Menschen-Suchmaschinen wie Wink, Zoominfo und Spock zeigen alle Daten, die über uns im Netz kursieren, auf einen Blick. Auch die, die man lieber geheim gehalten hätte.
von Chris Köver
99,95 US Dollar. So viel hat es bislang gekostet, sich einen kompletten Hintergrundbericht über eine Person erstellen zu lassen. Enthalten im Paket der Firma
Alpha Background Investigations
: Überprüfung aller Schulabschlüsse, des bisherigen Lebenslaufes, der Kreditwürdigkeit, krimineller Vergangenheit, aller Adressen, Telefonnummern, auf Wunsch sogar Hobbys. Demnächst wird man dafür nicht mehr so viel zahlen müssen. Auf Webseiten wie
Wink
oder
Spock
reicht es, den Namen eines Menschen einzugeben. Schon erfährt man genauso viel oder sogar mehr und nützlicheres über ihn.
Leute-Suchmaschinen sind derzeit der letzte Schrei in den USA. Der Markt für die Suche nach Personen wird auf 60 Milliarden US-Dollar geschätzt. Laut
Spock
bezieht sich jede dritte Suchanfrage im Netz auf Menschen – das ist der größte Batzen überhaupt. Neue Start-Ups wittern hier viel Geld und Risikokapitalgeber geben ihnen die nötige Anschubfinanzierung.
Die meisten der neuen Leute-Suchmaschinen funktionieren wie
Google,
nur dass sie ausschließlich Informationen über Personen in ihrer Datenbank sammeln. Sie scannen soziale Netzwerke wie
MySpace
,
Xing
oder
StudiVZ,
Blogs, Zeitungsartikel, Online-Enzyklopädien wie Wikipedia und Fotoportale. Die Daten, die sie dort über eine Person finden, stellen sie zu einem Profil zusammen. Theoretisch werden darin alle Spuren gebündelt, die ein Mensch in seinem Leben im Internet hinterlassen hat. Das Nacktbild, dass der Ex-Freund auf
Flickr
hochgeladen hat ebenso wie der Eintrag auf der eigenen
MySpace-
Seite, man sei jetzt wieder Single.
Für die größte Aufregung sorgt im Moment das neueste Start-Up
Spock
. Dabei ist die Webseite nur eine von vielen, die die Suche nach Menschen zum Kinderspiel machen. Hier ein kurzer Überblick.
Zoominfo.com
Zoominfo
ist bereits seit dem Jahr 2005 online und damit so etwas wie die Urgroßmutter der Leute-Suchdienste. Zielgruppe der US-Firma sind vor allem Unternehmen, die neue Mitarbeiter suchen. Für umgerechnet zehn Euro im Monat versorgt
Zoominfo
sie mit allen Informationen zu Bewerbern. Seit 2005 bietet die Firma zusätzlich eine kostenlose Personensuche im Netz an.
Die Daten zieht
Zoominfo
aus Konferenz-Programmen, Zeitungsartikeln im Netz und von privaten Homepages. Daraus wird für jeden Menschen ein Profil erstellt – mit einem Foto, einem kurzen Überblick über die bisherigen Karriere-Stationen und weiteren Suchergebnissen zu seinem Namen. Mittlerweile sind insgesamt 36 Millionen Menschen erfasst – sagt die Firma.
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Wink.com
Ebenfalls seit längerer Zeit online ist die Suchmaschine
Wink
, der direkteste Konkurrent von
Spock
: Eine erste Beta-Version ist seit Ende 2005 im Netz. Wie Spock durchsucht Wink soziale Netzwerke und Web 2.0-Dienste wie
Friendster
,
LinkedIn
,
Yahoo!360
und
Twitter
. Auch Informationen aus Artikeln und Blogs werden mit aufgenommen. 200 Millionen Profile hat Wink nach eigener Angabe bislang zusammengestellt, damit ist es derzeit die größte Leute-Suchmaschine im Netz.
Wer einen alten Schulfreund oder eine neue Online-Bekanntschaft suchen möchte, kann das ausgehend vom Namen, Spitznamen oder Angaben aus anderen Profilen tun. Auch kann man direkt nach Menschen aus der eigenen Stadt suchen, die ähnliche Hobbys haben oder gleich alt sind.
