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Schönheit

"Das Tolle am Hintern ist, dass er hinten ist"

Du hast einen großen Hintern? Buhu. Mach das Beste draus, sagen Fettes Brot. Und fordern mehr Akzeptanz für den normüberschreitenden Arsch.

Der Hintern, besonders der große, ist ein beliebtes Thema der jüngeren Musikgeschichte. Schon Freddy Mercury sang ein Ode auf die Fat Bottomed Girls , die seine Welt in Bewegung halten. Der Rapper Sir Mix-A-Lot rümpfte 1992 die Nase angesichts magerer Covermodel und gestand, dass er es hintenrum lieber umfangreicher mag . Und vergangenen Sommer dichtete Alex Christensen: „Du hast mein Leben auf den Kopf gestellt, du hast den schönsten Arsch der Welt.“

Galerie: Die Lieblingshintern von Fettes Brot

Der neueste Beitrag zum Genre stammt von der Hamburger Band Fettes Brot. Auf ihrem neuen Album Strom und Drang besingen König Boris (Boris Lauterbach), Doktor Renz (Martin Vandreier) und Björn Beton (Björn Warns) einen Hintern, der alles Umliegende in den Schatten stellt. Jetzt wörtlich. „Die reichen Mädchen aus den Hügeln ärgern sich über die letzte Diät. Denn auch sie wollen Popowackeln, doch jetzt ist es zu spät.“ Textzeilen wie diese aus dem Mund von drei Hamburger Jungs zu hören, kann einen überraschen.

Zuender : Wie kommt man auf die Idee, eine Ode an den Riesenhintern zu schreiben?

König Boris : Wir wollen die Botschaft rüberbringen, dass man auch mit einem großen Hintern glücklich sein kann. Ebenso mit einem kleinen oder platten. Wie er ist, ist er in Ordnung.

Zuender : Ist das auch eine politische Forderung?

König Boris : Ja, aber in erster Linie soll das Lied Spaß machen und dazu anregen, das zu schütteln, was einem die Eltern mitgegeben haben.

Doktor Renz : Uns gefällt es, wenn Lieder verschiedene Ebenen miteinander verknüpfen. Wenn man hemmungslos dazu feiern kann, ist das toll. Wenn dann auf zweiter Ebene noch eine gesellschaftspolitische Aussage damit verknüpft ist, ist es noch besser.

König Boris : Es macht auch mehr Spaß, so ein Lied zu hören, als eine trockene Abhandlung über Schönheitswahn in unserer Gesellschaft. Wenn es unterhaltsamer verpackt ist, geht es besser rein.

Zuender : Wieso ist euch diese Botschaft wichtig?

Doktor Renz : Uns nervt die Einigung auf bestimmte Attribute, die in unserer Gesellschaft als schön oder hässlich gelten. Da schwingt ein darwinistischer Gedanke mit: Der Schönste, Kräftigste, am besten Geformte schafft es. Das suggeriert jedem, der nicht diesen Idealen entspricht, dass er Pech hat – es sei denn, er lässt sich auf Pro 7 verschönern.

König Boris : Für mich ist der Begriff der Schönheit ungleich vielfältiger, als das, was allgemein darunter angenommen wird. Diese überall gültige Definition ist äußerst langweilig – ob es nun das Gesicht oder die Figur betrifft. Frauen, die ihre Schönheit erst auf den zweiten Blick preisgeben, finde ich persönlich viel interessanter. Unser Lied ist ein Angebot, auch das gut zu finden, was von der Norm abweicht.

Das Großartige an uns Menschen ist ja, dass uns kleine persönliche Makel völlig egal werden, sobald wir jemanden sympathisch finden. Ob du hinkst oder ein Auge hängt, spielt keine Rolle mehr, wenn du einen tollen Humor hast oder ein Lächeln, das die Sonne aufgehen lässt.

Zuender: Frauen mit großen Hintern werden euch dieses Lied sicher danken. Aber habt ihr keine Angst, diejenigen gegen euch aufzubringen, die hintenrum weniger üppig ausgestattet sind?

