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Tagebuch

Ich, Studentin, Kriegsflüchtling

TEIL 2

Mittags beschießt die israelische Luftwaffe den Hafen, der ist nicht weit weg. Die Deutsche Botschaft unternimmt immer noch nichts, ganz im Gegensatz zu anderen Staaten, wie ich von meinen Kommilitonen erfahre. Kann es sein, dass sich niemand um uns kümmert? Erst spät am Nachmittag ruft die Botschaft an, es fahre morgen früh ein Bus nach Syrien. 50 Deutsche würden mitgenommen, wir sollten schnell ein Fax schicken. Doch das Faxgerät der Botschaft ist überlastet, unsere Nachricht kommt nicht durch.

Wir sind mit den Nerven am Ende, schrecken bei jeder Explosion hoch, weinen ständig. Eine junge Libanesin, die im Bürgerkrieg ihre Eltern verloren hat, lässt ihre Wut über die Hisbollah raus: „Die haben das provoziert“, ruft sie. „Wieso können sie nicht zulassen, dass wir und auch die Israelis in Frieden leben?“

Sonntag, 16.07.2006

Ein Freund holt mich ab und bringt mich zur Schweizer Botschaft. Ein ganzer Haufen Schweizer, Deutsche und Österreicher wartet schon dort. Als wir endlich auf die Liste gesetzt werden und in den Bus einsteigen dürfen, sind wir einfach nur erleichtert. 50 Dollar müssen wir zahlen für ein altersschwaches Gefährt, das mit uns den österreichischen Bussen folgen soll. Die verschwinden allerdings schnell aus unserem Blickfeld.

An der syrischen Grenze müssen wir aussteigen. Stundenlang stehen wir herum, bis wir Pässe und Visa zurückbekommen. Die Österreicher sind längst weg, und als auch noch der türkische Bus an uns vorbeifährt, drücken einige aus, was viele denken: „Offensichtlich schafft das jede Nation besser als wir!“

Jetzt verlangen die syrischen Busfahrer plötzlich 50 Dollar für die Weiterfahrt. Manche von uns können nicht zahlen, wir helfen einander aus. Ich bin froh, dass auch libanesisches Geld akzeptiert wird. Wer nicht zahlen kann, wird an der Grenze zurückgelassen.

In der Türkei angekommen, schlagen wir uns zum nächsten Flughafen durch und bekommen tatsächlich einen Flug nach Berlin. Ich lese noch eine E-Mail meiner Freundin aus Beirut. Sie schreibt, dass die Lage sich weiter verschlechtert hat und sie nicht weiß, wie sie überleben soll. Ich kann mich gar nicht freuen, nach Deutschland zurückzukehren. Als ich meinen Freund wiedersehe, falle ich ihm in die Arme und weine.

Dienstag, 18.07.2006

Seit ein paar Tagen bin ich wieder zu Hause und fühle mich doch fern. Auf meine Prüfungen kann ich mich nicht konzentrieren, immerzu muss ich meine Geschichte erzählen. Ich verfolge die Nachrichten und lese, dass eine Bombe in meinem Viertel eingeschlagen ist, von dem immer alle sagten, das es sicher sei. Niemand ist irgendwo mehr sicher.

Weiterlesen:

Bericht aus Beirut – Libanesische Blogger über ein Land unter Beschuss

Auf beiden Seiten – Schwerpunkt zum Krieg im Libanon

Nach Hause – Zuender. Das Netzmagazin


 
 



 

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