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RASTAFARI

Peace, Dope und eine Kugel für die Schwulen

TEIL 2

Im Falle Buju Bantons entzündet sich die Debatte an dem Stück Boom Boom Bye aus dem Jahre 1992, das er in Europa ohnehin nicht öffentlich aufführt. Daraus stammen auch die eingangs zitierten Textzeilen. Er selbst sagt dazu: „Wir haben euch nie gesagt, nehmt unsere Musik und bringt sie nach Deutschland. Ihr kauft unsere Musik und dann wollt ihr uns vorschreiben, was wir zu singen haben. Was soll das? Wir sind euch keinerlei Erklärung schuldig.“

Er ist uns keine Erklärung schuldig, wir verbieten ihm hier aufzutreten. Muss er halt mit den Konsequenzen leben. Die Frage ist nur: Was ist damit gewonnen? Ändert Buju seine Meinung? Ändert sich etwas in Jamaika? Oder hier? Wird deswegen auch nur ein einziger Schwuler weniger diskriminiert? Kommt irgend jemand ins grübeln?

Was passiert ist? Ein paar Reggaefans, die auf das Konzert wollten, sehen sich bestätigt. Aha, diese Schwuchteln sind tatsächlich die Heulsusen, für die wir sie ja insgeheim schon immer gehalten haben. Und die Homosexuellenverbände haben bewiesen, dass sie sich menschenverachtendes, faschistoides Zeug nicht gefallen lassen. Die Zeiten sind vorbei!

Haben sie das wirklich bewiesen? Jedes Wochenende werden quer durch die Republik Stücke mit schwulenfeindlichen Texten, so genannte Battyman-Tunes, auf Reggaepartys gespielt. Wollen wir nun Reggaepartys verbieten? Oder Aufpasser hinschicken, die genau hinhören? Nur noch politisch korrektes spielen, wie es mancherorts tatsächlich getan wird? Wo dann scheinheilig die dritte Strophe eines Stücks ausgeblendet wird, weil dort böse Sache gesungen werden?

Abgesehen davon, dass der jamaikanische Patois-Slang selbst englischen Muttersprachlern nicht immer zugänglich ist, viele Leute also gar nicht verstehen, was da gesungen wird – ich gehe nicht davon aus, dass irgendjemand nach so einer Party auf die Idee kommt, Schwule oder Lesben aufzumischen. Und wenn doch, würde ich das für den Auslöser halten und nicht für den Grund. Die Argumentation läuft so ähnlich wie bei den so genannten Killerspielen. Auch diese können nicht der Grund dafür sein, dass Menschen Amok laufen. Aber vielleicht ein Auslöser - einer von vielen möglichen, wir können gar nicht alle verbieten. Es wäre sowieso besser, nach Gründen zu forschen.

In Jamaika herrschen andere Verhältnisse, die sich nicht übertragen lassen. Mit diesem Widerspruch leben nicht nur Reggaehörer, sondern alle, die mit dieser Musik in Berührung kommen. Wie mit dem Thema umzugehen ist, wird in der Reggaeszene ausführlich diskutiert, ohne dass es zu einem Konsens kommen würde. Um noch ein weiteres Beispiel heranzuziehen und die Perspektive etwas zu entzerren: In Jamaika ist es auch verpönt, „unter dem Tisch zu essen“, wie es eine Metapher aus dem Patois formuliert. Sprich: Oralverkehr ist tabu. Ich warte noch auf die Feministinnen, die vor Konzerthallen ihr Recht auf Cunnilingus einklagen.

Wenn Mr. Vegas singt: „Heads high, kill'em with a no, just make a boy know you don't blow“, dann singt der ganze Club mit, auch die Männer. Ich bin sicher, die meisten von denen lassen sich ganz gerne einen blasen.

Beenie Man hat sich als einer von drei Reggaekünstlern bei der Initiative Stop Murder Music verpflichtet, in Zukunft keine schwulenfeindlichen Stücke mehr aufzunehmen. Doch er schielt schon seit Jahren auf ein internationales Mainstream-Publikum, ich vermute nicht, dass er seine Gesinnung geändert hat, sondern dass ihm Geld, Ruhm und Anerkennung wichtiger sind. Ich weiß nicht, ob ich das als Erfolg verbuchen würde, wäre ich Vertreter eines Homosexuellenverbandes. Vorausgesetzt natürlich, meine Vermutung ist richtig.

Sizzla, ein weiterer Artist, der sich verpflichtet hat, sang noch vor kurzem: „Rasta nah apologize to no battyboy“. Da kann er von mir aus unterzeichnen, was er möchte, ich glaube an keinen Gesinnungswandel. Und wer es tut, scheint mir blind.

Ich bin gegen Zensur, weil ich einfach nicht sehen kann, was damit gewonnen ist. Und wer mich deswegen für einen verkappten oder nicht verkappten Schwulenhasser hält – nur zu. Ich kann nichts dafür, dass ihr die Welt immer so bastelt, wie sie euch gerade gefällt.

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