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ALKOHOL

Allein unter Säufern

TEIL 2

Acht Jahre ging das so. Seine Freunde tranken sich eine Party nach der anderen schön und fragten die Frauen reihenweise direkt ins Gesicht, ob sie vielleicht küssen wollten. Er beobachtete das alles mit klarem Kopf und lachte über ihr Benehmen. "Einmal waren wir in einem Club und ich sah, wie mein Kumpel mit verträumtem Blick vor dem DJ-Pult stand. Als er zurückkam, erzählte er vom Klo – dunkel wäre es da gewesen." Phillip findet die Geschichte heute noch lustig. Sein Freund hatte, ohne es zu bemerken, an die Turntables gepinkelt.

So etwas konnte ihm nicht passieren. Seine Aufgabe bestand darin, die Schnapsleichen später einzusammeln und heil nach Hause zu fahren. "Dafür waren sie alle dankbar." Auf einmal fragte ihn keiner mehr, warum er nur Spezi trank. Die Witze und dummen Sprüche verstummten mit dem Führerschein. Seine Abstinenz war in der Clique plötzlich akzeptiert – weil sie nützlich war. Den Geschmack von Alkohol erfuhr er in dieser Zeit nur, wenn er mit einem betrunkenen Mädchen knutschte. "Da ist mir aufgefallen, wie stark jemand nach Alkohol schmecken kann."

Mit 24 zog er nach Berlin. Eine neue Stadt, neue Freunde, ein neues Leben. Und eine neue Frau. "Die konnte richtig viel Alkohol vertragen. Ich wollte nicht nur daneben sitzen, also trank ich mit." Erst nur ein bisschen, dann immer mehr. Schleichend. Weil das in Berlin so ist. Inzwischen ist Phillip Kampftrinker. Er zieht um acht Uhr abends los und kommt zwölf Stunden später wieder heim. Er ist der letzte auf jeder Party und kennt alle 24 Stunden-Läden der Stadt. Einmal wachte er Mittags auf und hatte sich in der Nacht verletzt. Irgendwo, vielleicht ein Nagel, er konnte sich nicht erinnern.

Wer ist Schuld? Berlin? Die neue Freundin? Die U-Bahn, weil ihn niemand mehr als Fahrer braucht? Warum sich sein Trinkverhalten mit dem neuen Umfeld verändert hat, weiß Phillip nicht. Besoffen sein ist in Berlin selbstverständlich, erzählt er. "Auch wer überdurchschnittlich viel trinkt, ist hier nicht vom sozialen Abstieg bedroht." Sondern nimmt am sozialen Leben teil. Freundschaften werden bei einem Bier besiegelt, ebenso wie berufliche Kontakte. Phillip arbeitet im Musikgeschäft, da sind die Getränke oft auch noch kostenlos.

"Alkohol ist für mich ein kommunikatives Ding" sagt er, jetzt 28 und noch immer mit der Berliner Freundin zusammen. Wenn er anfängt zu trinken, gerät er in Fahrt und kann schwer aufhören. Wie damals mit 15 trinkt er um besoffen zu sein. Wahrnehmungsverschiebung, kein Gleichgewichtssinn, Kontrollverlust, Filmriss. Für Phillip kein Problem. "Ist doch toll, wenn der Körper etwas total verrücktes macht und der Geist ist nicht dabei." Übel habe ihm das bisher noch niemand genommen. "Wenn ich mich nicht an Leute erinnere, oder ein Gespräch vergessen habe, dann sage ich, dass ich betrunken war und sie erzählen die Geschichte einfach noch mal."

"Lass uns nackt tanzen gehen", hat Phillip gesagt, bevor wir in den Rock-Club losgezogen sind.

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