König Boris : Ich glaube, es gibt sehr wenige Frauen, die ihren eigenen Arsch zu klein finden. Insofern wird sich hoffentlich keine angesprochen fühlen.

Zuender : Habt ihr persönliche Lieblingshintern?

Doktor Renz : Ich mag den Hintern der jungen Senta Berger in dem Film Als die Frauen noch Schwänze hatten. Die war damals klasse und ist es heute noch.

König Boris : Über private Ärsche möchte ich nicht sprechen, aber mein favorisierter Prominenten-Arsch ist der von Alicia Keys. Ich finde es nicht verkehrt, wenn an einem Hintern etwas mehr dran ist.

Björn Beton : Ob einem ein Arsch gefällt, hängt natürlich auch stark damit zusammen, an wem er befestigt ist. Wenn jemand so fantastisch singt wie Alicia Keys, ist auch sein Arsch besonders toll.

Zuender : Ist es okay, andern auf den Hintern zu schauen?

Björn Beton : Unbedingt, dazu möchte ich alle ermutigen: Wer Lust hat, jemandem auf den Arsch zu gucken, soll es ruhig tun.

Doktor Renz : Das Tolle am Hintern ist ja, dass er hinten ist. Das ist wie eine stillschweigende Verabredung, die es erlaubt, ihn ausgiebig zu betrachten. Man kann sich beim Vorbeigehen in die Augen schauen und danach noch mal umdrehen und da ist er dann. Ich glaube, das hat die Natur sich so ausgedacht.

Zuender : Im internationalen Vergleich sind Deutsche nicht gerade für ihren lockeren Hüftschwung bekannt. Wünscht ihr euch mehr brasilianische Lockerheit in Deutschland?

Björn Beton : Wenn Frauen den Hintern schwingen, hat das noch nichts mit Befreiung oder Lockerheit zu tun. Ob beim brasilianischen Baile Funk , im Ragga , Dancehall oder HipHop – in der Regel ist es doch so, dass die Frau den Arsch schwingt, weil der Mann das toll findet. Das finde ich an sich nicht erstrebenswert.

König Boris : Gleichzeitig sollten alle Menschen in Deutschland, egal ob Mann oder Frau, sich locker und frei bewegen können, ohne das Gefühl zu haben, von der Gesellschaft beobachtet zu werden. Man kann nicht entspannt tanzen, wenn man sich beobachtet fühlt. Noch schlimmer ist es, wenn man tanzt, weil man hofft, man wird angeguckt. Die Leute sollten mehr um des Tanzens willen tanzen. Alles andere wirkt total unlocker.

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Zuender : Schon auf eurem letzten Album singt ihr ein Lied aus der Perspektive einer allein erziehenden Mutter . Jetzt schreibt ihr ein Lied, das als Kritik am Schönheitswahn gelesen werden kann. Seid ihr Feministen?

König Boris : Wir freuen uns, wenn Frauen feministische Ansätze in unserer Musik entdecken. Wir wollen einen respektvollen Umgang zwischen Männern und Frauen propagieren. Alles andere finden wir ekelhaft.

Björn Beton : Ich bin mir nicht sicher, ob wir Feministen sind, aber wir machen uns auf jeden Fall Gedanken darüber. In dem Lied Das traurigste Mädchen der ganzen Stadt versuchen wir uns zum Beispiel in eine Frau in einem Club hineinzudenken. Das allein wäre eine sehr männliche Perspektive gewesen. Wir haben dann Mieze von Mia gebeten, gemeinsam mit uns an dem Lied zu arbeiten. Sie nimmt die Position dieser Frau ein und antwortet mit ihren eigenen Texten auf unsere Texte. Der Perspektivenwechsel, der dadurch entstanden ist, ist wirklich überraschend.

Doktor Renz : Es ist auch ein Wagnis, sich in eine Frau hinein zu denken. Die Gefahr, in Klischees hängen zu bleiben, ist sehr groß. Deswegen freuen wir uns, wenn es uns scheinbar mal gut gelingt.

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