Vom Gedanken her ja. Obwohl, hässlich? Ich bin in
Eisenhüttenstadt
groß geworden. Ich gehe mit dem Wort "hässlich" vorsichtig um.
Man denkt beim Thema "800 Jahre Dresden" auf jeden Fall nicht gleich an Plattenbau.
Richtig, man denkt eben an die Semperoper. Wir aber denken an eine Wohnform, die die Menschen, die Dresden bevölkern, auch tatsächlich bewohnen. Die wohnen ja nicht in der Semperoper. Das ist der Ansatz: Es gibt hier Häuser, mit denen man sich auseinandersetzen muss und die gleichzeitig die perfekte Kulisse für den Panzerkreuzer Potemkin liefern.
Inwiefern ist es die perfekte Kulisse?
Aus verschiedenen Gründen. Der Film ist ein
Werk des russischen Konstruktivismus
, mit strengen Formen. Das passt perfekt auf den Hintergrund. Inhaltlich lassen sich die beiden Revolutionen – 1989 auf der Prager Straße, 1905 in Eisensteins Film – sehr schön verbinden. Und die Pet Shop Boys passen auch gut in dieses soziale Umfeld, da sie schon immer Musik gemacht haben, die nicht für das Bildungsbürgertum gedacht war.
Wie schwierig ist es eigentlich, die Pet Shop Boys und die Dresdner Sinfoniker in einen Terminplan zu stecken?
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Sehr. Wir arbeiten schon zwei Jahre an dem Projekt. Da war dann eben zufällig mal ein Tag frei.
Und wie groß war die Gefahr, dass das Projekt an der Mitarbeit der Bewohner des Wohnblocks scheitert?
Die Gefahr war groß und sie war uns von Anfang an klar. Wir wussten, wir müssen in die Wohnungen der Bürger, wir müssen da eine gewisse Lautstärke produzieren, über einige Balkone wird eine Leinwand gespannt, die drei Tage hängt, es wird also mitten im Sommer stockdunkel in diesen Wohnungen und vielleicht auch sehr warm. Aber diese Bedenken wurden sofort zerstreut, als wir die Leute besucht haben. Die finden es fantastisch, dass zur 800-Jahr-Feier auch mit ihnen umgegangen wird. Sonst sind solche Feiern ja sehr elitär. Da kommt ein Opernsäger wie der Herr Plácido Domingo, die Karte kostet 100 Euro und es wird mit Kunstschätzen kokettiert.
Und die Angst, dass etwas schief geht?
Diese Angst lasse ich gar nicht erst aufkommen. Das ist viel zu groß, als dass man es mit Gedanken besiegen könnte. Die Gefahren sind da, das ist klar. Aber man macht die Augen zu und läuft einfach über das Seil. Das ist ja bekanntlich das Erfolgsrezept aller Seiltänzer.
Das Projekt wurde bereits in London, Newcastle und letztes Jahr in einigen deutschen Städten aufgeführt. Ist Dresden der Abschluss?
Das Projekt wird ein sehr langes Leben haben. Es gibt historische Orte, die wir sehr gerne bespielen würden. Mir fällt spontan der Platz des Himmlischen Friedens ein. Oder eben die
Stufen von Odessa
, die im Film eine Rolle spielen. Es gibt viele Orte, an denen Menschen es geschafft haben, sich von etwas zu befreien oder an denen ihnen großes Unrecht angetan wurde. Das spricht dafür, das Projekt auch weiterzuführen. Nach Dresden ist der nächste Termin aber erstmal in Madrid, am 27. Juli.