Populismus
Kriminelle Taschentücher raus!
Wenn der Wahlkampf naht, werden Politiker gerne populistisch. Was steckt dahinter? Reale Gefahr oder nur Effekthascherei? Wir haben sechs Fälle ausgesucht - urteilt selbst!
Intro
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
6
|
3. Richter Gnadenlos
Der Hamburger Bürgerschaftswahlkampf 2001 wurde fast allein von
Ronald Barnabas Schill
bestimmt. Der ehemalige Amtsrichter erschien einige Monate vor der Wahl mit der Forderung nach einer härteren Gangart gegen Kriminalität auf der politischen Bühne. Gefördert wurde er von der Hamburger Lokalpresse, die ihn bald Richter Gnadenlos nannte. Zu Schills Forderungen gehörten der Brechmitteleinsatz gegen mutmaßliche Drogendealer, die Kastration nicht therapierbarer Sexualstraftäter und die Unterbringung wiederholt straffälliger Jugendlicher in geschlossenen Heimen. Er versprach eine Halbierung der Kriminalität in Hamburg binnen hundert Tagen.
Seine kurz zuvor gegründete Partei Rechtsstaatlicher Offensive (PRO) wurde daraufhin aus dem Stand mit 19,4 Prozent der Stimmen in die Bürgerschaft gewählt. Sie ging eine Koalition mit CDU und FDP ein und löste so die seit 44 Jahren regierende SPD ab.
Als Innensenator versuchte Schill wiederholt, sich mit radikalen Forderungen und Äußerungen in Szene zu setzen. So warf er der Bundesregierung während des Elbhochwassers 2002 vor, kein Geld für die Flutopfer zu haben, weil sie jedes Jahr über 10 Milliarden Mark für Flüchtlinge ausgegeben habe. 2003 wurde Schill von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) entlassen. Angeblich hatte er von Beust gedroht zu veröffentlichen, dass dieser homosexuell sei und seinen angeblichen Lebenspartner Roger Kusch zum Justizsenator gemacht habe.
Mehr Populismus: Die Flugblatt-Affäre