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Interview

„Erschießt Euch nicht“

TempEau sind Jan Plewka (35), Stephan „Stoppel“ Eggert (37) und Marek Harloff (35). Jan und Stoppel waren Teil von Selig, einer der wichtigsten deutschen Bands der 90er. Marek spielte an der Seite von Götz George in der „Der Schattenmann“ und wurde in den Medien als einer der „versiertesten Jungschauspieler der Republik“ gefeiert. Zusammen gründeten sie für ein Filmprojekt die fiktive Band TempEau. In der Realität haben sie jetzt ihr zweites Album vorgelegt. Jan Plewka plädiert im Zuender für Retro-Mode und das Anders-Sein

Warum TempEau schon mit neun Jahren Rockstars waren

Marek und ich kommen beide aus Ahrensburg. Als wir neun Jahre alt waren, haben wir die Band „Matsch“ gegründet. Seit dem sind wir Rockstars. (lacht) Zuerst haben wir mit Pappinstrumenten angefangen und in der Pause Liebeslieder gesungen. Die anderen haben geklatscht und dann war klar, dass wir das unser Leben lang machen wollen: Wir möchten Anerkennung durch Applaus. Später haben wir uns Stromgitarren gekauft sind auf größere Bühnen gegangen. Sogar mit Liedern über Junkies und Polizisten. Da waren wir zwölf. Meine Eltern sind durchgedreht, weil wir in unseren Liedern über „Bullen“ gesungen haben. Unsere Texte waren sehr sozialkritisch. Ein Lied hieß „Kalle“. Es ging um einen Junkie, der wegen Dealerei in den Knast musste. Aber er schaffte es auszubrechen und verprügelte einen Polizisten. Die letzte Zeile ging so: ...und so kam er zu dem Schluss und gab sich den golden Schuss.

Später ging Marek auf das Gymnasium, ich kam auf die Realschule. Dort hatten die Popper das Monopol, deswegen wurde ich auch einer und fing an Seitenscheitel zu tragen. Ich wollte der Coolste sein und das ging auf der Realschule nicht ohne diese Frisur. Marek wurde auf dem Gymnasium zum Öko. Diese ideologischen Differenzen bedeuteten 1982 dann das Ende für „Matsch“. (lacht)

Warum Retro okay ist

Alle schimpfen über die Retrowelle und den fehlenden Inhalt, aber mich stört das alles nicht. Mir gefällt diese Mode mit Jacketts, Krawatten und engen Hosen, außerdem freue ich mich über handgemachte Gitarrenmusik. Franz Ferdinand oder The Strokes klingen ähnlich wie meine alten Heroen. Deswegen ist das gerade eine super Zeit für mich. (lacht) Natürlich wird das wie jede Mode wieder vorbei gehen. Aber für mich ist Retro okay.

Warum man sich in Berlin nicht erschießen braucht

Als Berlin noch eine Insel mitten im Nichts war, zog es dort jeden hin, der irgendwie anders war. Für die NDW war es einer der wichtigsten Impulsgeber, die ersten Punks gab es in der Stadt und wer nicht zur Bundeswehr wollte, ging nach Berlin. Es war die Stadt der Freaks, der Verrückten und der Avantgarde.

Ich war damals noch zu jung um dabei zu sein und kam nur zusammen mit meinen Eltern in die Stadt. Wir fuhren nach Berlin rein, am Ku’damm entlang, vorbei an dem großen Mercedesstern, der dort auf einem Hochhaus thronte. Dieses Bild verbinde ich mit dem Berlin von damals. Für mich war diese Stadt immer merkwürdig. Als sie dann zur Hauptstadt wurde und sie den Potsdamer Platz aus dem Boden stampften, hatte ich Angst, dass Berlin aufhört anders zu sein. Aber die Kinder aus den Vorstädten, die mit der Realität der Anderen nicht klar kommen, weil sie lieber etwas Kreatives machen wollen, zieht es immer noch nach Berlin. Genau um diese Menschen geht es in unserem Song „Du bist verrückt mein Kind“. Marek singt das Lied mit Wut und wir meinen damit keinen eingebildet-ausgebildeten Architekten, der auf seiner Vespa sitzt, quadratische Schuhe trägt und durch Mitte rollt. Wir wollen die jungen Menschen ansprechen, denen es in der Kleinstadt zu eng wird. Erschießt Euch nicht sondern geht nach Berlin. Da ist Platz für Euch.

Warum es knallt, wenn man nicht aufpasst

Ich habe einen Zeitungsartikel über ein Mädchen aus Ostdeutschland gelesen. Daraufhin ist das Lied „Mädchen aus Greifswald“ entstanden. In dem Bericht wurde beschrieben, wie das Mädchen seine Flugblätter sortiert, auf denen steht, dass Auschwitz eine Lüge war und dass sie außerdem bei der Organisation von NPD-Kinderfesten mithilft. Auf ihren Fäusten ist „Hass“ und „Skin“ eintätowiert. Sie sagt, dass das aus einer Zeit stammt, in der sie noch nicht politisch gefestigt war. Heute sieht sie aus wie ein ganz normales Mädchen. Vor den Schulen Greifswalds steht sie mit ihren Flugblätter und verschenkt CDs auf denen Lieder von „Ton Steine Scherben“ und „Wir sind Helden“ drauf sind.

Fahrt mal nach Greifswald und schaut Euch um: Fernab von der Innenstadt liegen die Neubaugebiete Schönewalde I und Schönewalde II. Dort stehen nur Betonklötze. In solchen Strukturen wird man klein gehalten. Da gibt es nichts. In Frankreich haben sie in den 60er und 70er Jahren auch Sozialwohnungen hochgezogen und alles, was sie nicht in der Stadt haben wollten an den Rand verbannt. Das Ergebnis dieser Politik haben wir ja vor ein paar Monaten gesehen. In den Banlieus hat es gekracht. Hier sind viele sauer und denen ist egal, auf wen. Ich kann das verstehen: Du wirst unterdrückt, Dir ist langweilig, keiner hört Dir zu, aber Dir fehlt der Grips oder die Möglichkeit um etwas dagegen zu tun. Die Alten in Greifswald sagen, lasst die Nazis hier mal schön machen, dann kommt wieder alles in Ordnung.

Wenn wir nicht aufpassen, kann es hier genauso knallen.

Das neue Album von TempEau heißt „Kein Weg zurück“ und erscheint am 5. Mai.


 
 



 

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