliarden US-Dollar in das Land. Geld, mit dem auch die chinesische Armee finanziert wird. Sollen wir nicht mehr nach China reisen?
Das Regime profitiert nicht nur von den Devisen. Es wird natürlich auch versuchen, den Touristen nur die Sonnenseite des Staates zu zeigen. Das wahre China, die Sweatshops und
Hinrichtungen
, bekommt kein Urlauber zu Gesicht. Was passiert, wenn es zur Krise kommt, haben wir in der vergangenen Woche gesehen: Innerhalb weniger Tage mussten alle Ausländer Tibet verlassen.
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Umso wichtiger ist es, gerade jetzt nach China zu reisen. Man kann sehr wohl mit Einheimischen reden, versuchen, sie zu verstehen und um ihr Verständnis werben. Und wer nicht in den staatlichen Großhotels übernachtet, sorgt auch dafür, dass zumindest ein Teil seines Geldes nicht in den Taschen der Partei landet. Man denke allein an die olympischen Spiele während so eines Großereignisses muss es doch zwangsläufig zum Austausch zwischen Reisenden und Einheimischen kommen. Nutzt diese Chance!
In einem Hamburger Reisebüro, das sich auf China-Reisen spezialisiert hat.
Zuender
: Ich möchte gern nach China reisen, aber mein Geld soll möglichst nicht in den Taschen der KP landen. Was können Sie mir raten?
Angestellte
: Die meisten chinesischen Reiseagenturen sind im Staatsbesitz. Besser wäre also, Sie würden auf eigene Faust durch das Land reisen.
Zuender
: Das geht?
Angestellte
Natürlich. Es wird eher der Sprache wegen schwierig, zumindest in der Provinz. Die einzige Region, in der Individualreisende nicht zugelassen werden, ist Tibet.
Zuender
: Was ist mit den Hotels?
Angestellte
: Die meisten neu gebauten Hotels gehören zu den großen Ketten, die es überall auf der Welt gibt. Die zahlen Steuern an den chinesischen Staat, wie alle anderen Unternehmen auch. Ob darüber hinaus Geld fließt, weiß ich nicht.
Zuender
: Kann ich mit den Einheimischen reden?
Angestellte
: In der Tourismusbranche arbeiten sehr viele Chinesen. Mit denen müssen Sie sogar reden.