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Fremdgehen

Ich, das besetzte Klo

Er weiß alles über mich, ich nichts über ihn. Wir treffen uns, wenn er Zeit hat. Eigentlich sollte mir das weh tun.

Während wir es tun, meldet sich oft sein Pieper. Dann ist er so schnell wieder verschwunden, wie er gekommen ist. Manchmal ruft er an: „Bin in zwanzig Minuten bei dir.“ Ich wehre mich selten gegen diese spontanen Besuche, und bin machtlos gegenüber seiner sexuellen Energie. Er hat mich schon erobert, wenn er in seinem Kittel abgekämpft die Stufen hinaufkommt. Dann folgt immer dasselbe Ritual: Wir schlafen in meinem Zimmer miteinander, manchmal überkommt es uns schon im Flur. Wir liegen nackt in den weichen Kissen meines Bettes, tollen wie Kinder. Er streichelt hingerissen mein Gesicht – findet mich schön. Meist nach dem Frühdienst, schläft er kurz ein. Er bleibt höchstens eine Stunde.


Meine Wohnung ist seine Oase. Hier verlieren seine Hände den Latex-Geruch und nehmen meinen Duft an. Er lädt sich an mir auf. Das ist mein Joker. Er braucht etwas von mir, das ich ihm verweigern kann. Würde ich nicht so lieben, was hätte ich davon? Ich vermisse ihn nicht im Alltag. Träume von keinem gemeinsamen Abend im Restaurant. All das hatte ich nie mit ihm. Das wusste ich von Anfang an.

An dem Tag, als wir das erste Mal Sex hatten, siezten wir uns noch. Seitdem haben wir uns 1533 E-Mails geschrieben und mehrere hunderte Male miteinander geschlafen – immer in meiner Wohnung. Diese Affäre dauert jetzt über zwei Jahre. Er ist verheiratet und seine Frau hat zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens ein Kind zur Welt gebracht. Eine Trennung komme aus verschiedenen Gründen nicht in Frage, erklärte er mir zu Beginn. Ich spekuliere auch nicht darauf. Wenn, dann hoffe ich insgeheim.

Ansprüche kann keiner stellen. Weder er an mich, noch ich an ihn. Das ist der Deal. Von Anfang an habe ich mich an die unausgesprochenen Regeln gehalten: ich rufe nie bei ihm an, stelle keine Fragen und habe nicht einmal seine Handynummer gespeichert. Ganz anders er: die Glückwünsche für Prüfungen kommen pünktlich und er versäumt es nicht, sich nach dem Wohlsein meiner Haustiere zu erkundigen. Er verfolgt sogar die Männer-Geschichten meiner Freundinnen, von denen ihn noch keine zu Gesicht bekommen hat. Er kennt mich und mein Leben.

Seines dagegen liegt wie in Puzzleteilen vor mir. Die wenigen Stückchen, die ich habe, schiebe ich umher, weit entfernt von einer Idee, wie das Gesamtbild aussehen könnte. In unserer kleinen Welt aus elektronischer Post und den gemeinsamen Stunden in meiner Wohnung offenbart er sich. Wenn er nach dem Sex neben mir liegt, verflüchtigen sich die vielen Lebensjahre, die uns trennen. Unsere Körper liegen verschlungen ineinander und er beginnt von schwierigen Operationen zu erzählen. Der Name seines Kindes fiel erstmals im Betreff einer Ostermail: „Rosa sucht vergebens“.

Seitdem ich ihn kenne, hatte ich nur kurze Beziehungen, nie länger als drei Monate. Wenn ich meine, mich in einen anderen verliebt zu haben, stoße ich ihn von mir. Dann erzähle ich ihm von dem neuen Mann in meinem Leben und schicke ihn in die Wüste. Er kämpft dann nicht um mich. Im Gegenteil: er zieht sich zurück.

Ich kann auch ohne ihn. Aber die Funkstille währt nie lange. Er mailt wieder oder ruft an. Als könne er riechen, wenn ich wieder empfänglich für ihn bin, als würde er wissen, dass er derjenige ist, von dem ich nicht genug bekommen kann.

Dann werde ich zur Betrügerin und werde zugleich betrogen. Betrogen von ihm durch seine Doppelgleisigkeit, betrogen um die Chance mich auf einen anderen einzulassen. Ich werde darum gebracht, eine erfüllende Beziehung zu leben. Nicht ein Mal haben wir in all den Monaten gemeinsam übernachtet. Noch nie bin ich neben ihm aufgewacht.

Im Gegenzug habe ich jeden betrogen, der mir seither begegnet ist. Da waren Männer, mit denen ich es wirklich versuchen wollte, in die ich vermeintlich verliebt war. Doch er holt mich immer wieder ein. „Wenn es dir nicht gut tut, dann will ich es nicht mehr“, beschwichtigt er. Erst ziere ich mich, dann treffen wir uns doch wieder. Und immer landen wir im Bett. Das war bisher der Totschlag für meine zarten Beziehungsversuche außerhalb dieser Affäre. Ich kann ihn nicht aufgeben.

Meine Freundin meint, ich sei wie ein besetztes Klo: Einfach nicht frei. Er habe mein Herz okkupiert. Und solange ich nicht den Versuch wage, mich ernsthaft aus dieser Misere herauszuziehen, wird alles andere scheitern.

Ich kann eine Ehebrecherin sein und an die Geheimhaltung habe ich mich gewöhnt. Nur weiß ich nicht, ob und was er für mich empfindet. Und solange werde ich bei der Stange bleiben. Vielleicht geht der Pieper eines Tages auch so laut, dass ich endlich aus meinem Dornröschenschlaf erwache.

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