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Schön gedacht

Ein spontanes Gefühl von internationalem Patriotismus

Alles fiebert, alles feiert. Angolaner und Portugiesen freuen sich zusammen. Was denken eigentlich die Nazis dabei?

Eigentlich muss eine Mannschaft, die Weltmeister werden will, jeden schlagen können. Damit es aber nicht bereits in der Vorrunde zu einem Favoritensterben kommt, gibt es im Fußball, wie in vielen anderen Sportarten auch, ein Setzsystem. Dies soll verhindern, dass mehrere starke Mannschaften in einer Vorrundengruppe aufeinander treffen. Die Fifa jedoch ist bei der Zusammenstellung der Lostöpfe nicht nur nach erwartbarem Leistungsvermögen gegangen, sondern wollte unverständlicherweise auch noch möglichst verhindern, dass mehrere Mannschaften eines Kontinents bereits in der Vorrunde aufeinandertreffen. Dies hat dazu geführt, dass eine augenscheinliche klasse Mannschaft wie die Elfenbeinküste in der Setzliste wesentlich schlechter dastand, als beispielsweise die Standfußballer aus Mexiko, deren einziger ernstzunehmender Gegner in der Qualifikation die USA waren. Auch die Schweiz und Polen, die sich in den letzten Jahrzehnten keinerlei internationale Meriten verdienten, konnten mit einer Chance von sieben zu eins davon ausgehen, nur eine wirklich starke Mannschaft in ihrer Gruppe zu haben. Pech hatten - wie immer, möchte man meinen - die Holländer und die Ivorer (das Team der Elfenbeinküste), die beide jeweils eine Gruppe höher hätten gesetzt werden müssen und sich nun gegenseitig rauswerfen dürfen. Mannschaften wie Schweden und die Schweiz hingegen werden die Gruppenphase wohl überstehen.

Eigentlich ist das aber egal, denn spätestens in der K.O.-Phase werden die Dinge wohl wieder zurecht gerückt. Bis dahin heißt es mitfiebern und sich spontan mit den Kleinen solidarisieren. Beim feierfreudigen Volk standen an diesem Wochenende zwei Namen ganz hoch im Kurs: Trinidad & Tobago und Angola. Letztere spielten gestern in Köln gegen Portugal und wenn man die angolanischen Fans, zusammen mit einigen Portugiesen, vor dem Dom feiern sah, umschwirrt von hektischen WDR-Kameras, stieg spontan ein Gefühl von internationalem Patriotismus in einem hoch: Irgendwo auf meinem Heimatplaneten sitzen gerade Leute vor dem Fernseher und lauschen dem Reporter: "Live aus dem Herzen von Köln, wo heute das Gruppenspiel Portugal gegen Angola stattfindet, sehen wir angolanische Fans, die sich mit diesem Tanz rituell auf das Spiel vorbereiten. Alles ist friedlich und die Fans beider Mannschaften feiern zusammen." Dann ein schöner Zoom auf die große Kirche und Cut.

Vor dem Hintergrund der gefeierten Weltsprache Fußball wirkt alles, was sich politisch rechts von der CSU gibt, noch ein bißchen lächerlicher als sonst. Man muss schon mit einiger Dumpfheit geschlagen sein, wenn man im Fußball nicht das einfachste Paradebeispiel dafür erkennt, dass es allen Fans um die gleiche Sache geht, nämlich das Gemeinschaftserlebnis Fußball und natürlich den Sieg der eigenen Mannschaft. Nur die Äusserlichkeiten wie Gesänge, Tänze und Outfits sind unterschiedlich. Wer das nicht erkennt, sieht zwangsläufig auch aufgrund von anderen Äusserlichkeiten wie Religion und Hautfarbe unüberwindbare Unterschiede.

Was denkt Maik (Name augedacht), 21, Skin aus Berlin-Marzahn wohl, wenn es ihn die Tage auf die Berliner Fanmeile verschlägt, womöglich auch noch zu einem Brasilienspiel? Sieht er die vielen verschiedenen Eindrücke und lachenden Gesichter als Bedrohung und fühlt sich noch stärker als Außenseiter, sobald er sich außerhalb des eigenen Mustopfes befindet? Oder ist er fasziniert von der bunten Vielfalt, die er weder aus Marzahn noch vom Campingurlaub an der mecklenburgischen Seenplatte kennt, und möchte mitmachen? Man hofft letzteres.

Genug lamentiert. Die übergroße Mehrheit Deutschlands zeigt sich von Akzeptanz bis Wetter von ihrer besten Seite. "Ach wär doch nur immer WM." Diesen Satz hört man des Öfteren. Leider bleibt nur den Moment zu genießen, man muss ja realistisch sein, aber das mit Freude. Ich tippe, dass Ghana den Italienern einen Punkt abknöpft, dann wird es in der Gruppe richtig spannend. Vielleicht kommen die Fernsehanstalten in einem Akt der Serviceorientierung ja auch zu dem Schluss, dass es, nach seinem sehr guten Auftritt gestern bei RTL, das Beste wäre, wenn Pierre Littbarski anstatt der Plaudertasche Beckmann das Finale kommentiert. Das Turnier würde mithin seinen letzten Schliff erhalten.


 
 



 

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