Apropos Publikum: Das unterschied sich deutlich von jenen berüchtigten Schnauzbärtigen, die
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immer auf der Suche nach eingeschweißten Raritäten
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üblicherweise die Comicbörsen bevölkern. „In Hamburg kann man den Eindruck bekommen, Comics seien eine coole und zeitgemäße Sache“, grinst der Zeichner
Leo Leowald
, der an diesem Wochenende extra aus Köln anreiste.
Und natürlich waren auch Bilder zu sehen. Bilder unterschiedlicher Machart und Qualität, zum Verkauf versammelt unter dem Titel
Knecht Rübezahl Kunstausstellung
. „Das einzige Kriterium für die Aufnahme in den Katalog: ein Holzrahmen um das Bild“, sagt Sascha Hommer. „Es ist durchaus eine Kunstausstellung, aber eben falsch verstanden. Sie wurde kuratiert von Knecht Rübezahl, und der kennt sich mit Kunst nicht aus. Er hat Sachen ausgewählt, das glaubt man gar nicht.“
Die Ironie, mit der Sascha Hommer die Ausstellung kommentiert, hat wenig mit den Bildern selbst zu tun. Sie zeugt vielmehr davon, dass Comiczeichner nicht mehr um Anerkennung als Künstler ringen müssen. Galerien sind für sie oft Orte, an denen man feiert. Im Treppenhaus des Kulturhauses, in dem die Rübezahl-Bilder hingen, wurde das deutlich. „Das Interessante für mich an den Hamburger Comiczeichnern“, sagt Sascha Hommer, „ist, dass sie das Medium Comic mit derselben Selbstverständlichkeit nutzen wie andere Medien. Man kann alles damit machen!“
Das belegt auch die neueste, inzwischen sechste Ausgabe des Comicmagazins
Orang
, die gerade noch rechtzeitig zum Festival erschien. Neben Arbeiten aus der Hamburger Szene sind darin Zeichner aus China, Taiwan, Finnland und den USA vertreten. Das steht dem Band ebenso gut an wie das breite Spektrum von expressiven bis minimalistischen Stilen. „Das nächste Heft wird noch besser“, verspricht Sascha Hommer.
Internationaler werden, das wünschen sich die Organisatoren, sollte das Hamburger Comicfestival sich zur Institution entwickeln. Der Erfolg der ersten Auflage spricht dafür. Auch
Simon Schwartz
, der am Stand der Hochschule für Angewandte Wissenschaften studentische Projekte vorstellte, bestätigt den positiven Eindruck: „Das Spannendste im Comicbereich kommt in Hamburg zusammen. Insofern wäre es logisch, dass es eine – vielleicht etwas feinere – Alternative zum
Erlanger Comicsalon
im Norden gäbe. Hier gibt es wirklich alles: Vom zum tausendsten Mal aufgelegten frankobelgischen Comic bis hin zu den merkwürdigsten Sachen in Kleinstauflage.“
Ob die Fachhochschule nun, da die
Orang
-Zeichner nach und nach ihr Diplom ablegen, weiterhin eine Keimzelle der Comickultur bleiben wird, wagt er allerdings nicht zu prophezeien. Die eine oder andere bemerkenswerte Arbeit jüngerer Studenten war am Stand durchaus zu entdecken, etwa die Bücher von
Marijpol
, die unter anderem die selbst verlegten
Abenteuer vom Händchen, vom Herzchen und von den Äuglein
im Angebot hatte: ein surreales, energiesprühendes Album nach einem Motiv der Brüder Grimm.
Wie wird sie weitergehen, die Erfolgsgeschichte, die Sascha Hommer gerade nicht erzählen will? „Ich kann das heute irgendwie nicht. Aber es war sehr schön. Es ist ein gutes Zeichen, dass so viele Zeichner aus Berlin und anderen Städten da waren. Im Vorfeld hatte ich den Eindruck, das Festival ist ein bisschen überbewertet. Denn für uns selbst war es eher eine improvisierte Sache. Aber nach dem Erfolg dieses Wochenendes kann ich mir schon vorstellen, eine regelmäßige Veranstaltung daraus zu machen.“