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Comicfiguren

Hallo Kind in dir!

Warum lieben wir kleine Monster mit viel zu langen Nasen? Weil sie uns an eine verlorene Welt erinnern. Die Konferenz Pictoplasma 2 hat sie zurückgeholt. Elise Graton war dabei


Arme und Beine? Haben manche gar nicht, andere zu viel davon. So steht es auch um Augen, Haare, Nasen, Zähne. Sie haben spitze, schiefe, grüne, lange, keine. Willkommen in einer Welt, zu der eigentlich nur Kinder Zutritt haben. Das ist die Welt der Phantasiewesen, der Fabeltiere, der Angstmacher und heimlichen Freunde. Die halten hier in Berlin eine Konferenz ab.

Eigentlich wollten Peter Thaler und Lars Denicke eine Veranstaltung wie die Pictoplasma nie machen. 2001 und 2003 haben die beiden Berliner Kulturwissenschaftler zwei Sammelbände mit Comic-Figuren veröffentlicht, so genannten Characters. Die Bücher trugen den Titel Pictoplasma und sollten einen Überblick über die Landschaft des Character Designs liefern; einer Kunstform, die bis dahin nur in der Untergrundszene oder den einschlägigen Kinderkanälen stattfand – also unterschätzt wurde. Aus Pictoplasma ist inzwischen ein Projekt geworden, das von Büchern über Ausstellungen bis hin zu Bühnenshows reicht.

Vorläufiger Höhepunkt des Unternehmens war die erste Pictoplasma-Konferenz, die 2004 stattfand. Aus allen Ecken der Welt waren damals Character-Designer und ihre Fans nach Berlin gekommen. Sie tauschten sich über ihre Arbeit aus und lebten gemeinsam ihre Spielfreude aus. Peter Thaler bezeichnet das Ereignis gerne als "emotionalen Erfolg" – ein Kassenschlager war es nämlich nicht.

Trotzdem wurde der Wunsch nach mehr in diesem Jahr erfüllt. Peter Thaler und Lars Denicke geht es darum, die Welt der Characters möglichst vielen Menschen näher zu bringen. Darum eröffnete die Pictoplasma 2 mit dem "Character Walk": In 27 Galerien, Läden oder Projekträumen zeigten Künstler ihre Kreaturen – Zeichnungen, Animationsfilme, Graffiti und Puppen.

Besuch in der Off-Galerie Miss Hecker . Die Durchfahrt zum Innenhof hat der Berliner Graffiti-Künstler FuckYourCrew gestaltet : Obszön aussehende Kinder, die Unterhosen in den Kniekehlen hängend. Im Torbogen steht eine dunkle, mit einer Pferdemaske kostümierte Gestalt. Dieses Wesen gehört der jungen Hamburger Künstlerin Moki . In der Zwei-Zimmer-Wohnung im Hinterhaus, die zur Galerie umfunktioniert wurde, präsentiert sie ihre Zeichnungen. Rundherum an den Wänden hängen die Stoffköpfe fabelähnlicher Tiere, wie Trophäen einer verrückten Safari.

Moki selbst ist auch da, zusammen mit zwei Freunden im Plüschkostüm, die miteinander schmusen. Mit den Besuchern schmusen sie auch. "Da sieht man, wie stark das Bedürfnis der Menschen nach Berührung und Kuscheln ist", sagt Moki. Sie selbst pflegt eine sehr persönliche Beziehung mit ihren Kreationen: "Manche Figuren habe ich wirklich lieb. Ich würde sie niemals verkaufen. Andere tauchen in meinen Comics auf."

Später im Kino Babylon, beim Best of Pictoplasma Animation Festival 2005 , fällt ein Junge im Publikum auf, weil eine runde, blaue Puppe auf seiner rechten Schulter sitzt. Einer ihrer langen, dünnen Arme hat sich um den Hals des Jungen geschlungen, als ob sich das Wesen an ihm festklammern wolle. Es sieht verwirrend lebendig aus.

Im Ballhaus Ost gastiert die wandernde Puppensammlung Pimp my Doll . Hundertsiebzig handgemachte Puppen, die von mehr als 30 internationalen Künstlern erschaffen wurden und unverkäuflich sind. Hier geht es um die Beziehung zwischen Mensch und Puppe. "Viele der Teile weisen sexuelle Details auf", erklärt Simon von Pébroc, einer der Macher. "So drücken sie den Zwiespalt zwischen kindischer und erwachsener Begierde aus." Andere Figuren haben Narben im Gesicht, zeigen spitze Zähne oder tragen Totenköpfe.

Character Design ist die Kreuzung vieler verschiedener Stile, Medien und Absichten. Dennoch haben die unterschiedlichen Figuren eines gemeinsam: Sie spielen mit unseren tiefsten Ängsten, drücken Sehnsüchte aus und stellen die hysterische Welt, in der wir leben, in Frage. Sie sind Symptome und Medium zugleich. Sie sind ehrlich. Dass Erwachsene sich eigene Puppen und Spielzeuge schaffen, soll keineswegs heißen, sie wollten in ihre Kindheit zurückkehren. Sie verlängern nur diese Phase ihres Lebens.

Weiterlesen im 2. Teil »


 
 



 

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