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Propaganda

Ein Königskind zieht in den Krieg

Britische Medien verschwiegen wochenlang, dass Prinz Harry in Afghanistan kämpfte. Danach feierten sie ihn als "heimlichen Helden". Die Bilder dafür lieferte das Militär. Ist das Kriegspropaganda?

Zuender : „The Secret Hero“ titelte der englische Daily Express in der vergangenen Woche – nachdem bekannt wurde, dass Prinz Harry in Afghanistan gegen die Taliban gekämpft hatte. Andere Zeitungen berichteten ähnlich unkritisch (siehe Bildergalerie). Ist das Kriegspropaganda?

Galerie: Bilder und Schlagzeilen der britischen Medien

Philip Hammond : Ja, wenn vielleicht auch keine klassische Art von Propaganda. Traditionell sollte Propaganda den Feind demoralisieren und die Unterstützung der Heimatfront sichern. Der Unterschied ist, dass Kriege bis zum Fall des Eisernen Vorhangs meist ein klares Ziel hatten: Rivalisierende Mächte besiegen, Bedrohungen abwenden, neue Territorien erobern.

Dagegen sind PR-Kunststücke dieser Art in den vergangenen Jahrzehnten Normalität geworden – es begann 1982 mit dem britischen Fallschirmjäger, dem ein dankbarer Bewohner der Falklandinseln eine Tasse Tee schenkte.

Weiter ging es mit einer Geschichte der BBC über einen britischen Soldaten, der im zweiten Golfkrieg 1991 eine Wüstenrennmaus als Maskottchen für seine Truppe adoptierte. Später kamen die Bilder von stämmigen Soldaten, die sich im Kosovokrieg um Babies kümmerten.

Öffentlichkeitsarbeit wird in internationalen Konflikten immer wichtiger, da die Ziele von militärischen Einsätzen politisch immer schwerer zu definieren und zu vertreten sind. Die Kriege von heute dienen vordergründig nicht der Durchsetzung staatlicher Interessen, sondern kaum definierten „Werten“. Das Image und die „Präsentation“ eines Einsatzes wird dadurch umso bedeutender.

Zuender : Glorifiziert die Berichterstattung über Prinz Harry den Krieg?

Philip Hammond : Es ist der Versuch, ein glorifizierendes Bild zu zeichnen – anstelle einer ernsthaften Rechtfertigung für den Krieg. Das Fehlen eines klaren Ziels in Afghanistan macht diese Sorte von PR-Stunt so bemerkenswert.

Zuender : Im vorigen September haben die britischen Medien einer Bitte der Armee zugestimmt, aus Sicherheitsgründen nicht über den Einsatz des Prinzen zu berichten. Im Gegenzug wurde ihnen exklusives Material einer vom Militär eigens angeheuerten Nachrichtenagentur versprochen. Sieht so unabhängige Berichterstattung aus?

Philip Hammond : Diese Episode steht in der schlimmsten Tradition britischer Obrigkeitshörigkeit. Wie so oft in der Vergangenheit scheinen die „Sicherheitsbedenken“ der Armee die Journalisten davon überzeugt zu haben, dass diese Art der Zensur gerechtfertigt sei.

Allerdings hätten diese Bedenken durch eine viel einfachere Maßnahme entkräftet werden können: Den Prinzen kurzerhand nicht nach Afghanistan zu schicken. Seine militärische Erfahrung ist sicherlich nicht so immens, dass sein Einsatz eine militärische Notwendigkeit war.

Es muss allen klar gewesen sein, dass sich so eine Geschichte nicht lange verheimlichen lassen würde. Die Hoffnung war einfach, dass Harry lang genug in Afghanistan bleiben könne, bis ein paar gute Bilder geschossen sind.

Zuender : Wie beinflusste das Bildmaterial, das ja für alle britischen Medien aus einer einzigen Quelle stammte, die Berichterstattung?

Philip Hammond : Die Berichte waren allesamt unkritisch. Die britischen Medien haben in dieser Hinsicht eine ziemlich beschämende Vergangenheit. Im vergangenen Juni, als Gordon Brown den Job des Ministerpräsidenten übernahm, wurden die Journalisten gebeten, über die gute Arbeit, die unsere Truppen in Afghanistan angeblich leisteten, zu berichten.

Viele der Medienvertreter reagierten sehr temperamentvoll auf das Anliegen: Leider benahmen sie sich eher wie PR-Profis und nicht wie Journalisten.

Die Abendnachrichten der BBC vom 21. Juni 2007 widmeten sich zum Beispiel über die Hälfte der Zeit den Anstrengungen der westlichen Allierten – besonders der British Army – die armen gottverlassenen Afghanen zu zivilisieren.

Zuender : Hat diese Art der Berichterstattung – besonders die über Prinz Harry - einen Einfluss auf die öffentliche Meinung? Die Einsätze in Afghanistan und besonders im Irak sind ja ziemlich unpopulär.

Philip Hammond : Die Idee dahinter scheint zu sein, vom Scheitern der Allierten im Irak abzulenken. Und die Öffentlichkeit auf die angeblich erfolgreicheren Bemühungen in Afghanistan aufmerksam zu machen. Das wird sich auf Dauer aber nicht auszahlen.

Zuender : Die British Army hatte in den vergangenen Jahren Probleme, genügend Soldaten zu rekrutieren. Wird der persönliche Einsatz des jungen Prinzen daran etwas ändern?

Philip Hammond : Es zu früh, das zu sagen. Aber ohne Zweifel war das für die Armee eine erfolgreiche Marketingübung.

Allgemein würde ich aber hinter die Aussage, dass militärisches Traditionsgetue und Nationalismus einen positiven Einfluss auf die Leute hat, ein Fragezeichen setzen. Das zeigt auch die Tatsache, dass Soldaten heute angehalten werden, nicht mehr ihre Nationalflagge zu zeigen – angeblich aus Respekt für das Land, das gerade eine Invasion über sich ergehen lassen muss.

Im vergangenen September, ungefähr zu der Zeit, als er die britischen Medienvertreter darauf einschwor, über den Fall Harry vorerst zu schweigen, beklagte sich der Chef des britischen Generalstaabes, Sir Richard Dannatt, über eine „ wachsende Kluft zwischen der Armee und der Nation“ . Heute wissen wir, dass er die Lösung bereits im Kopf hatte.

Zuender : Was ist für Prinz Harry drin?

Philip Hammond : Wie sehr die Aktion seinem persönlichen Image dient? Wer weiß das schon? Und wen interessiert’s?

Der größere PR-Erfolg ist, dass alle Welt über die Rechtfertigung der Medienberichte diskutiert, anstatt über die grundlegenderen Fragen nachzudenken: Was die britischen Truppen in Afghanistan sollen, zum Beispiel.

Die Fragen stellte via E-Mail: Carsten Lißmann

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