Die FAZ hat ihn mal als "Deutschlands jüngsten Großkünstler" bezeichnet. Wir dürfen ihn aber trotzdem duzen. Ein Interview mit Jonathan Meese.
Fragen von Ulrike Linzer
Herr Meese, wollen Sie mit Ihrer Kunst politisch sein?
Du darfst mich duzen.
Jonathan, willst Du mit deiner Kunst politisch sein?
Das geht gar nicht. Kunst kann nur neutral bleiben. Sie kann nur auf sich selbst hinweisen. Künstler dürfen keine Parteien gründen. Beuys wollte Kunst zur Politik tragen – das geht doch nicht!
Beziehst du nie Stellung zu aktuellen Themen, zum Beispiel G8?
Privat könnte ich das, aber das ist mir zu mickrig. Künstlerisch kann ich es nicht ausdrücken. Ich kann mich eh nicht ausdrücken, die Kunst drückt mich aus.
Du hast aber schon eine Meinung dazu?
Meine Meinung ist nicht so wichtig, dass ich dazu etwas sagen müsste. Felsblöcke sind neutral. Es geht nicht um den eigenen kleinen Popo. Ich bin eine Roulette-Kugel in Las Vegas. Jede politische Ideologie ist ausgereizt. Aber wir hatten noch nie ein Tier an der Macht.
Wie hältst Du's mit der Religion?
Kunst ist keine Religion, aber jede Religion ist Kunst.
Du bevorzugst wohl eher die Philosophie.
Alle unterstellen mir immer ich hätte eine Theorie zu Nietzsche oder Wagner entwickelt. Das stimmt nicht. Ich hatte noch nie eine Theorie. Ich bin verwirrt.
Woran glaubst Du dann?
An die Kunst. Sie wird die Macht ergreifen. Die Revolution kommt. Es gibt keine Alternative zu Kunst. Kunst ist Verdauung. Es geht nicht um Geschmack. Kunst ist Stoffwechsel.
Was sagst du zur Kommerzialisierung von Kunst?
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Wunderbar! Kommerz ist doch herrlich. Das muss sich noch steigern, so extrem werden, dass ein Kunstwerk fünf Milliarden kostet. Dann erst wird es spannend. Wenn ein Bild die Staatshaushalte von ganz Südamerika verschlingt. Der Kunstmarkt ist eine lustige Nebenerscheinung. Wie eine Glücksspielhölle in Las Vegas.
Und Du mittendrin?
Neid, Missgunst, Konkurrenz – das blockiert doch nur. Ich muss das nicht machen. Wenn jemand anderes das übernehmen will, habe ich damit kein Problem. Ich kann mein Leben auch im Bett verbringen.