ReputationDefender
hat allerdings ein Problem, denn viele Daten im Netz lassen sich nicht einfach so entfernen. So räumt die Firma selbst ein, dass sie Zeitungsartikel oder öffentliche Gerichtsprotokolle nicht verschwinden lassen kann. Und selbst wenn sie die Betreiber dazu bekäme, diese Inhalte offline zu nehmen – was einmal im Internet veröffentlicht wurde, verschwindet bekanntlich
nie wirklich daraus
. Suchmaschinen speichern zum Beispiel Kopien von Webseiten in einem Langzeitspeicher, dem so genannten Cache, damit beliebte Seiten schneller geladen werden können. Selbst Webseiten, die längst offline sind, kann man dort noch wieder finden. Google löscht gecachte Seiten erst nach mehreren Monaten oder
ausdrücklicher Aufforderung
. Danach gibt es immer noch die
Wayback-Machine
, ein Archiv fast aller jemals online gewesenen Internetseiten seit 1996. Zwar tauchen Daten aus der Wayback-Machine bei der normalen Internetsuche nicht auf, theoretisch sind sie jedoch weiterhin im Netz zu finden.
Firmen wie
ReputationDefender
versuchen deswegen vor allem, die Suchmaschinen zu überlisten. Nach dem Prinzip: Wenn ein Schandfleck schon nicht verschwindet, kann er zumindest unwichtiger werden. Was bei der Google-Suche nicht auftaucht, ist im Netz so gut wie unsichtbar – und was man nicht sieht, macht auch keine Probleme. Das Ziel ist also, Google und andere Suchmaschinen dazu zu bekommen, positive Informationen über eine Person unter den Suchergebnissen weit oben anzuzeigen, unliebsamen Inhalte dagegen erst auf Seite zwei oder drei. Das zu erreichen ist allerdings zeitaufwendig und entsprechend teuer: Bei
ReputationDefender
zahlt ein Kunde für so einen Premium-Service umgerechnet mindestens 7.000 Euro.
Einen ähnlichen Luxusdienst bietet
International Reputation Management
aus Washington. Zu den Klienten der PR-Firma zählen in den USA Anwälte, Politiker und Universitätsdozenten. Sie zahlen drei- bis vierstellige Beträge im Monat, um im Netz hinter sich aufräumen zu lassen und sich von ihrer besten Seite zu zeigen.
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Um die negativen Suchergebnisse auf die hinteren Seiten zu drängen, erstellen Gründer Nino Kader und seine Mitarbeiter für ihre Klienten eigene
MySpace
-Seiten, posten positive Fernsehberichte über sie auf
YouTube
oder lassen sie Blogs über ihr berufliches Fachgebiet führen.
Die PR-Werkzeuge im Mitmachweb
Ganz anders macht es der Onlinedienst
Naymz
: Statt teuren personalisierten Service anzubieten, lässt er Nutzer selbst Eigen-PR im Netz machen. Nolan Bayliss, Tom Drugan, und Tony Czupryna, die die Plattform im Juni 2006 in Chicago gegründet haben, hatten vor allem den Aufstieg sozialer Netzwerke wie
MySpace, Flickr
oder
Facebook
vor Augen. Bei
Naymz
können Nutzer kostenlos ein eigenes Profil erstellen und darin auf alle Stellen im Netz verweisen, die ihnen wichtig sind: Webseiten, Blogs, ihre Fotos auf
Flickr
oder Videos auf
YouTube
. (Susi Blume würde dort vermutlich ihr Profil im Geschäftsnetzwerk
Xing
und positive Erwähnungen in den Blogs von Kollegen auflisten, nicht aber ihre Lack-und-Leder-Bilder.)
Naymzverspricht,
dieses Profil dann so für die Suchmaschinen zu optimieren, dass es weit oben in der Liste der Suchtreffer auftaucht – im Idealfall als erster Eintrag über allen anderen potentiell peinlichen Daten.
Wer ganz sicher sein möchte, kann fünf Dollar im Monat für den Premium-Dienst zahlen.
Naymz
kauft dann bei Google und anderen Suchmaschinen einen Anzeigenplatz,
"Sponsored Link"
genannt. Von dieser bezahlten ersten Position in den Suchtreffern aus wird direkt auf das aufgemotzte Profil des jeweiligen Nutzers verlinkt.
Claim-ID
, ein ähnlicher Dienst, wurde im Juli 2006 von zwei Doktoranden an der University of North Carolina gegründet. In erster Linie ist
Claim-ID
dazu gedacht, seine verschiedenen Online-Profile und Passwörter an einer zentralen Stelle zu verwalten. Gleichzeitig funktioniert der Dienst ebenso wie
Naymz
als zentrale Plattform, um alle relevanten Informationen zur eigenen Person im Netz in einem Profil zu bündeln – und sich dabei möglichst gut darzustellen. Was im eigenen Profil auftaucht, entscheidet jeder Nutzer selbst. Hauptunterschied zu
Naymz: Claim-ID
bietet keine Premium-Option, die eine hohe Platzierung der Profile bei den Suchmaschinen garantiert.
Die Deutschen
Seit kurzem hat sich zu
Naymz
und
Claim-ID
auch eine deutsche Variante gesellt, die Plattform
Myonid
. Der von Mario Grobholz gegründete Dienst ist seit August 2007 online und noch in der Beta-Phase. Wie bei
Naymz
können Nutzer alle sie betreffenden Informationen im Netz in einem Profil bündeln und kommentieren. Im Moment geschieht das noch kostenlos, früher oder später wollen Grobholz und seine Mitstreiter aber ebenfalls einen Premiumdienst nach dem Vorbild des US-Konkurrenten einführen.
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Im Gegensatz zu
ReputationDefender
versuchen Dienste wie
Naymz
oder
Myonid
gar nicht erst, unliebsame oder peinliche Informationen über ihre Nutzer verschwinden zu lassen. Sie erlauben es ihnen aber, diese Informationen zu kommentieren und einzuordnen. Susi Blume würde es allerdings vermutlich wenig nützen, ihr Engagement in der Sadomaso-Gemeinschaft damit zu entschärfen, dass sie es als kreatives Hobby einordnet.