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Online-Aktivismus

"Think Tools For Revolution"

Hippie-Hacker unter freiem Himmel basteln am Quellcode der Revolution. Absurd? Nein: Alltag in einer katalanischen Wagenburg.

Moderne Notebooks auf nepalesischen Ethnodecken - ein kurioser Kontrast. Doch in der Wagenburg "La Makabra" am Rande des Stadtzentrums von Barcelona versammelt sich zwischen Wohnwägen, Hunden und siffigen Sofas auch eine Gruppe junger Menschen mit tragbaren Computern.

Auf dem besetzten Areal in Barcelonas Stadtviertel "Poble Nou" haben sich etwa hundert Menschen gegen das Fehlen von erschwinglichem Wohnraum und kreativen Räumen zusammengeschlossen. Während in einer Ecke bei Joints und Tee über die Auswirkungen der Globalisierung und die Diskriminierung von Migranten diskutiert und ein Protestmarsch durch die Stadt geplant wird, arbeiten ein paar Meter weiter die Cyber-Krieger mit ihren Rechnern an der Weiterentwicklung und Verbreitung von Open-Source-Programmen.

Jaume Nualart und seine Mitstreiter, Initiatoren des katalanischen Computeraktivistenforums riereta.net , wollen mit ihrer Arbeit virtuelle Werkzeuge verfügbar machen, um soziale Bewegungen zu unterstützen. Der Einsatz von Hausbesetzern gegen Mieten, Globalisierung, Kommerz und Medienmanipulation findet längst nicht mehr nur mit den Mitteln des Straßenkampfes statt.

In Barcelona sind mit dem Tourismus-Boom und Projekten wie dem "Forum 2004" die Preise für Immobilien in die Höhe geschossen. Ähnlich wie im Berlin der neunziger Jahre verwandeln sich ehemals industrielle Komplexe, die von Künstlern und Kreativen für wenig Geld als Atelier- oder Ausstellungsräume genutzt wurden, in Firmenzentren und Loftwohnungen. Auch die "Makabra" ist bedroht. Als "gefährliches Monster" wird die Immobilienspekulation unter den "okupis", den Hausbesetzern, bezeichnet. Die Aktivitäten, mit denen sie sich zur Wehr zu setzen, werden von "Copyleft" und einer von Barcelona aus gemachten Indymedia-Site begleitet.

Für die Computeraktivisten ist es eine Selbstverständlichkeit, sich im Cyberspace gegen Eigentumsrechte und ihre Vermarktung einzusetzen. Inhalte und Softwarequellcodes sollen frei verfügbar sein, unbeschränkter Zugang überallhin soll gleichermaßen in der realen wie in der virtuellen Welt für jedermann möglich sein.

Außer der Hippie-Atmosphäre der "Makabra" hat die Free-Software-Community seit 2002 eine kleine, dunkle Tech-Werkstatt im Altstadtviertel "Raval" zu ihrem wichtigsten Treffpunkt außerhalb des Cyberspace gemacht. Das "local riereta" ist je nach Perspektive Arbeitsraum, Projektraum, Versammlungsort und Teestube. "Think tools for revolution" ist das gemeinsame Motto. In dem gemütlichen, abgerockten Erdgeschoss wimmelt es von Kabeln, Rechnern, Linux-Manuals und anderen Handbüchern alternativer Computernutzung.

Jaume und die anderen Frickler arbeiten hier an einer katalanischen TikiWiki -Version, die es auch dem hiesigen Normalverbraucher leicht machen soll, eigene Inhalte im Internet zu verbreiten. Der Audio-Video-Multikanal _r23.cc steht jedermann als Onlineradio und -fernsehen offen. Zweimal in der Woche gibt es Workshops, bei denen technische Grundprinzipien an Neuinteressierte vermittelt werden oder in das Lieblingsprogramm der hiesigen Szene eingeführt wird: mit der Programmiersprache "pure data" (spanisch ausgesprochen "puree data" bedeutet das soviel wie Datenpüree) wird audiovisuelle Kunst gemacht.

Auch Menschen, die bei "MIDI" oder "TikiWiki" nur Spanisch verstehen, sind hier willkommen. Nuria erteilt in der Cyber-Teestube jeden Montagabend kostenlosen Catalán-Unterricht. Hier kann auch teilnehmen, wer noch nie eine Maus bewegt hat. Auch Nuria ist kein Informatik-Freak, doch ihr Engagement für die katalanische Sache geht wie selbstverständlich eine Allianz mit den Anliegen der Computeraktivisten ein. Katalanischer Nationalismus ist in der linken Szene Barcelonas fast eine Selbstverständlichkeit. Und die Frickler von "riereta" wollen eine Infrastruktur anbieten, in der sich kollektive Ideen und Projekte auch außerhalb des Cyberspace entwickeln können. Trotzdem, sagt Nuria, habe sie vor, "sich demnächst mal mit pure data zu befassen".

Auch schön:

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