Schlampe, Hure, Neger! Seit Jahren machen Rapper wie Sido, Bushido oder B-Tight rassistische Musik. Nun bekommen sie Gegenwind aus der Szene. Ein Interview mit Adé Bantu von Brothers Keepers.
Von Christine Kewitz
In einer
Petition
ruft euer Verein Brothers Keepers zum Kampf gegen „Rassismus und Sexismus im deutschen Hip Hop“ auf. Warum erst jetzt?
Den Auschlag hat eine Kampagne des Labels
Aggro Berlin
gegeben. Die Werbung für die Platte
Neger, Neger
von
B-Tight
war für uns nicht mehr vertretbar, allein der Titel ist schon rassistisch. Die Plakate und Sticker mit der Aufschrift „Neger, Neger“ wurden überall in den Städten unkommentiert verbreitet. Wir haben erst abgewartet wie die Menschen dazu stehen. Leider mussten wir feststellen, dass das einfach so hingenommen wurde. „Wird schon stimmen, der ist ja ein Afrodeutscher und wenn der sich so nennen will, dann ist das okay. Dazu habe ich keine Meinung.“ Da war es an der Zeit einzuschreiten.
Aggro Berlin
ist schließlich kein Randphänomen, sondern steht mitten in der Populärkultur.
Ein altes Argument: Wenn die Afrodeutschen sich selbst Neger nennen, dann ist das gut so.
Das ist eine Klischeevorstellung. Wir bestimmen, wie wir genannt werden wollen. Wir mussten uns mehr als 400 Jahre lang von rassistischen Leuten Namen verpassen lassen – mit allen negativen Vorstellungen, die man sich in Europa so macht. Vom „dunklen Kontinent“ bis zu den „teuflischen Blicken“ hat man sämtliche Klischees der Angst und Fremdenfeindlichkeit auf Afrika und seine Bewohner übertragen. Wir stellen den Arbeitsbegriff „afrodeutsch“ dagegen. Man kann auch die jeweiligen Länder benutzen: „Nigerianisch-Deutscher“, „Deutsch-Nigerianer“ oder „Afropäer“. Aber uns als „Neger“ zu bezeichnen geht nicht – auch nicht von einem, der behauptet zu uns zu gehören.
Der Rapper
Bushido
, mit dem
Aggro Berlin
einst erfolgreich geworden ist, hat ähnlich harte Texte. Darf die Straße nicht auch eine Stimme haben?
Die Straße soll eine Stimme haben, aber das bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen. Wer sich darüber nicht im Klaren ist, sollte nur Tapes an seine besten Freunde verschicken. Wer als Künstler in die Öffentlichkeit tritt, hat Verantwortung. Und muss auch damit leben, kritisiert zu werden.
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Im amerikanischen Rap tauchen Begriffe wie Motherfucker, Bitch oder Nigger regelmäßig auf. Gibt es da einen Unterschied zum deutschen Hip Hop?
Das ist auch so eine Verallgemeinerung. Es gibt diese Tendenzen im afroamerikanischen Hip Hop zwar, aber es gibt auch Gegenbewegungen wie die
Conscious Rapper
, die sich ebenfalls sehr gut verkaufen.
Common
zum Beispiel war mit seinem Album
Finding Forever
in den amerikanischen Billboard Charts.
Anscheinend wollen alle immer nur dieses klischeehafte Bild vom schwarzen Mann bestätigt sehen. Es gibt viele Alternativen dazu, aber die Plattenfirmen und Musiksender wollen sie nicht zeigen. Die wollen marginalisierte, ungebildete Vorsprecher einer Ghetto-Minderheit in Amerika. Alle anderen werden zu dem Thema kaum gefragt.
Aber diese Künstler sind sehr erfolgreich. Die Macher der Zeitschrift
Bravo
argumentieren zum Beispiel, man zeige nur, was die Zielgruppe lesen wolle. Wie kann man diesen Kreislauf durchbrechen?