Jörg Fausers großes Thema sind die Gescheiterten, die Halbseidenen, die Boxer, die Nutten und die Stehausschank-Trinker. Doch es dauert lange, bis Fauser mit seinen Geschichten ein wenig Erfolg hat. Er arbeitet als Wachmann, auf dem Flughafen, als Journalist und später gelegentlich auch als Texter für das Yps-Magazin. Die meisten seiner frühen Manuskripte werden abgelehnt. Ende der siebziger Jahre lässt er Cut up hinter sich und wird zum Klarschreiber. Seine Sprache ist hart, präzise, rasant und witzig. Genau das Richtige für einen guten Krimi.
1981 veröffentlicht Fauser seinen Roman "
Der Schneemann
". Die Geschichte des Kleinkriminellen Blum, der versucht, fünf Pfund reinstes Kokain auf einem paranoiden Trip durch Europa zu verkaufen. Das Buch wird sein größter Erfolg, es verkauft sich bis heute 250.000 Mal.
Von da an ist Fauser raus aus dem Underground. Er ist ein etablierter Schriftsteller. Doch er will nach wie vor eine andere, bessere und direktere Literatur. Auf Drängen seines Verlages liest er beim
Bachmann-Preis in Klagenfurt
vor. Dort kommt es zur Konfrontation. Die Kritiker, allen voran Marcel Reich-Ranicki, verreißen ihn. Ranicki verhöhnt Fauser, vor laufenden Kameras tadelt er ihn mit den Worten: "Er passt nicht hierher." Klagenfurt bestärkt Fauser in der Rolle des Rebellen. Er sagt, er wolle seine Romane einem breiten Publikum zugänglich machen. Am besten solle man seine Texte in Supermärkten kaufen können.
Dort landet er nie. Doch eine Werbekampagne des Magazins
Wiener
bringt ihn direkt in die Straße. Die einzelnen Kapitel seines Fortsetzungsromans "
Kant
" sind 1987 an den Litfasssäulen aller großen Städte zu lesen.
Jörg Fausers 43. Geburtstag war sein letzter. Er feierte mit Familie und Freunden in der Münchner Bar
Schumann's
. Keiner der Gäste kann sich daran erinnern, wann der Schriftsteller ging. Im Morgengrauen des 17. Juli 1987 läuft er auf dem Standstreifen der A94 in Richtung München. Es sind noch etwa 16 Kilometer bis zu seiner Wohnung, als ein LKW ihn erfasst und mitreißt. Er stirbt noch an der Unfallstelle.
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In den Tagen danach entstanden die ersten Gerüchte. Er habe geheime Akten bei sich gelagert, die am Morgen abgeholt worden seinen. Er sei im Puff gewesen und auf die Autobahn getorkelt. Er habe familiäre Probleme gehabt. Die Arbeit zu seinem Roman
Die Tournee
sei nicht gut vorangegangen. Er sei einer großen Verschwörung zum Opfer gefallen. Jemand habe ihn entführt und auf die Fahrbahn gestoßen.