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Naher Osten

"Wir bloggen, weil wir glauben"

Seit einem Jahr sitzt der ägyptische Blogger Kareem Amer im Gefängnis, weil er den Islam beleidigt hat.

Seine Finger formen das Victory-Zeichen, aber Kareem Amer hat nicht gesiegt, im Gegenteil: Am 22. Februar des vorigen Jahres wurde der Student an der Universität Al-Azhar in Kairo zu insgesamt vier Jahren Haft verurteilt. Drei Jahre, da er den Islam beleidigt haben soll, ein weiteres Jahr für die Diffamierung des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak.

Der Blogger Abdul Kareem Nabeel Suleiman. Das Bild wurde nach seiner Verurteilung vor einem Jahr aufgenommen. Seitdem sitzt der junge Ägypter im Gefängnis. Die Vereinten Nationen bezeichnen Verletzungen der Menschenwürde in Ägypten als "systematisch". Auch Kareem Amer wurde eigenen Aussagen zufolge gefoltert.

Was war geschehen? Am 22. Oktober 2005 kam es vor einer koptischen Kirche in Alexandria zu Auschreitungen gegen die christlichen Gläubigen. Drei Menschen wurden damals getötet .

Kareem Amer, der eigentlich Abdul Kareem Nabeel Suleiman heißt, beschrieb die Ereignisse in seinem Blog als einen Angriff von Dieben und Plünderern – die Glaubenskonflikte seien nur vorgeschoben. Und weiter: „Stellt den Islam vor Gericht und verurteilt ihn und seine Symbole (...) nur so können wir sicher sein, dass so etwas nicht wieder geschieht.“

Harte Worte in einem Land, in dem der Islam Staatsreligion ist, und die Scharia Basis der Gesetzgebung. Auch viele derjenigen, die sich nun für die Freilassung Kareem Amers einsetzen, stimmen seiner scharfen Polemik nicht zu.

„Als Muslime sind wir nicht einverstanden mit dem, was Kareem gesagt hat und der Art, wie er es gesagt hat“, sagt Esra'a Al-Shafei aus Bahrain. „Aber wir glauben, dass es wichtig ist, Kareems grundlegende Menschenrechte zu schützen – für uns alle.“

Deshalb hat Esra'a Al-Shafei die Kampagne Free Kareem! initiiert. Im Internet sammeln die Unterstützer Informationen über den Häftling und organisieren weltweite Proteste.

Denn Kareem Amer ist einer von vielen. Eine aufstrebende Generation gebildeter junger Söhne und Töchter hat sich im Nahen und Mittleren Osten das Internet als Ausdrucksmittel angeeignet. Fouad Al-Farhan, ein ebenfalls inhaftierter Blogger aus Saudi Arabien, sagt, was diese Generation denkt: „Wir bloggen, weil wir glauben, dass wir Meinungen haben, die es verdienen gehört zu werden und Gedanken, die respektiert werden sollten.“

Viele der jungen Blogger schreiben nicht ausschließlich über Politik, doch bei den meisten schwingen politische Themen immer wieder mit. Sie wollen diskutieren und sich austauschen, über ihr Leben ebenso wie über die Probleme des Nahen und Mittleren Ostens.

Für Fouad Al-Farhan ist all dies nur in den Foren, Social Networks und Blogs im Internet möglich. Denn eine freie Presse oder Versammlungsfreiheit gebe es in den autoritär gelenkten Ländern der Region nicht.

Der aktuelle Jahresbericht der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen kommt zu dem Ergebnis, dass in keinem der Länder des Nahen und Mittleren Ostens Pressefreiheit herrscht: „Schmeicheleien sind noch immer der beste Weg, seinen Job und seine Freiheiten zu erhalten.“

Umso einflussreicher sind die jungen Blogger geworden, die schreiben können, was sie wirklich denken. Sie tragen Probleme an die Öffentlichkeit, die von den staatlich kontrollierten Medien totgeschwiegen werden. Viele von ihnen arbeiten unter Decknamen, nutzen Verschlüsselungs- und Anonymisierungsdienste, um sich selbst zu schützen.

Ein gutes Dutzend vorläufiger Verhaftungen und Bedrohungen von Bloggern durch Beamte allein in Ägypten hat die Initiative für ein offenes arabisches Internet (Openarab) im Jahr 2007 gezählt . Auch im Nahen und Mittleren Osten bietet der Kampf gegen den Terrorismus viele Möglichkeiten, Durchsuchungen und die Sperrung von Webseiten zu legitimieren.

Mehrmals wurden die Auseinandersetzungen verschiedener politischer Lager auf dem Rücken der Blogger ausgetragen: Ahmed Al-Omran, einer der bekanntesten saudischen Blogger, glaubt, dass sein Landsmann Fouad Al-Farhan als Bauernopfer im Gefängnis sitzt, weil er zwischen die Fronten eines Konfliktes zwischen dem auf Reformen drängenden König Abdullah und seinen konservativen Beamten und Beratern geraten sei.

Kareem Amer ist es so ähnlich ergangen: Er ist wohl im Gefängnis, weil die Behörden versuchen, einen Keil in die ägyptische Blogosphäre zu treiben, sie in islamistische Muslimbrüder und liberale Reformanhänger zu teilen.

Kareem Amer wurde noch vor der Urteilsverkündung von seiner Familie verstoßen - sein Vater forderte gar die Todesstrafe. Da ägyptische Häftlinge von ihren Familien mit Geld für Nahrungsmittel und Kleidung versorgt werden müssen, sammeln Esra'a Al-Shafei und das Team von Free Kareem! Spenden für ihn. Der Gefangene ließ die Aktivisten in einem seiner Briefe aus der Haftanstalt zum Dank für die Hilfe wissen: „Prison didn't change me“ - das Gefängnis habe ihn nicht verändert.

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