Wink
erstellt zwar unaufgefordert Profile, überlässt den Nutzern aber gleichzeitig die volle Kontrolle darüber, was sie dort über sich preisgeben möchten. Wer mit einem Passwort bestätigt, dass es sich um sein Profil handelt, kann die Angaben über sich ändern und einstellen, welche seiner anderen Webseiten und Netz-Profile er verlinken möchte. Geschäftsführer Michael Tanne sagt dazu: "Wir wollen sicher stellen, dass Menschen, die über unsere Suchmaschine gefunden werden, die Kontrolle über ihr Profil und die darin enthaltenen Informationen haben."
Spock.com
"Suchmaschine schnüffelt Menschen aus", "Spock macht Jagd auf Menschen", "Ein Datenerfassungsmonster wird legal". Das sind einige der aufgebrachten Schlagzeilen, mit denen Zeitungen im vergangenen Monat über die neueste Leute-Suchmaschine titelten. Ein erste
Beta-Version von
Spock
ist seit Anfang Juli online und zunächst scheint sie gar nicht so viel anders zu sein als ihre Vorläufer. Auch
Spock
– kurz für Single Point of Contact and Knowledge – durchsucht soziale Netzwerke wie
MySpace,
Facebook
und
Xing
. Blogs und Artikel über Menschen werden ebenfalls gescannt, so zum Beispiel auch Wikipedia. Mittlerweile hat das Unternehmen nach eigener Angabe auf diese Weise 100 Millionen Profile erstellt.
Die sehen denen von
Wink
oder
Zoominfo
zunächst sehr ähnlich. Aber die Tücke steckt im Detail. Im Gegensatz zu den anderen Webangeboten kann man sein Profil auf
Spock
nämlich nicht selbst kontrollieren. Die Gemeinschaft der
Spock
-Nutzer kann dem eigenen Profil
Schlagworte
und
Fotos
zuordnen – egal, ob es der betreffenden Person passt oder nicht. So ist das Profil des ehemaligen US-Präsidenten
Bill Clinton
zum Beispiel mit den Begriffen "Sex Skandal" und "Amtsenthebungsverfahren" getaggt. Auch das Foto von einem selbst im Vollrausch, das ein anderer geschossen hat, kann im eigenen Profil auftauchen. Wie genau und ob man solche unliebsamen Informationen wieder entfernen lassen kann, ist unklar.
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WikiYou
WikiYou
ist eine Art Wikipedia für Menschen und die harmloseste Variante der hier aufgezählten Suchmaschinen. Ausgangsidee war die Ungerechtigkeit der Wikipedia Foundation. Die Wikipedia Foundation löscht nämlich die Biografien derjenigen, die sie nicht für berühmt und somit wichtig genug hält.
WikiYou
glaubt dagegen, "dass jeder Menschen auf der Erde eine Biografie verdient hat" – egal ob er in der Enzyklopedia Britannica auftaucht oder nicht.
Im Gegensatz zu den anderen Suchmaschinen, die reine Daten zusammenstellen, liegt der Schwerpunkt bei
WikiYou
auf den Biografien und Geschichten über die jeweilige Person. In Wikipedia-bekannter Manier können die Inhalte und Geschichten von allen Nutzern verändert und ergänzt werden.
Das Gegengift:ReputationDefender
Die gute Nachricht: Selbst wer in einem Anflug von geistiger Umnachtung üble Bilder von sich ins Netz gestellt oder jahrelang intime Details über sein Privatleben in einem Blog veröffentlicht hat, ist nicht vollends verloren. Mittlerweile gibt es Unternehmen, die versprechen, den guten Ruf ihrer Mandanten im Netz wieder herzustellen. So etwa die im Oktober 2006 gegründete Firma
ReputationDefender
.
Für umgerechnet etwa zehn Euro erstellt sie monatliche Berichte über das eigene Netz-Image. Für etwa 25 Euro macht sie Tabula Rasa und säubert das Netz einmal von allen vorgefundenen Daten. Wie genau das passiert, ist natürlich "Geschäftsgeheimnis". Google hat der Firma vermutlich schon genug Kunden beschert. Sie stellt im Moment fast täglich neue Mitarbeiter ein. Mit
Wink, Spock
und Co. dürfte sie demnächst noch schneller expandieren.