Saudi-Arabien
Der Teufel kommt mit dem Auto
TEIL 2
Ahmed Al-Omran aus Riad
kommentierte in seinem Blog Saudijeans.org das Dokument
, in dem jeder, der das Recht der Frau auf Autofahren fordert, zum „Feind des Islam“ erklärt wurde. Die Kommentare unter dem Blogeintrag zeigen, dass niemand genau sagen kann, wann das Fahrverbot überhaupt in Kraft getreten ist und was der Islam oder die Tradition damit zu tun hat.
Die Leserin
Aliyan weist darauf
hin, dass saudische Frauen früher nicht so eingeschränkt waren. Sie hätten Kamele, Esel und Pferde geritten während sie die Schafe und Ziegen der Familie hüteten. „Was ist also das Problem mit Autos?“ fragt sie.
Leserin amo0or schreibt
, dass das Verbot weder in der Tradition verwurzelt sei, noch in der Religion. Das Problem seien die Frauen, die nicht genug forderten: „Sagt nicht, der Islam verbietet euch das Fahren. Das ist doch Verarsche. Der Islam ist an diesen Lügen unschuldig. Schwestern, hört auf hinter den Männern zu laufen. Lauft Schulter an Schulter. Schämt euch, ihr seid besser als das!“
Einige Frauen dagegen räumen ein, sie wollten gar nicht fahren. Entweder weil sie nicht befugt wären, dieses Recht einzufordern („
Autofahren ist eben kein Recht der Frau
“), oder weil sie es mögen, gefahren zu werden: „
Es ist doch schön, wie eine Prinzessin behandelt zu werden
“, schreibt rosanana in
Aya’s Weblog
.
Theoretisch könnten Frauen in Saudi-Arabien schon jetzt Autofahren.
König Abdullah hat im vorigen Jahr in einem Interview gesagt
, die Frage ob Frauen fahren dürften, sei keine politische oder religiöse, sondern eine soziale. Bedenkt man, dass Frauen in allen anderen arabischen Staaten Auto fahren dürfen, ist das logisch. Dort geht es eher um das wie.
Verschleiert
?
Sabbah aus Bahrain
beschreibt das Dilemma
so: „Saudi-Arabien liebt einfache Gleichungen“. Frauen könnten theoretisch viele Dinge tun, praktisch brauchen sie für alles die Zustimmung ihres Vormunds. Wenn sie fahren wollten, müssten sie akzeptieren, dass sie beschuldigt werden, „keine Scham zu haben“ und „verwestliche Verräter ohne religiöse Moral“ zu sein. Wenn sie sich dagegen entschieden, würden sie als „tugendhaft, fromm und aufrichtig in ihrem Glauben“ gelten.
Was diese simple Logik in der Praxis bedeutet, erfuhr 1991 eine Gruppe saudischer Frauen, die gegen das inoffizielle Fahrverbot protestierten. Sie verabredeten sich und fuhren durch die Innenstadt von Riad, wo sie prompt inhaftiert und erst entlassen wurden, nachdem ein männlicher Vormund unterschrieben hatte, dass sie nie wieder ein Lenkrad anfassen würden. Ihre Männer verloren ihre Arbeit, die Frauen wurden als Huren beschimpft und erhielten Morddrohungen. Aber: „Es ist nicht mehr das Tabu, das es einmal war“,
sagt Wafa al-Munif, eine der Aktivistinnen, Jahre später in einem Interview
. Eine andere sagt: "Uns ging es nie ums fahren. Autofahren ist nur ein Symbol“.
So sieht es auch Blogger Sabbah: „Es geht hier nicht um Frauen und Autos, – die Männer in Saudi-Arabien glauben, dass dann die Büchse der Pandora geöffnet wäre.“ Gemeint sind die gesellschaftlichen Folgen, die unweigerlich einträten, wenn die Fahrerlaubnis für Frauen erst die Steine ins Rollen brächte.
König Abdullah schreckt davor noch zurück: Es stehe ihm nicht zu, über das Fahrverbot zu entscheiden, das müsse sein Volk tun. „Frauen werden fahren, es ist nur eine Frage der Zeit“. Vielleicht kann die Petition zum 75. Jahrestag seines Königreiches diesen Prozess beschleunigen.